Der Krieg der Ketzer - 2
derartige Strafe verdient hätte!«
Seine Worte hingen in der Luft, und für ihn waren sie fast ebenso überraschend wie für die Vikare, die nach wie vor reglos vor ihm saßen. Doch die Männer hinter dem Tisch starrten ihn nur an, ihre Blicke ausdruckslos, ihre Mienen unerbittlich. Dann drehte sich Clyntahn ein wenig zur Seite und blickte über die Schulter hinweg zu den beiden Oberpriestern des Schueler-Ordens.
»Begleitet Erzbischof Erayk zu der Suite, die für ihn vorbereitet wurde«, sagte er nur mit eiskalter Stimme.
.V.
Vor dem Triton-Kap, die Charis-See
Haarahld VII. blickte von der Korrespondenz auf, die auf seinem Schreibtisch lag, als der Wachposten der Marines vor seiner Kabinentür lautstark den Schaft seiner Kurzpike auf das Deck rammte.
»Midshipman der Wache, Sir!«, verkündete er noch lauter.
»Herein«, erwiderte der König, und ein äußerst junger Midshipman trat, nur ein wenig schüchtern, durch die Tür, die Kopfbedeckung unter den Arm geklemmt; dann nahm er Haltung an.
»Captain Tryvythyn entbietet Euch Grüße, Euer Majestät«, platzte der Bursche fast heraus, »aber die Flink meldet, dass der Feind sich nähert!«
»Ich danke Ihnen, Master Aplyn«, erwiderte Haarahld ernsthaft.
Mit seinen elf Jahren war Master Midshipman Aplyn der jüngste aller Midshipmen an Bord der HMS Royal Charis. Das war an Bord eines jeden Schiffes der Navy eine schwere Bürde, und in Aplyns Fall wurde es durch den Vornamen dieses Jungen noch zusätzlich erschwert: Hektor. Haarahld war sich recht sicher, dass der Junge, seit er an Bord gekommen war, gnadenlos damit aufgezogen wurde, dennoch hielt er sich erstaunlich gut. Zudem ging er in bemerkenswert ernsthafter Weise all seinen Pflichten nach, und der König vermutete, dass Captain Gwylym Tryvythyn ihn ›zur Belohnung‹ ausgeschickt hatte, diese Meldung an seine Majestät weiterzuleiten.
»Ahm, war das die ganze Nachricht des Captains, Master Aplyn?«, fragte Haarahld nach einer kurzen Pause, und dem Jungen schoss das Blut ins Gesicht.
»Nein, Euer Majestät«, gestand er und wurde noch röter. »Der Captain lässt fragen, ob Ihr Euch zu ihm an Deck gesellen wollt?«
»Ich verstehe.«
Aplyn wirkte jetzt ganz so, als würde er es vorziehen, an Ort und Stelle im Boden zu versinken, und es fiel dem König ernstlich schwer, nicht lauthals aufzulachen und auf diese Weise den Jungen völlig zu zerstören. Doch irgendwie – indem er sich an Jahrzehnte der Erfahrung mit fremden Diplomaten und Botschaftern zurückerinnerte, brachte er es doch fertig.
»Also gut, Master Aplyn. Meine Empfehlung an Captain Tryvythyn, ich werde mich in Kürze zu ihm an Deck begeben.«
»Jawohl, Sir … ich meine, Euer Majestät!«, brachte Aplyn hervor. Er wirbelte herum, als wolle er aus der Kabine flüchten, doch Haarahld räusperte sich.
»Wenn Sie vielleicht noch einen Augenblick warten wollten, Master Aplyn«, sagte er mit ernster Stimme, und der Bursche erstarrte wie eine Statue.
»Jawohl, Euer Majestät?«, fragte er dann mit kaum vernehmbarer Stimme.
»Master Aplyn, Sie haben mir die Nachricht des Captains zügig und zufriedenstellend überbracht. Ich denke nicht, dass es erforderlich sein wird, kleinere … Unregelmäßigkeiten in unserem Gespräch zu erwähnen. Sind Sie anderer Ansicht?«
»Nein, Euer Majestät!«, platzte der Midshipman dankbar heraus.
»Dann dürfen Sie jetzt gehen, Master Aplyn.«
»Jawohl, Euer Majestät!«
Dieses Mal flüchtete Aplyn tatsächlich, und hinter sich vernahm Haarahld etwas, das einem leisen, fast erstickten Lachen erstaunlich ähnelte. Er warf einen Blick über die Schulter und sah Sergeant Gahrdaner. Das Gesicht des Gardisten war zu einem Grinsen verzogen, und Haarahld schaute seine Leibwache mit erhobener Augenbraue an.
»Belustigt Sie etwas, Charlz?«, fragte er dann leise.
»Oh, überhaupt nichts, Euer Majestät«, gab Gahrdaner ernst zurück. »Wirklich überhaupt nichts.« Zehn Minuten später kam Haarahld an Deck. Er erklomm die Treppe, die zur Kommandobrücke auf dem Achterkastell hinaufführte; mit seinem steifen Knie ging es nur langsam, doch er kam stetig voran. Sergeant Gahrdaner folgte ihm, und Captain Tryvythyn erwartete ihn bereits, als Haarahld endlich oben angekommen war.
»Guten Morgen, Euer Majestät«, sagte er dann.
»Guten Morgen, Captain«, erwiderte Haarahld förmlich. Er sog die frische Frühlingsluft ein, dann legte er die Hand über die Augen, um die Sonne abzuhalten, und blickte nach
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