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Der Krieg der Trolle

Der Krieg der Trolle

Titel: Der Krieg der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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gestellt. Im Land zwischen den Bergen hatte er Wlachaken und Masriden gleichermaßen ausspioniert und sogar eine Zwergenbinge erkundet – zumindest, wenn man seinen Worten Glauben schenken durfte.
    Als Kind auf seinen Knien sitzend, hatte Artaynis trotz der dramatischen Ausschmückungen einiges gelernt und später auch oft genug angewandt. » Es gibt kein Schloss, das sie halten kann«, hatte ihre Mutter mehr als einmal gestöhnt, wenn Artaynis wieder von einem ihrer nächtlichen Streifzüge zurückgekehrt war.
    Selbstverständlich waren das die Streiche eines kleinen Mädchens gewesen; jetzt war sie eine erwachsene Frau. Und sie befand sich an einem fremden Ort, umgeben von Menschen, die ihr – sofern überhaupt – nur deshalb vertrauten, weil sie zu Ionnis gehörte.
    Die Gänge der Dienstboten waren schmaler als diejenigen im herrschaftlichen Teil der Feste. Es gab so gut wie keine Fenster, ja, nicht einmal schmale Schießscharten. Sie lagen im Inneren der Gebäude, verborgen vor den Blicken und im Falle einer Belagerung sicher vor Eindringlingen. Zu so später Stunde waren sie verlassen. Dennoch war Artaynis vorsichtig und schlich, so leise sie konnte.
    Ihr Weg führte sie einige Treppen hinab, durch einen Gang, hinter dessen Türen sich die Zimmer von Dienern, Köchinnen und einer Handvoll Soldaten befanden. Mehr als einmal glaubte sie, etwas zu hören, und verharrte an Ort und Stelle oder machte sich klein und drückte sich an die Wand, aber niemand trat auf den Korridor hinaus.
    Ihr Ziel lag noch weiter unten.
    In der großen Küche, die sie durchqueren musste, war es warm. Ein Teil des Gesindes schlief hier, weil die großen Öfen auch des Nachts Wärme spendeten. Das Feuer wurde durchgehend bewacht und am Leben erhalten, auch wenn es in der Nacht bis auf die Glut herabbrannte. Es wäre zu mühselig gewesen, die großen Feuerstellen jeden Tag neu anzuheizen.
    Auch jetzt konnte Artaynis im Zwielicht der glimmenden Reste einige Gestalten sehen, die es sich auf dem Boden vor den Öfen mit Decken bequem gemacht hatten. Sie atmete leise aus, dann schlich sie zwischen ihnen hindurch. Jeder Schritt war genau platziert, jede Bewegung kontrolliert. Ein lautes Schnarchen erstarb, und Artaynis hielt inne, bereit, sofort in die Dunkelheit zu laufen und sich zu verbergen – da drehte sich die Schläferin auf die Seite und begann wieder, laut zu schnarchen. Mit zwei letzten schnellen Schritten ließ Artaynis die Schlafenden hinter sich und erreichte die Tür zur kleinen Speisekammer.
    Sie hatte diesen Raum gewählt, weil die große Speisekammer meist mit einem Schloss versehen war und sie kaum hoffen konnte, es leise und vor allem schnell zu knacken. Zur Sicherheit hatte sie zwar ihr Werkzeug mitgenommen, aber sie ließ es in dem schmalen Lederfutteral, das sie an ihren Unterarm geschnallt hatte.
    Die kleine Speisekammer hingegen hatte wohl eine solide Eichentür, aber da ihr Inhalt weit weniger verlockend war, rechnete niemand mit Diebstählen. Artaynis bewegte die Tür ein winziges Stück. Das war eine Schwachstelle in ihrem Plan, denn bislang hatte sie die Tür nur offen oder geschlossen gesehen, wenn sie in der Küche gewesen war. Sie sandte ein kurzes Stoßgebet zu Agdele, wie sie es seit langer Zeit nicht mehr getan hatte.
    Vielleicht hatte die Göttin sie erhört, denn obwohl die Tür knarrte, war das Geräusch so leise, dass die Schlafenden davon nicht aufwachten. Sehr sanft zog Artaynis die Tür weiter auf, wobei sie auf die Atemgeräusche hinter sich lauschte. Als der Spalt groß genug war, zwängte sie sich hindurch, dann zog sie die Tür langsam zu.
    Nun stand sie in der vollkommenen Dunkelheit der Speisekammer. Zunächst machte sie einige tastende Schritte weg von der Tür, bis sie mit der Hand gegen eines der großen Regale stieß. Dann zog sie ein kleines Metallkästchen aus dem Beutel an ihrer Seite und schob den Deckel zurück. Das Stück Kohle, das darin lag, glomm noch leicht, also blies Artaynis vorsichtig darauf, bis es orangerot aufflackerte. Sie wusste, dass es nicht mehr lange vorhalten würde, also schritt sie die Regale ab. Das Licht war kaum stark genug, um ihre eigene Hand zu beleuchten, aber sie wusste, wo sie ungefähr suchen musste, und tatsächlich fand sie eine Kiste, in der dicke Kerzen säuberlich in dünn geschabtes Leder eingewickelt lagen.
    Sie nahm sich eine von ihnen und zündete den Docht an. Erst da fiel ihr auf, dass sie auch einfach eine der Kerzen aus ihren Privaträumen

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