Der Krieg der Ketzer - 2
die Winde erzeugen dann genau die Bedingungen, die wir im letzten Fünftag erleben mussten, als wir versuchten, diese Meerenge zu passieren. Ich denke daher, dass uns kaum eine andere Wahl bleibt, als über die relativen Vorzüge nachzudenken, die uns die Meerenge des Jüngsten Gerichts bietet.«
Es musste Malikai hoch angerechnet werden, dass niemand hörte, wie er mit den Zähnen knirschte. Andererseits gab es auch niemanden – den Herzog eingeschlossen –, der irgendwelche realistischen Argumente gegen das hätte vorbringen können, was Thirsk gerade ausgesprochen hatte. Und hätte man einen solchen Versuch unternommen, wäre die Tatsache, dass sie bereits vier Galeeren und eines der Versorgungsschiffe ihrer Flotte verloren hatten, ein schlagendes Gegenargument gewesen. Und dass sie gezwungen gewesen waren, vor dem Wind zu segeln, bis sie weit südwestlich vor Samson’s Land lagen, war ein weiteres.
»Euer Durchlaucht«, ergriff nun Commodore Erayk Rahlstyn das Wort, »ich bin der Ansicht, dass der Graf hier einen durchaus wichtigen Punkt angesprochen hat. Und ich möchte auch darauf hinweisen, wenn Ihr gestattet, dass von uns erwartet wird, mit der tarotisianischen Flotte vor Demon Head zusammenzutreffen. Wenn wir der ursprünglichen Route folgen, werden wir gezwungen sein, das Meer der Gerechtigkeit zu durchqueren, mehr als zweitausend Meilen weit, geradewegs in die dort üblichen Winde hinein. Wenn wir zunächst einmal die Strecke zurücklegen, die wir in diesem Sturm verloren haben, kommen wir auf eine Reise von etwa fünftausendzweihundert Meilen.
Andererseits nähern wir uns schon fast der Meerenge des Jüngsten Gerichts. Wenn wir diesen Kurs halten, wird uns Samson’s Land vor dem schlimmsten Wetter schützen, das vom Meer der Gerechtigkeit aufziehen mag. Und sobald wir die Meerenge erst einmal passiert haben, können wir uns dicht an der Küste des Armageddon-Riffs halten, sodass wir auch weiterhin zumindest ein wenig geschützt wären. Und schließlich ist es von unserer derzeitigen Position aus durch die Meerenge bis zum Demon Head weniger als dreitausendachthundert Meilen.«
Malikai nickte ernsthaft, als hätte Thirsk ihm genau diese Informationen nicht schon mindestens zwei Dutzend Male in Privatgesprächen vorgelegt. Doch diese Gespräche hatten stattgefunden, bevor er sich so stur an diese Befehle gehalten hatte, die ihm von einer Landratte erteilt worden waren – die einfach nur eine gerade Linie über die Karte gezogen hatte, ohne über Dinge wie Wind, Wetter oder Meeresströmungen nachzudenken! –, und das hatte dazu geführt, dass Malikai fünf Schiffe verloren hatte, mindestens ein weiteres Dutzend war beschädigt, und insgesamt hatten mehr als viertausend Seeleute ihr Leben verloren.
»Sie und Graf Thirsk haben hier beide durchaus triftige Argumente angeführt, Commodore«, sagte der Herzog nach einer hinreichend langen Pause, um zumindest den Eindruck zu erwecken, er habe über diese Argumente weidlich nachgedacht. »Und auch wenn man niemals einen königlichen Befehl leichthin ignorieren sollte, ist es doch in Wahrheit die Pflicht eines jeden Soldaten, seine Weisungen zu bestimmten Zeiten … konstruktiv auszulegen, um das Ziel der ursprünglich erteilten Befehle zu erreichen, so sehr die Umstände es auch erforderlich machen, das eben in veränderter Art und Weise anzugehen. Und wie Sie und der Graf bereits angemerkt haben, ist das hier eine dieser ›Zeiten‹.«
Er blickte sich am Konferenztisch um und nickte entschlossen, als sei das alles von Anfang an seine Idee gewesen.
»Meine Herren«, verkündete er dann mit fester, befehlender Stimme, »die Flotte wird das Ziel durch die Meerenge des Jüngsten Gerichts ansteuern.«
.III.
Eraystor Bay, Emerald
Aus dem Fenster seines Palastes blickte Prinz Nahrmahn auf den überfüllten Hafen hinab und versuchte, sich selbst darüber klar zu werden, was er im Augenblick eigentlich empfand.
Einerseits hatte er niemals erwartet, jemals so viele Kriegsschiffe in der Eraystor Bay zu sehen – und gewiss nicht mit dem vorgegebenen Ziel, ihm dabei behilflich zu sein, genau das Königreich zu erobern, das schon seit so langer Zeit eine Bedrohung für sein eigenes Fürstentum darstellte. Andererseits würde alleine schon die Versorgung der ganzen Mannschaften mit Nahrungsmitteln einen wahren logistischen Albtraum ergeben, und dann blieb da immer noch die interessante Frage, was der Kommandant dieser Flotte zu tun beabsichtigte, sobald Charis
Weitere Kostenlose Bücher