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Der Krieg der Trolle

Der Krieg der Trolle

Titel: Der Krieg der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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hätte einpacken können.
    Sie konnte sich den Gesichtsausdruck ihres Vaters schon vorstellen, wenn sie ihm diese Geschichte erzählte, und beschloss, sich in diesem Teil an seine eigene Vorgehensweise zu halten und die Wirklichkeit mit einigen Ausschmückungen besser aussehen zu lassen, sollte sie ihm je davon berichten.
    Jetzt aber hatte sie andere Sorgen. Im hinteren Teil der Speisekammer gab es eine Falltür im Boden, die Artaynis anhob. Darunter befand sich eine steinerne Treppe, die in die Dunkelheit führte. So leise wie möglich stieg die junge Dyrierin hinab, stellte die Kerze auf eine der Stufen und schloss die Falltür hinter sich.
    Ein Luftzug ließ die Flamme tanzen, aber Artaynis schützte sie mit der Hand und ging vorsichtig weiter. Jetzt war ihr Weg weniger deutlich erkennbar, und sie kannte sich nicht mehr so gut aus. Die Vorratskeller waren aus natürlichen Höhlen entstanden und im Laufe der Jahrhunderte immer mehr erweitert worden. Sie waren darauf ausgelegt, für eine große Garnison von Soldaten und für so viele in den Schutz der Feste Geflüchteten wie möglich Nahrung aufzunehmen. Eine Festung war nur dann sinnvoll, wenn sie einer Belagerung auch über längere Zeit standhalten konnte. Gleichzeitig dienten die Keller auch als Rückzugsort, sicher in den Tiefen der Felsen gelegen und einfach zu verteidigen.
    Zwischen den großen Räumen gab es Tore mit eisenbeschlagenen Flügeln. Viel wichtiger für Artaynis war jedoch, dass die gewaltigen Keller der Feste alle miteinander verbunden waren. Es gab Durchgänge, ja sogar geheime Tunnel. Zwei davon führten bis nach draußen vor die Mauern und waren für den schlimmsten Fall angelegt worden: dass die Feste Désa an die Masriden fiel.
    Artaynis konnte sich noch gut an den Tag erinnern, als Ionnis ihr die geheimen Fluchttunnel gezeigt hatte. » Im Moment droht uns hier vielleicht keine Gefahr«, hatte er gesagt. » Aber Wlachkis ist ein gefährliches Land. Das ist es immer gewesen. Und wenn die Burg genommen wird, will ich, dass du weißt, wie du entkommen kannst.«
    » Ich würde nicht ohne dich gehen«, hatte sie erwidert. Ionnis hatte ihr einen Kuss gegeben. » Falls mir etwas passiert«, hatte er gesagt, » will ich wissen, dass du wenigstens in Sicherheit bist. Bitte, ich würde wollen, dass du gehst. Ins Imperium. Nach Hause.« Ionnis hatte sie bei diesen Worten so flehentlich angeschaut, dass Artaynis nur seinen Kuss erwidert hatte, statt ihm zu antworten.
    Aber nun führten Artaynis’ Schritte sie nicht zu den Fluchttunneln. Sie durchquerte den ersten Kellerraum, dessen Decke sicherlich vier oder fünf Schritt hoch war und in dem es Stapel von Fässern und Kisten gab, dazu hohe Regale an den Wänden und Truhen in den Ecken. An der Tür am anderen Ende hielt sie inne und lauschte. Sie erwartete nicht, mehr als Ratten zu hören, aber man hatte ihr Vorsicht beigebracht. Als sie nichts hörte, öffnete sie die Tür einen Spalt breit und schlüpfte hindurch.
    Der nächste Kellerraum war so gut wie leer. In der Mitte war ein kreisrundes Loch im Boden, sicherlich zwei Schritt im Durchmesser. Ein Metallgitter lag in einer Fassung und schützte die Unachtsamen davor, in die Zisterne der Feste zu fallen. Ein ausgeklügeltes System von Abflüssen und Rohren leitete Regenwasser in die große Höhle unterhalb dieses Raumes, wo es gespeichert wurde. Selbst in den trockensten Jahren, von denen es im Hochland nicht viele gab, war in der Zisterne genug Wasser, um Tausende von Menschen ein Jahr und länger zu versorgen.
    Die Zisterne hatte Artaynis an ihre Heimat erinnert, wo ähnliche Systeme benutzt wurden, um die Brunnen und Wasserspiele in Colchas zu speisen, aber jetzt hatte sie keine Augen dafür. Sie ging durch einige große zusammenhängende Kellerräume, und je weiter sie sich von der Speisekammer entfernte, desto deutlicher wurde es, dass die Räume nicht in Benutzung waren. Hier und da fanden sich noch alte Möbel, Regale und Kisten, und einmal stolperte Artaynis über einen großen Haufen Decken, die langsam vor sich hin schimmelten, aber Menschen kamen nur selten hierher. Das passte ihr gut, und sie lief schneller.
    Es war schwer vorstellbar, wie die Kellerräume einst ausgesehen haben mochten. Einige von ihnen stellten den ältesten Teil der Feste dar, als Wlachaken bestehende Felshöhlen für ihre Zwecke erweitert hatten. Erst im Laufe der Zeit waren die Gebäude dazugekommen. Selbst die Geistseher wussten nicht, wie alt die Höhlen waren.

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