Der Krieg der Trolle
ihre Tiere machten, drang wie ein lautes Summen zu Natiole empor. Wenn man sie nur nicht alle ernähren müsste, dachte er. Jeden Monat werden es mehr, und ich weiß jetzt schon kaum, wie man sie alle versorgen soll.
Vielleicht sollte er mit Ionnis über eine neue, bessere Straße ins Imperium sprechen. Ein regelmäßiger Handel mit Dyrien würde zumindest einige der Probleme lösen. Aber das Botensystem zwischen Teremi und dem Mardew war so langsam, und für eine genaue Planung wäre es vermutlich erforderlich, dass Ionnis in die Hauptstadt kam. Oder er selbst konnte umgekehrt einen Besuch in Désa planen. Die Aussicht gefällt mir eigentlich noch besser, denn dann würde ich auch …
Plötzlich spürte Natiole eine Hand auf seinem Oberarm, und vor Schreck hätte er sich beinahe reflexartig verteidigt.
» Da seid Ihr ja«, ertönte eine Stimme hinter ihm.
» Bei allen Geistern, Radu!« Natiole drehte sich um. Vor ihm stand Radu cal Pa s cali, ein junger Mann mit dunklen Locken und einem Blick, der immer ein wenig spöttisch wirkte, selbst wenn er wie jetzt mit dem Voivoden sprach. Seine Eltern hatten Radu erst vor Kurzem in die Hauptstadt gesandt, und natürlich hatte Natiole den Sohn wlachkischer Adeliger auf deren Bitte hin in Dienst genommen, auch wenn sich schnell herausgestellt hatte, dass Radu eigentlich überhaupt keine Lust hatte, ihm oder irgendwem sonst zu dienen. Er war etwas jünger als Natiole selbst, und nach allem, was dieser bislang mitbekommen hatte, in Teremi hauptsächlich an den Tavernen und den schönen Töchtern der Stadt interessiert.
» Verzeiht, Herr. Ich dachte nicht, dass es so einfach wäre, Euch zu erschrecken«, sagte Radu jetzt und grinste respektlos. » Dabei heißt es doch, Ihr hättet nur mit ein paar Trollverbündeten quasi allein das Dyrische Imperium besiegt.«
» Die Dyrier sind eben nicht auf die Idee gekommen, mich von einer Mauer zu werfen«, entgegnete Natiole trocken, entschied sich aber ansonsten, die Unbotmäßigkeit seines Dieners zu ignorieren. » Was gibt es denn?«
» Unten ist eine Abordnung aus einem Dorf namens Balati, Herr. Sie wollen Euch sprechen.«
Natiole seufzte. Ihm wollte nur mit Mühe einfallen, wo sich Balati befand. Ein winzig kleiner Weiler am Fuß der Berge, wenn er sich richtig erinnerte, sicher kaum mehr als ein halbes Dutzend Gehöfte.
» Eine Abordnung? Und ihr Anliegen ist …«
» So dringend, dass ich die ganze Burg auf der Suche nach Euch auf den Kopf gestellt habe.«
Im großen Saal der Burg wurden sie von einer Bäuerin mit grauem Haar und zwei Halbwüchsigen erwartet, die unschwer als ihre Abkömmlinge zu erkennen waren. Obwohl man den Gästen offenkundig Wasser und Wein angeboten hatte, standen ihre Becher unberührt da, und die drei schienen sich alles andere als wohl in ihrer Haut zu fühlen. Die Geistseherin Camila, die leise mit der Frau geredet hatte, verstummte, als sie den Voivoden auf sie zukommen sah.
» Ich bin Natiole cal Sare s «, stellte er sich vor. » Ich höre, dass ihr mir etwas Wichtiges mitzuteilen habt?«
» Ich bin Vocarica, Herr«, sagte die Alte mit einer Verneigung, » und das sind meine Enkel. Wir stammen aus Balati, Herr, und wir bitten Euch um Hilfe. Wir haben einen Troll gesehen, Herr«, fügte sie hinzu, hielt dabei aber den Blick fest auf den steinernen Fußboden gerichtet.
Natiole runzelte die Stirn. » Einen Troll? Seid ihr sicher?«
Einer der beiden Enkel der Alten mischte sich ein: » Ganz sicher, Herr. Ein großes, graues Monster. Ich habe schon mal einen gesehen, Herr, in der großen Schlacht. Ich bin mir sicher, dass es ein Troll war.«
» Was ist, wenn er unsere Ernte stiehlt oder uns angreift?«, fragte der andere.
» Das wird er nicht tun.« Natiole hob beschwichtigend die Hand. » Wenn es sich wirklich um einen Troll handelt, dann ist er unser Verbündeter.«
Das hoffe ich zumindest. Fragt sich nur, was er an der Oberfläche will. Ob es Kerr ist, der mit mir sprechen möchte? Hat sich in den Gebeinen der Erde etwas ereignet, wovon ich wissen sollte?
Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden, und sie würde zudem bedeuten, dass er Teremi zumindest für kurze Zeit entfliehen konnte.
Er wandte sich an seinen Diener. » Radu, lass mein Pferd satteln. Wir reiten zusammen nach Balati und schauen uns ihren Troll aus der Nähe an.«
Vocarica verneigte sich erneut. » Danke, Herr! Aber wir können noch nicht zurück. Wir haben einen Wagen voll mit frisch gepresstem Öl, das wir
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