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Der Krieg der Trolle

Der Krieg der Trolle

Titel: Der Krieg der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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allein tragen zu müssen.
    Als habe sie seine Gedanken gehört, machte Camila einen Schritt auf ihn zu. » Du spürst eine große Last auf deinen Schultern, nicht wahr?«
    Stumm nickte Natiole. Er stützte sich auf die Brüstung, packte den kühlen Stein mit festem Griff, als könne er die Stärke der Mauern dadurch in sich aufnehmen.
    » Das macht dich zu einem guten Fürsten. Wir wurden zu lange von jenen regiert, die sich nicht einen Deut um uns geschert haben. Denen wir Wlachaken egal waren. Das Haus cal Sare s hat uns die Freiheit gebracht und die Geschicke der Wlachaken seitdem gut gelenkt, selbst in stürmischen Zeiten.«
    » Ionna, meine Mutter, mein Vater … sie alle waren große Herrscher.« Natiole blickte ins Dunkel der Nacht hinaus, suchte nach Worten. » Ihre Schritte waren gewaltig. Meine hingegen … sind nichts. Ich bin nur ein Mensch. Ich mache zu viele Fehler.«
    Er spürte eine leichte Berührung an seinem Arm. Camilas Finger schlossen sich um sein rechtes Handgelenk. Ihre Haut war warm, und als habe sie Magie gewirkt, schwand die Schwere aus ihm.
    » Wir sind alle nur Menschen. Auch sie waren es nur. Menschen mit Fehlern, mit Schwächen. Aber auch mit Stärke, mit Wissen, Mut und Kraft.«
    » Ich weiß nicht, ob ich stark genug bin«, flüsterte Natiole. Er hob die Linke von der Mauer und legte sie vorsichtig auf ihre Hand, die noch immer sein Gelenk umfasst hielt. » Diese Gefahr, von der die Elfe gesprochen hat und die die Trolle und auch du gespürt habt – ich kann sie ebenfalls spüren. Es ist, als ob das Land zu mir spricht.«
    Er sah sie an und versuchte zu lächeln. » Das klingt verrückt, nicht? Natiole, der mit dem Land spricht …«
    » Nein, keineswegs. Die Geister sprechen nicht nur mit uns Geistsehern. Sie können jeden erreichen. Und du bist wichtig für das Land, das weiß ich. Weshalb sollten sie nicht mit dir reden, dich warnen?«
    Aus einem Impuls heraus verschränkte Natiole seine Finger mit den ihren. Sie überließ ihm ihre Hand, ohne zu zögern. Sie standen schweigend nebeneinander, und Natiole wagte kaum, sie anzusehen. Er genoss den Moment, die Berührung. Es war selten, dass er nicht der Voivode war, der stets wissen musste, was zu tun war. Zu dem die Menschen aufblickten, vielleicht sogar aufblicken wollten, und der sich keine Schwäche erlauben konnte.
    » Camila …« Er wandte sich ihr zu. Die Wolkendecke riss für einen Moment auf, und das Licht des Mondes tauchte ihr Gesicht in seinen Glanz und gab ihrem Haar den wunderschönen Schimmer zurück.
    Wie hübsch sie ist, dachte Natiole unwillkürlich. Mit ihrer hellen Haut und den dunklen Augen. Eine Strähne ihres kastanienbraunen Haares fiel auf ihre Wange herab. Sie öffnete die Lippen, als wollte sie etwas sagen, und er beugte sie vor, um ihr die Strähne aus dem Gesicht zu streichen.
    » Hier seid Ihr!«
    Radus Stimme riss Natiole wie aus einem Traum. Einen Herzschlag lang war er verwirrt, dann zog Camila ihre Hand zurück, und er drehte sich um. » Was ist?«, fragte er unfreundlicher, als er beabsichtigt hatte.
    Radu, der eine leichte Rüstung und einen mit Pelz verbrämten Mantel trug, hielt inne, als er die Geistseherin erblickte, dann rieb er sich verlegen über den Mund. » Oh.«
    » Ich danke Euch für Eure freundlichen Worte«, sagte Camila würdevoll zu Natiole und verneigte sich förmlich. » Aber ich würde mich jetzt gern zurückziehen, wenn Ihr erlaubt.«
    » Natürlich.«
    Mit einer weiteren angedeuteten Verbeugung in Radus Richtung verschwand sie in der Dunkelheit. Lediglich die Wärme ihrer Berührung blieb auf Natioles Arm zurück.
    » Das tut mir wirklich sehr leid«, erklärte Radu, der eine Miene ehrlicher Zerknirschung aufgesetzt hatte. » Hätte ich gewusst …«
    » Hättest du was gewusst?«, unterbrach ihn Natiole unwirsch.
    » Nun, du und die schöne Geistseherin, in solch einer Nacht, hier oben, ganz allein …«
    » Was glaubst du denn, was wir hier oben gemacht haben?«, hakte Natiole scharf nach.
    Radu hob abwehrend die Hände. » Darüber steht mir kein Urteil zu«, erwiderte er. » Ich weiß bloß, was ich ganz sicher unter diesen Umständen getan hätte.«
    » Ach ja? Welche Umstände wären das denn?«, verlangte Natiole zu wissen.
    » Sie hat ein Auge auf dich geworfen. Jeder kann das sehen.«
    » Unsinn. Sie hat bloß …« Er konnte selbst hören, wie wenig überzeugend das klang, und das machte ihn zornig. » Weshalb hast du mich gesucht?«, fragte er rasch, um das Thema zu

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