Der Krieg der Ketzer - 2
fragte er dann.
»Nein, das dürfen Sie nicht«, gab Clyntahn kühl zurück. »Die Inquisition hat ihre eigenen Quellen, wie Sie sehr wohl wissen. Diese Quellen dürfen nicht angezweifelt werden.«
Einen Augenblick lang war Dynnys, als bliebe ihm das Herz stehen. Dann holte er tief Luft.
»Unter diesen Umständen, Euer Exzellenz«, sagte er mit so fester Stimme, dass er selbst fast erschrocken war, »darf ich vielleicht fragen, in welchem Punkt meine Depeschen … im Widerspruch zu besagten anderen Berichten stehen?«
»Es gibt sogar mehrere Punkte«, gab Clyntahn mit der gleichen kalten, präzisen Stimme zurück. »Wir merken beispielsweise an, dass Sie es Ihrem Intendanten gestattet haben, in geradezu skandalöser Art und Weise nachlässig bei seiner sogenannten Neueinschätzung möglicher Verstöße gegen die Ächtungen vorzugehen. Wir merken an, dass Sie es verabsäumt haben, ihn dafür zu rügen, gestattet zu haben, dass ein örtlicher – und, so möchte ich hinzufügen, angesichts seiner eigenen Predigten äußerst suspekter – Geistlicher während der Vernehmung des Königs von Charis anwesend war, sodass er diese Vernehmung möglicherweise beeinflussen oder beeinträchtigen konnte. Wir merken ferner an, dass Sie es verabsäumt haben, den Bischof von Tellesberg für das Vergehen zu disziplinieren, Häresie zu predigen – von der Kanzel seiner eigenen Kathedrale! Und wir merken an, dass Sie aus unerfindlichen Gründen all diese anderen … unbedeutenderen Schwierigkeiten in Ihren an den Tempel gerichteten Depeschen zu erwähnen vergessen haben, obwohl Sie vor Ihrer Abreise ausdrücklich auf genau diese Dinge aufmerksam gemacht worden waren, und das durch niemand anderen als Vikar Zhamsyn.«
Wieder versuchte Dynnys zu schlucken. Dieses Mal war sein Mund dafür zu trocken.
»Das sind schwerwiegende Anschuldigungen, Erzbischof«, ergriff nun Trynair das Wort. Seine Stimme war nur unwesentlich weniger kalt als Clyntahns. »Sollten sie vor einem Gerichtshof der Inquisition als berechtigt anerkannt werden, wird die entsprechende Strafe sehr hart ausfallen.«
»Euer Exzellenz«, erwiderte Dynnys heiser, »es war nicht meine Absicht, Euch oder den Rat in die Irre zu führen, oder auch die Inquisition. Die Überzeugung, zu der ich dort in Tellesberg gekommen bin, war tatsächlich, dass Pater Paityr das Urteil, zu dem er ursprünglich gekommen war, sehr wohl und reiflich überdacht hat. Und auch wenn Bischof Maikel in einer oder zwei seiner Predigten seine Worte unglücklich gewählt haben mag, bin ich doch, wenn ich die Texte besagter Predigten lese, so wie ich sie verstehe, nicht der Ansicht, dass sie der Häresie auch nur nahekommen. Ich versichere Euch, wäre dem so gewesen, so hätte ich ihn augenblicklich seines Bischofssitzes enthoben.«
»Es war sehr wohl Ihre Absicht, uns in die Irre zu führen.« Nun war Clyntahns Stimme nicht mehr kalt; sie war rau und beißend. »Es bleibt nur noch herauszufinden, ob dies nichts anderes war als der Versuch, Ihren eigenen, unfähigen Arsch zu retten, oder ob das alles noch viel tiefer geht. In beiden Fällen, Erzbischof, haben Sie Mutter Kirche angelogen, und Sie werden die Konsequenzen Ihres Handels zu tragen haben.«
Unfähig zu sprechen, blickte Dynnys den Großinquisitor nur an. Dann wirbelte sein Kopf zu Trynair herum, als erneut der Kanzler das Wort ergriff.
»Sie werden die Konsequenzen tragen«, sagte er mit einer Stimme, die wie eine Verkörperung des Verderbens schlechthin klang, »doch die Konsequenzen für Charis werden ähnlich schwerwiegend sein.«
Dynnys riss die Augen auf.
»Innerhalb eines Monats – im höchsten Falle zwei …«, begann Magwair mit rauer Stimme zu erklären, »… wird das Königreich Charis zerstört werden. Dieses Geschwür der Häresie und der Aufsässigkeit wird mit Feuer und Schwert ausgemerzt werden, und die Erzdiözese, die einst Ihnen unterstand, wird ein für alle Mal von sämtlichen dieser gefährlichen, ketzerischen Elemente befreit werden, deren Aufstieg und deren Gedeihen Sie zugelassen haben.«
»Euer Exzellenz …« Irgendwie hatte Dynnys die Stimme doch wiedergefunden, »ich flehe Euch an! Ich mag in meiner Verantwortung dem Tempel gegenüber versagt haben. Dies war niemals meine Absicht, aber es mag sehr wohl sein, dass ich dennoch versagt habe. Aber ich schwöre Euch, bei meiner eigenen unsterblichen Seele und meiner Hoffnung, das Himmelreich zu erlangen, dass nichts, was ich in Charis gesehen habe, eine
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