Der Krieg der Ketzer - 2
schließlich nicht um diesen plötzlichen, unschönen Ansturm von Einfallsreichtum gebeten.
Zumindest konnte er wahrheitsgemäß behaupten, sein Intendant habe keinerlei Bedenken wegen dieser neuen Gerätschaften und Ideen. Das sollte, so dachte Ahdymsyn, durchaus hilfreich sein. Vielleicht würde das den deutlich rachsüchtigeren Mitgliedern des Offiziums der Inquisition nicht ganz so zupasse kommen, wie das bei einigen sorgsam ausgewählten Exempeln der Fall gewesen wäre, die Dynnys hier hätte statuieren können, doch es sollte zumindest diese drohende Feuersbrust ein wenig im Zaum halten können.
Was die anderen, deutlich grundlegenderen Probleme dieser Erzdiözese betraf, so hatten sich diese bereits abgezeichnet, bevor Dynnys auch nur sein Amt hatte antreten können. Vielleicht hätte er sich bedeutend früher darum kümmern müssen, doch das grenzt ja nun wirklich schon an ›hinterher ist man immer schlauer‹, dachte Ahdymsyn. Was das betraf, hatte er selbst in seinen Gesprächen mit Bischof Maikel eindeutig nicht in hinreichendem Maße vorbeugende Maßnahmen getroffen – nicht, dass er die Absicht hatte, das jemals irgendjemandem gegenüber einzugestehen.
Ahdymsyn hatte Dynnys’ Gespräch mit Staynair nicht beigewohnt. Während dieses Gespräches war nur Pater Symyn anwesend gewesen, und das auch nur in seiner Funktion als der Sekretär des Erzbischofs. Der Bischof-Vollstrecker hatte den Eindruck, als hätte dieses Gespräch deutlich besser verlaufen können, doch wenigstens hatte Staynair unmöglich offenen Trotz zur Schau stellen können. Wäre dem so gewesen, so hätte Dynnys keine andere Wahl gehabt, als ihn öffentlich zu disziplinieren, und das hatte er – Gott sei Dank! – nicht getan. Das Letzte, was sie hier jetzt noch gebrauchen konnten, das wäre gewesen, dass die ›Vierer-Gruppe‹ sich noch mit zusätzlichen Sorgen über die doktrinäre Zuverlässigkeit der örtlichen Priester hätte herumschlagen müssen, und wenn es erforderlich gewesen wäre, den ranghöchsten Bischof des Königreiches zu maßregeln …!
Doch es war ihnen gelungen, zumindest das zu vermeiden. Und wenn die derzeitige Besorgnis der ›Vierer-Gruppe‹ ein wenig beschwichtigt werden konnte, und sei es auch nur vorübergehend, dann mochte das die ganze Lage doch noch retten. Dieses Erzbistum brauchte nur noch ein wenig Zeit – ein Jahr, oder vielleicht zwei, in denen ein Eingreifen der ›Vierer-Gruppe‹ die ganze Situation nicht noch weiter verschlimmerte –, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Das ist wirklich alles, was wir brauchen, dachte er, und ertappte sich dabei darüber nachzudenken, wie genau der Erzbischof eigentlich mit seiner Besorgnis Bischof Maikels wegen umgegangen war.
Na ja, ich denke, das werde ich wohl morgen erfahren, nicht wahr?, sagte er zu sich und hob anerkennend sein Brandy-Glas.
.II.
King’s Harbour, Helen Island
»Wie denkt denn Domynyk über Captain Maylyr?«, fragte Merlin.
Cayleb und er saßen am Tisch unter einem Sonnensegel auf dem Dach der Zitadelle, genossen eine frische Nachmittagsbrise und knabberten an Spinnenkrebs-Beinen. Gahlvyn Daikyn, Caylebs Kammerdiener, hatte sie nach einem besonders schmackhaften Rezept zubereitet, und Merlin hatte feststellen müssen, dass er dieser örtlichen Delikatesse besonders zugetan war, auch wenn er nicht einmal dann mit Caylebs geradezu wundersamen Appetit – immerhin war dieser junge Mann kaum der Adoleszenz entwachsen! – hätte mithalten können, wenn er einen echten Magen aus Fleisch und Blut gehabt hätte.
Nun nahm sich der Kronprinz Zeit, in aller Ruhe zu schlucken – und den Bissen mit einem kräftigen Zug aus seinem Bierhumpen herunterzuspülen –, bevor er antwortete.
»Ich denke, er ist in angemessenem Maße zufrieden«, erwiderte er dann und zuckte mit den Schultern. »Maylyr hatte schließlich erst ein paar Fünftage Zeit, sich hier einzugewöhnen.«
»Aber Domynyk hat nicht ganz unrecht, wenn er darauf hinweist, wie wenig Zeit wir den Leuten lassen können, sich ›einzugewöhnen‹«, merkte Merlin in bester Advocatus-Diavoli-Manier an, und in einem Grinsen blitzten Caylebs Zähne auf.
»Ja, das stimmt«, pflichtete er dem Seijin bei. »Und: Nein, ich bin nicht bereit, ihn einfach aus einer Laune heraus zu übergehen. Aber ich denke, wir können Maylyr einen weiteren Tag Zeit lassen, bevor ich den Befehl erteile, ihn den Kraken zum Fraß vorzuwerfen.«
Merlin lachte leise – auch wenn er den Ausdruck,
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