Der Krieg der Trolle
Umrisse, und Kerr musterte die Neuankömmlinge mit einer Mischung aus Erleichterung und Sorge. Die Begrüßung war überraschend beredt, wenn auch – wie nicht anders zu erwarten – recht feindselig.
Die Tiefentrolle stellten sich im Halbkreis um die beiden Trolle und bleckten erwartungsvoll die gewaltigen Hauer. Ihre Haut war von einem so dunklen Grau, dass sie perfekt mit den Schatten verschmolzen, die in der Kaverne durch das leuchtende Moos an den Wänden entstanden. Sie waren muskulöse, große, wilde Trolle, vielleicht die ursprünglichsten ihres Volkes. Fast alle hatten mehrfach gedrehte Hörner und einen mächtigen Schädel. Kerr konnte in dem schwachen Lichtschein erkennen, dass viele von ihnen mit Ruß oder Erde schwarze Kreise als Schmuck auf ihre Hörner gemalt hatten. Andas Kinder waren allesamt größer als er, aber ihre Anführerin überragte selbst Tarka um ein gutes Stück, wie Kerr beeindruckt feststellte.
Er trat vor und achtete dabei darauf, sich selbst so imposant wie möglich hinzustellen. » Ich bin Kerr.«
Ein leises Raunen ging durch die Schar der Tiefentrolle. Immerhin war sein Name bei ihnen immer noch geachtet, auch wenn Kerr kaum verstand, wieso. Vermutlich rührte diese Achtung noch von seiner gemeinsamen Reise mit Azot her, über die bei den Trollen von Andas Blut viele Geschichten erzählt wurden. Normalerweise achteten die Tiefentrolle jedoch nur eines: Stärke. Und obwohl Kerr ein Troll war und einem Kampf nicht aus dem Weg ging, wenn er sich bot, war er kein so guter Jäger oder Krieger, dass auch nur ein Tiefentroll seinen Namen deshalb geehrt hätte. Nein, Azot musste der Grund dafür sein.
» Und ich Tarka.« Die Trollin sprang praktisch vor, die Hände zu Fäusten geballt. Sie fletschte die Zähne und baute sich herausfordernd neben Kerr auf.
Doch die Anführerin der Tiefentrolle ignorierte sie einfach und sprach stattdessen Kerr an: » Ich kenne dich. Du bist auf unseren Wegen willkommen.«
Kerr nickte leicht, dann deutete er auf die Spalten im Fels. » Wir haben hier gekämpft. Gegen Kreaturen, wie wir sie noch nie gesehen haben. Groß, mit Stacheln und Schuppen. Sie haben Jagd auf uns gemacht. Kennt ihr diese Biester?«
Die Tiefentrollin verzog das Gesicht vor Wut. Einen Moment lang glaubte Kerr, ihr Zorn gelte ihm.
» Sie kommen aus den Höhlen unterhalb der Berge«, erklärte sie und zerstreute so zumindest eine von Kerrs Sorgen. » Diese verfluchten Mistviecher jagen im Rudel. Sie jagen einzelne Trolle. Aber wenn du sie umgekehrt allein erwischst, sind sie keine Gefahr.«
Kerr bemühte sich, den Tiefentrollen nicht zu zeigen, dass ihm eines dieser Wesen in dem gerade zurückliegenden Kampf schon genug Probleme bereit hatte und dass er sie durchaus für bedrohlich hielt, denn die Tiefentrolle mochten andere Maßstäbe haben. Oder sie wollten einfach nicht zugeben, dass eine einzelne Kreatur ihnen überhaupt gefährlich werden konnte.
» Deshalb wandern wir gemeinsam«, fuhr die Tiefentrollin fort. » Wer allein bleibt, muss allein kämpfen.«
Kerr hätte ihr beinah reflexartig beigepflichtet, doch er vermutete, dass die Tiefentrolle gut auf sein Lob verzichten konnten. Sie waren nicht wie ihre fernen Brüder und Schwestern, und es war besser, das niemals zu vergessen. Sie waren zumeist Einzelgänger, die sich nur zu wenigen Gelegenheiten zusammenfanden. Sie bildeten keine Stämme, keine Familien, und sie kämpften für gewöhnlich ebenso brutal untereinander, wie sie es gegen ihre Feinde taten. Und ein Tiefentroll hatte viele Feinde. Manchmal glaubte Kerr, dass alles, was lebte, von einem Tiefentroll als Feind betrachtet wurde. Andas Blut hatte diese Wildheit in ihnen hervorgebracht, hatte verstärkt, was in so manchem Troll bereits angelegt gewesen war.
Ein Glück, dass wir nicht so sind, dachte Kerr bei sich. Obwohl es genug wie Tarka gibt, die eher kämpfen als reden würden.
Just in dem Moment verkündete die Trollin: » Die Stärke liegt im Stamm«, und Kerr blickte sie überrascht an. Es war eine Erkenntnis, die er ihr nicht ohne Weiteres zugetraut hätte. » Wir Trolle überleben gemeinsam.«
» Ihr seid ja auch nicht so stark wie wir«, erwiderte die Tiefentrollin ruhig, als wäre es keine Beleidigung, sondern einfach nur die Wahrheit.
Sofort hob Tarka die Fäuste. » Du willst meine Stärke sehen?«, fragte sie lauernd. » Das kannst du haben. Sofort, wenn du willst!«
» Du hast gesagt, sie kommen von unterhalb der Berge«, warf Kerr schnell ein
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