Der Krieg der Ketzer - 2
Gleiche galt.
»Die ganze Welt weiß, dass Ihr Euer eigener Erster Ratgeber seid, Euer Hoheit.« Nun lächelte auch Bahrmyn – kaum merklich. »Wäre dem nicht so, hätte ich zweifellos jemand anderen, der Euch in dieser Funktion zu Diensten wäre, … beunruhigt, und nicht Euch persönlich.«
»Ein ausgezeichnetes Argument, Eure Eminenz. Vielleicht sollte ich in Erwägung ziehen, meine diesbezügliche Vorgehensweise zu überdenken.«
Pflichtschuldigst lachte Bahrmyn leise, und Hektor holte tief Luft.
»Nichtsdestotrotz, Eure Eminenz, habt Ihr diese Audienz erbeten, und nun seid Ihr hier. Wie also kann der Corisande-Bund Mutter Kirche zu Diensten sein?«
»In Wahrheit, Euer Hoheit«, antwortete Bahrmyn bedächtig, »bin ich tatsächlich heute nicht im Namen von Mutter Kirche hier.« Überrascht riss Hektor die Augen auf, und der Erzbischof zuckte kaum merklich mit den Schultern. »Ich bin sehr wohl im Auftrag von Kanzler Trynair hier, aber nicht in seiner Funktion als Vikar Zahmsyn.«
Nachdenklich kniff Hektor die Augen zusammen, als ihm bewusst wurde, welchen Unterschied Bahrmyn hier machte. Als Kanzler mochte Trynair offiziell für den Rat der Vikare sprechen, oder auch für die Ritter der Tempel-Lande; als Vikar Zahmsyn sprach er einzig und alleine für die Kirche. Und das ließ Bahrmyns ›Bitte‹ um eine Privataudienz unter vier Augen abrupt in einem völlig anderen Licht erscheinen.
Kurz dachte er nach. »Ich verstehe«, sagte er dann. »In diesem Falle: Wie kann der Bund dem Kanzler zu Diensten sein?«
»Tatsächlich, Euer Hoheit, bin ich hier, um mit Euch zu besprechen, wie der Kanzler Euch zu Diensten sein kann.«
»Tatsächlich?« Es gelang Hektor, Stimme und Mimik zu beherrschen – doch es fiel ihm schwer.
»Euer Hoheit«, setzte Bahrmyn nun an, »ich wurde angewiesen, sehr freimütig zu sprechen, ohne die üblichen diplomatischen Umschweife. Euer Einverständnis vorausgesetzt, beabsichtige ich auch genau das zu tun.«
Fragend hob er die Augenbrauen, und Hektor nickte.
»Ich danke Euch, Euer Hoheit.« Erneut neigte Bahrmyn das Haupt, dann räusperte er sich.
»Euer Hoheit, alle Welt weiß, dass Ihr und Prinz Nahrmahn sich bereits seit einigen Jahren zunehmend im Streit mit Haarahld von Charis befinden. Natürlich muss es Mutter Kirche stets schmerzen, wenn diejenigen, die sie als weltliche Herrscher gesalbt hat, sich in Feindschaft gegenüberstehen. Nichtsdestotrotz begreift Kanzler Trynair angesichts seiner eigenen schweren weltlichen Bürde der Verpflichtungen in den Tempel-Landen sehr wohl, dass sich selbst zwischen durchaus vernünftigen Männern unvereinbare Differenzen ergeben mögen. Wenn das geschieht, kann das zu einem offenen Krieg führen. Unter anderen Umständen mag daraus eine beständige, schwärende Wunde werden, die alles im Umkreis vergiftet.«
Nun hatte der Erzbischof Hektors uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Der Prinz zwang sich, reglos in seinem Thron zu sitzen und nur aufmerksam zu lauschen, doch wenn Bahrmyn tatsächlich in die Richtung wollte, nach der es sich derzeit anhörte …
»Auch wenn sowohl Corisande als auch Charis weit von den Tempel-Landen entfernt sind, betrifft doch die Tatsache, dass Eure Schiffe zwischen diesen Ländern – und natürlich auch Emerald – einen so großen Anteil aller Frachten der Welt verschiffen, tatsächlich alle, die auf ebenjene Frachten angewiesen sind. Die Ritter der Tempel-Lande unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von allen anderen Regenten, und sie haben mit zunehmender Beunruhigung beobachten müssen, wie sehr sich die Feindseligkeit zwischen Euch und Haarahld vertieft hat.
Bis vor Kurzem jedoch haben sie sich diesem Disput gegenüber einer Politik der Neutralität verschrieben. Das erschien ihnen das sinnvollste Vorgehen. Doch in den jüngsten Monaten haben die Ritter der Tempel-Lande etwas bemerkt, was ihnen eine gefährliche Veränderung der Politik des Reiches Charis erscheint. Seit die geistlichen Gerichtshöfe bei der Frage der Erbfolge von Hanth zu Ungunsten von Haarahlds Protegé Breygart entschieden haben, scheint Haarahld dazu entschlossen, den Streit zwischen Euch durch Waffengewalt zu einem Ende zu bringen – und zweifellos, sich für das zu ›rächen‹, was er als Eure Rolle in diesem Erbfolgestreit ansieht.«
Es gelang Hektor, sich die Überraschung nicht anmerken zu lassen. Trotz seiner eigenen Besorgnis der Berichte wegen, die er von Maysahn und Makferzahn erhalten hatte, zweifelte er doch –
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