Der Krieg der Ketzer - 2
stützte sich der Erzbischof auf seinen Eisenholzstab mit dem silbernen Knauf.
»Ich gehe davon aus, dass Euer Mittagessen zufriedenstellend war, Euer Majestät?«, fuhr Braunyng fort, und Dynnys verkniff sich ein fast hinterhältiges Lächeln. Der Captain schien sich … nicht sonderlich wohl in seiner Haut zu fühlen. Ganz offensichtlich war es ihm nicht entgangen, dass Dynnys nicht allzu positiv gestimmt war, und doch blieb ihm keine andere Wahl, als sich wenigstens für einen kleinen Plausch Zeit zu nehmen. Der Captain einer Galeone im Dienste des Tempels konnte ja nun kaum einen Erzbischof ignorieren, der bei seinem Spaziergang nach dem Mittagsmahl eigens auf das Poopdeck kam.
»Ihr Koch kommt bemerkenswert gut zurecht, Captain«, gab Dynnys zurück; nun hatte er doch ein wenig Mitleid mit dem Mann. »Ich muss allerdings gestehen, dass ich niemals ein guter Seemann hätte werden können. Dafür vermisse ich frisches Gemüse einfach viel zu sehr!«
»Ich bedanke mich für das Kompliment, Euer Majestät, und ich werde es auch, Euer Einverständnis vorausgesetzt, an den Koch weiterleiten. Was nun das frische Gemüse angeht …« Braunyng lächelte und zuckte mit den Schultern, »… kann ich Euch nur von Herzen recht geben. Tatsächlich ist das Erste, was ich tue, wann immer ich wieder in den Heimathafen einlaufe, meine Frau in eines unserer Lieblingsrestaurants auszuführen und dort den größten Salatteller zu bestellen, den ich nur finden kann.«
»Oh bitte, Captain!« Nun lachte auch Dynnys fast. »Bringt mich doch gar nicht erst auf diesen Gedanken, sonst fange ich noch an, auch noch Salat zu vermissen!«
»Vergebt mir, Eure Eminenz.« Braunyng neigte den Kopf, es war schon fast eine Verbeugung, und man sah ihm an, dass er immens erleichtert darüber war, mit welcher Belustigung der Erzbischof reagiert hatte. Dann richtete er sich wieder auf, und nun wurde seine Miene deutlich ernster.
»Dennoch, Eure Eminenz, so langweilig die Ernährung auf See auch sein mag, zumindest erhält sie unser aller Gesundheit, Pasquale sei Dank.« Er legte die Fingerspitzen der rechten Hand erst an sein Herz, dann an die Lippen, und Dynnys tat es ihm gleich. »Ich möchte gar nicht darüber nachdenken, in welchem Zustand meine Männer wären, wenn wir nicht Pasquales Lehren hätten.«
»Da gebe ich Ihnen sofort recht, Captain«, sagte Dynnys nun völlig aufrichtig und ernsthaft. Die Ernährungsgesetze des Erzengels Pasquale galten mit besonderer Strenge für all diejenigen, die nicht jederzeit auf frische Nahrungsmittel zurückgreifen konnten – wie etwa die Männer, die Fünftag um Fünftag auf See verbrachten. In allen Fällen, in denen diese Gesetze versehentlich oder aus der Not heraus übertreten worden waren, hatte dies zu … unschönen Konsequenzen geführt.
Dynnys konnte sich an einen Zwischenfall erinnern – so viele Jahre lag er noch gar nicht zurück –, in denen ein furchtbarer Sturm eine dohlaranische Galeone fast entmastet und sie dann weit in die fast unbefahrenen Tiefen des Südozeans geweht hatte. Den wenigen Überlebenden der Mannschaft war es gelungen, das Schiff wenigstens notdürftig zu reparieren und irgendwie wieder nach Hause zu finden, doch sie waren nur quälend langsam vorangekommen, und ein Großteil aller Vorräte war während des Sturms über Bord gegangen oder verdorben. Als das Schiff dann schließlich den Hafen der Insel Westbruch erreichte, waren zwei Drittel der noch verbliebenen Mannschaft an Skorbut gestorben, denn sie hatten sich nicht an Pasquales Gesetze gehalten, und wie stets war schon bald darauf die Krankheit ausgebrochen.
Wenigstens hatten die Überlebenden der Mannschaft noch genügend Wasser gehabt. Es war ihnen gelungen, zumindest einen Teil des Süßwassers, das sie in Form sturzbachartiger Regenfälle erreichte, mit Trichtern aus alten Segeln in ihre Wassertanks zu lenken. Und was auch immer sonst mit ihren Vorräten geschehen sein mochte, diese Tanks waren noch unbeschädigt gewesen – Pasquale sei Dank!
Und Dynnys erinnerte sich auch an eine Erfahrung, die er selbst in seiner Jugend gemacht hatte. Egal für welchen Orden ein Mann der Kirche letztendlich vorherbestimmt war, es wurde doch von ihm erwartet, dass er zumindest einen gewissen Überblick auch über die Lehren aller anderen Orden hatte. An diesem Tag hatte ein Oberpriester des Pasquale-Ordens ihnen demonstriert, warum Pasquale darauf bestanden hatte, das Trinkwasser an Bord von Schiffen in Eisentanks
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