Der Krieg der Trolle
es nicht reichen würde, aber dann kippte sie doch nach hinten weg.
Mehr Gegner stürmten auf ihn zu. Er wich ihren Angriffen aus, parierte, schlug zurück. Neben ihm, hinter ihm waren seine Leute, seine Kämpfer. Er wich keinen Schritt zurück.
Seine Klinge fand ihr Ziel, ein Angreifer fiel. Jemand drängte sich zwischen ihm und der Mauer hindurch, sprang den nächsten Feind an. Natiole nutzte den Augenblick, um sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn zu wischen. Auf seinem Handschuh war Blut. Verständnislos blickte er auf das verschmierte Leder, konnte nicht sagen, ob es sein eigenes oder fremdes Blut war. Sein Körper war zu angespannt, um Schmerz zu fühlen. Er warf sich wieder in die Schlacht und auf den nächsten Gegner.
Erst als Jubel ertönte, erkannte er, dass sie den Feind zurückgeschlagen hatten.
» Tirea!«
Natiole stimmte in den Ruf ein, riss sein Schwert in die Höhe, dann lehnte er sich schwer atmend an eine Zinne. Beinahe wäre ihm der Dolch entglitten, als das Gefühl in seinen Leib zurückkehrte; seine Finger, seine ganzen Hände schmerzten, sein Körper verlor mit einem Schlag jegliche Kraft.
Radu sank neben ihm auf den Boden. » Dreimal verfluchtes Pack.«
Natiole nickte leicht. Strähnen hatten sich aus seinem Pferdeschwanz gelöst, hingen ihm ins Gesicht, klebten an seiner feuchten Haut. Seine Stirn brannte. » Hat es mich erwischt?« Er steckte seine Waffen in ihre Scheiden und zog den rechten Handschuh aus. Vorsichtig betastete er seine Stirn.
» Sieht nicht allzu schlimm aus. Ein kleiner Schnitt. Blutet ziemlich, und wenn’s nicht ordentlich heilt, hast du bald eine interessante Narbe, um noch mehr Frauen zu beeindrucken.«
Natiole zuckte, als seine schweißfeuchten Finger die Wunde berührten. » Bei allen Geistern, denkst du irgendwann auch mal an etwas anderes? Ist bei dir alles in Ordnung?«
Radu grinste. » Nicht ein Treffer.«
» Vermutlich, weil du die Zeit, statt zu kämpfen, in einer Taverne verbracht hast«, murmelte Natiole und richtete sich auf.
Radu griff sich an die Brust, als hätten ihn die Worte verletzt. » Ich war stets an deiner Seite, mein Fürst.«
» Ich weiß«, gestand Natiole, dann sagte er leiser: » Danke.«
Auch Radu erhob sich wieder. Um sie herum wurden die Verwundeten von der Mauer gebracht. Sonnenpriester schritten zwischen ihnen umher, versuchten, sich zuerst um diejenigen zu kümmern, denen noch geholfen werden konnte. Die gefallenen Feinde wurden über die Brustwehr gewuchtet, die eigenen Toten weitaus respektvoller hinab in die Stadt getragen.
» Schafft mehr Material auf die Mauern«, befahl Natiole, so ruhig er konnte. » Alles, was man werfen kann. Reißt von mir aus die Steine aus dem Straßenpflaster.«
Er blickte von der Mauer hinab auf die Stadt, die sie verteidigten. Was wird mit den Menschen geschehen, wenn wir verlieren? Er versuchte, sich den Gedanken zu verbieten. Camila. Was ist mit Camila? Natiole setzte sich in Richtung des Torhauses in Bewegung. Radu wollte ihm folgen, aber Natiole rief: » Führ die Leibwache zurück auf den Turm, und gib sofort ein Signal, wenn sich drüben etwas tut!«
Er lief die schmale Treppe hinunter und kam auf dem kleinen Platz hinter dem Tor heraus. Soldaten standen dort, dazwischen gingen Einwohner Teremis umher, verteilten Essen, Becher mit Wasser und Wein, kümmerten sich um die Verwundeten.
» Camila?« Natiole packte einen der Krieger am Arm. » Hast du Camila gesehen? Die Geistseherin?«
Der Mann schüttelte verwirrt den Kopf. Natiole blickte sich um – und fand sie. Sie kniete neben einem reglosen Körper, hatte der Kriegerin die Hand auf die Stirn gelegt.
Für einen einzigen Moment war alles um ihn herum vergessen, die Stadt, die Schlacht, all der Tod und das Leid, als sie aufsah und ihre Blicke sich trafen.
Dann war er bei ihr und schloss sie in die Arme. Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar, unendlich dankbar für ihre Nähe, die Wärme ihres Körpers.
» Ich fürchtete …«, begann er, aber seine Stimme versagte ihm den Dienst.
Sie antwortete nicht, sondern strich ihm nur mit den Händen über das Haar. Ihre Lippen berührten sich, und Natiole versank in diesem Kuss.
Nach einem Augenblick, der wie eine Ewigkeit schien, lösten sie sich voneinander. Camila lächelte. Sie wirkte erschöpft und mitgenommen, und an ihrer Schläfe begann sich ein Bluterguss zu bilden. Er ahnte, dass sie Schreckliches durchlitten hatte.
» Geht es dir gut?«, murmelte er.
» Gut
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