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Der Krieg der Ketzer - 2

Der Krieg der Ketzer - 2

Titel: Der Krieg der Ketzer - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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schweigsame Colonel der Tempelgarde, der ihn am Pier schon erwartete, als seine Galeere im Schneegestöber und durch eine dünne, knackende Eisschicht hindurch in den Hafen von Port Harbour einfuhr, hatte ihm nicht gesagt, warum der Erzbischof ihn unmittelbar nach Zion zu begleiten hatte. Stattdessen hatte er ihm nur wortlos eine Nachricht überreicht, die Dynnys – schlicht, sachlich und auf den Punkt gebracht – aufforderte, umgehend vor einem Komitee des Rates der Vikare zu erscheinen – zu einer ›Befragung‹. Das war alles.
    Der Colonel stand immer noch neben ihm … und er hatte immer noch nichts erklärt.
    Gemeinsam gingen sie an den Gardisten vorbei, die reglos wie Statuen vor der Flügeltür zum Besprechungssaal des Hohen Rates standen, und der Erzbischof musste laut schlucken, als er die vier Vikare erkannte, aus denen sich das ›Komitee‹ zusammensetzte, das ihn dort erwartete.
    Den Überlieferungen zufolge hatte sich dereinst der Erzengel Langhorne persönlich mit seinen Engeln und Erzengeln in diesem Saal beraten, und er war zweifellos geräumig genug, um tatsächlich dafür genutzt worden zu sein. Zwei der Wände waren mit prächtigen Mosaiken und Wandteppichen geschmückt. Entlang einer der verbliebenen Wände hingen Portraits der Großvikare von einst, und in die gegenüberliegende Wand war eine wunderschöne, äußerst detailreiche Karte der Welt eingelassen, so hoch wie vier Männer übereinander. Der gesamte Rat der Vikare hätte ohne Schwierigkeiten in dieser gewaltigen Halle Platz finden können, zusammen mit ihrem gesamten engeren Stab, und die vier Männer, die Dynnys hier erwarteten, wirkten geradezu widernatürlich klein, fast verloren.
    Sie hatten nicht an dem Tisch auf dem Podest Platz genommen, das bei förmlichen Anlässen üblicherweise dem Großvikar und den ranghöchsten Mitgliedern des Rates vorbehalten war – auch wenn jeder dieser vier hier jederzeit einen Platz dort hätte einfordern können. Stattdessen saßen sie hinter einem kleineren, deutlich weniger prunkvollen Tisch, der augenscheinlich eigens für diesen Anlass in den Ratssaal gebracht worden war; er stand inmitten der freien Fläche zwischen den zahllosen, reich verzierten Tischen, die hier in Form eines Hufeisens aufgestellt waren, und an denen üblicherweise die Mitglieder des Rates gesessen hätten − wären sie denn anwesend gewesen. Doch ganz alleine war Erayk mit diesen vier Männer auch nicht: Schweigend standen hinter dem Stuhl des Großinquisitors zwei Oberpriester im Habit des Schueler-Ordens.
    Als tröstlich empfand Erayk Dynnys diesen Anblick nicht.
    Der Colonel führte ihn auf dem langen, karmesinroten Teppich bis zu dem Tisch, dann blieb er stehen und verneigte sich tief.
    »Euer Exzellenz«, sagte er und richtete das Wort dabei an Allayn Magwair, der schließlich der Oberkommandierende der Tempelgarde war. »Erzbischof Erayk.«
    »Ich danke Ihnen, Colonel. Sie dürfen gehen«, erwiderte Magwair und streckte ihm die Hand mit dem bischöflichen Ring entgegen. Erneut verneigte sich der Colonel, küsste den Saphir, dann zog er sich ohne ein weiteres Wort zurück, sodass Dynnys nun alleine vor den vier mächtigsten, einflussreichsten Männern der gesamten Kirche stand.
    »Wie darf ich dem Rat zu Diensten sein, Vikar Zahmsyn?«, fragte er. Mit Befriedigung stellte er fest, dass seine Stimme nicht zitterte, doch eine Antwort erhielt er nicht. Die vier Männer blickten ihn nur wortlos an, ihre Augen wirkten kalt und nachdenklich, und Erayk spürte, dass ihm der Schweiß auf die Stirn trat – die glücklicherweise von der priesterlichen Kopfbedeckung verdeckt wurde.
    Sie ließen ihn entschieden zu lange dort stehen. Sein Magen krampfte sich zusammen, schien sich vor Anspannung in einen Knoten zu verwandeln, und sie ließen ihn immer noch dort stehen.
    Dann, schließlich, tippte Zhaspyr Clyntahn auf einen Umschlag, der vor ihm auf dem Tisch lag.
    »Das hier, Erzbischof Erayk«, sagte er leise, und seine Augen glitzerten bedrohlich, »sind Abschriften der Depeschen, die Sie und Bischof-Vollstrecker Zherald per Kurier und Semaphoren aus Tellesberg geschickt haben. Wir haben sie mit beträchtlichem Interesse gelesen. Vor allem, da sie in deutlichem Widerspruch zu anderen Berichten stehen, die wir aus dieser Stadt erhalten haben.«
    Er hielt inne und wartete, und Dynnys schluckte so unauffällig, wie ihm das nur möglich war.
    »Darf ich fragen, welche anderen Berichte Ihr erhalten habt, Euer Exzellenz?«,

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