Der Krieg der Ketzer - 2
als hätten die endlich eingesehen, dass sie uns nicht entkommen, Captain. Jetzt holen wir sie uns!« Kritisch schaute Commodore Kohdy Nylz zu, wie seine Verfolger das Feuer eröffneten. Trotz der schaumgekrönten Wellen war leicht zu erkennen, wo die Kugeln ins Wasser eingeschlagen waren – ihrem Ziel doch recht nahe –, und nun nickte er zufrieden.
»Ich hoffe, die Geschützbedienungsmannschaften denken daran, nur langsam zu feuern«, murmelte einer der Lieutenants der HMS Kraken.
Streng blickte der Commodore den jungen Offizier an, doch es war offensichtlich, dass dieser sich überhaupt nicht bewusst war, den Gedanken laut ausgesprochen zu haben. Kurz zog Nylz in Erwägung, ihm dennoch zu antworten, doch dann entschied er sich dagegen. Dem jungen Burschen wäre es nur peinlich, und der Lieutenant hatte auch nichts gesagt, was Nylz selbst nicht ebenfalls gedacht hätte.
Für dieses spezielle Manöver war sein Geschwader eigens ausgewählt worden, weil man ihre Artillerie drastisch verbessert hatte. Als Prinz Cayleb und Admiral Staynair ihre Anstrengungen vor allem auf die fast fertigen Galeonen konzentriert hatten, waren sämtliche Arbeiten an den deutlich weniger einsatzbereiten Schiffen vorübergehend vollständig eingestellt worden. Die Kanonen einiger dieser noch nicht fertigen Galeonen hatte man jedoch schon teilweise geliefert, und Graf Lock Island und König Haarahld hatten keinen Grund gesehen, diese völlig nutzlos in irgendeinem Arsenal an Land herumliegen zu lassen. Deswegen hatten die Kraken und die anderen fünf Galeeren ihres Geschwaders ihre alten, altmodischen Kanonen gegen die deutlich neueren Modelle ausgetauscht: Lange ›Kraken‹ waren an Heck und Bug aufgestellt, während Karronaden die ›Falken‹ in der Breitseitenbewaffnung ersetzt hatten.
Wenn nun alles nach Plan verlief, würden die zehn corisandianischen Schiffe, die sie hier verfolgten, schon bald davon erfahren, aber es wäre unklug, sie zu früh darüber in Kenntnis zu setzen.
Erneut blickte der Commodore über das Heck hinweg zu seinen Gegnern hinüber, und sein Lächeln wurde deutlich gehässiger, als er darüber nachdachte, was sich gerade aus Ostsüdost nur unter Riemen näherte. »Jetzt haben wir diese Mistkerle!« jubelte Tanlyr Keep.
Die charisianischen Galeeren hatten ganz offensichtlich die Aufgabe, ihre Aufklärerschiffe im Auge zu behalten und notfalls zu beschützen – für den Fall, dass Herzog Black Water sich entschlossen hätte, einige seiner schnelleren Schiffe gegen sie in die Schlacht ziehen zu lassen. Doch die ›Beschützer‹ hatten ganz offensichtlich nicht begriffen, dass sich die Flotte der Verbündeten tatsächlich auf See befand. Sie hielten weiter auf ihn zu, als wollten sie sichergehen, sie wirklich korrekt zu identifizieren, und schon bald war es ihm gelungen, sich ihnen auf weniger als zehn Meilen zu nähern.
Dann hatten sie beigedreht, wollten flüchten, doch noch während dieses Wendemanövers hatte eines der Schiffe beträchtlichen Schaden in der Takelung erlitten. Es sah aus, als hätte sich das Großschot losgerissen, und mehrere Minuten lang flatterte das einzelne, große Segel wild im Wind, bis es der Mannschaft gelang, es wieder unter Kontrolle zu bringen. Das hatte das Schiff kostbare Geschwindigkeit gekostet, und Keeps eigene Schiffe hatten sofort darauf zugehalten.
Die Schwesternschiffe des Aufklärers hatten sich, statt ihn im Stich zu lassen, sodass er ganz auf sich alleine gestellt gewesen wäre, dafür entschieden, ihm Gesellschaft zu leisten. Das hätten sie nicht tun sollen! Jedes einzelne der sechs Schiffe war für sich genommen größer als jedes von Tanlyr Keeps Schiffen, doch er rückte mit zehn Galeeren gegen diese sechs vor, und zahlreiche Zwangsverpflichtungen aus der Army von Corisande hatten dafür gesorgt, dass die Soldaten an Bord als Marines fungierten. Und mehr noch: Da diese Schiffe kleiner waren als die gegnerischen Galeeren, kamen sie unter Riemen auch schneller voran.
Diesen Vorteil hatte er ausgenutzt, und er hatte zusätzlich die Ruder einsetzen lassen, um trotz des guten Windes in den Segeln noch weiter Fahrt aufzunehmen. Der Abstand zwischen ihm und den flüchtenden Charisianern hatte sich stetig verkleinert. Jetzt war es an der Zeit …
»Meldung an Deck!«, erscholl der Ruf aus dem Krähennest. »Weitere Schiffe, Richtung Südost!«
Tanlyr Keep erstarrte und blickte zum Ausguck hinauf.
»Ich kann mindestens fünfzehn Galeeren erkennen!«, rief der
Weitere Kostenlose Bücher