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Der Krieg der Trolle

Der Krieg der Trolle

Titel: Der Krieg der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Gedanke, dass Natiole eigens hierhergekommen war, um sie zu bitten, diese Reise mit ihm zu machen, wärmte ihr das Herz. Die Vorstellung, eine Weile mit ihm und den Trollen zu ziehen, war verlockend. Aber dann senkte sie den Blick und schüttelte den Kopf.
    » Ich kann nicht. Ich muss selbst eine Reise antreten, ich muss nach Süden.« Sie deutete mit der Hand auf das Bett, auf dem ihre Habseligkeiten verstreut lagen. » Ich wollte dir heute Abend am Hof Bescheid sagen.«
    Vielleicht war es nur Wunschdenken, aber für einen Moment glaubte sie, dass er traurig aussah.
    » Was führt dich in den Süden?«, fragte er dann.
    » Ich habe mit Adan gesprochen. Er war mein Lehrer, und er glaubt, dass das, was ich gespürt habe und was uns die Trolle berichtet haben, von großer Bedeutung ist. Er hat eine Versammlung der Geistseher einberufen.«
    Natiole runzelte die Stirn. » Eine Versammlung? Das ist ziemlich selten, oder?«
    » Die Geistseher versammeln sich in jedem Jahr ein Mal«, erklärte Camila, » in Starig Jazek, um uralte Rituale durchzuführen. Darüber hinaus gibt es eigentlich keine großen Zusammenkünfte. Ein solches Treffen kann nur stattfinden, wenn sich etwas ereignet, was das ganze Land betrifft.«
    » Dann ist es sicher gut, dass du dabei bist.«
    » Danke, dass du meinen Fähigkeiten so sehr vertraust«, meinte sie lächelnd.
    » Ich habe nicht zuletzt deinen Fähigkeiten mein Leben zu verdanken und allen Grund, ihnen zu vertrauen«, erwiderte der junge Voivode freundlich, ehe er seine Umgebung offenbar wohlwollend in Augenschein nahm. » Lebst du ganz allein hier?«, wollte er wissen.
    » Ja. Wenn ich denn in der Stadt bin. Meine Eltern sind im Zuge der großen Fieberepidemie in Teremi gestorben. Ich habe die meiste Zeit bei Adan und den Geistsehern verbracht. Mein Bruder war danach meine Familie, aber er wurde in der Schlacht getötet, als das Dyrische Imperium uns angegriffen hat.«
    » Das tut mir leid«, Natiole klang ehrlich betroffen. » Mein Vater ist in derselben Schlacht gestorben.«
    » Ich weiß«, entgegnete sie. » Wlachkis ist ein zerrissenes Land, und es wird noch lange dauern, alle Wunden zu heilen, die die Kriege uns geschlagen haben.«
    Er nickte zustimmend, und eine Weile lang saßen sie sich schweigend gegenüber. Camila hatte das Gefühl, dass sie einander auch ohne ein Wort verstanden.
    Schließlich stand Natiole auf. » Ich sollte wohl besser gehen und dich packen lassen, nicht wahr? Wann brichst du auf?«
    » Morgen früh.«
    » So bald schon?«
    Sie erhob sich ebenfalls. » Es ist ein weiter Weg.« Der Gedanke, dass er sich nun verabschieden würde, ließ die Schatten, mit denen sich das Haus allmählich füllte, noch düsterer und unfreundlicher wirken.
    » Dann wird viel Zeit vergehen, bis wir uns wiedersehen«, sagte Natiole leise. Ohne, dass sie es hätte kommen sehen, machte er einen schnellen Schritt auf sie zu. Er öffnete die Arme und zog sie an sich.
    Camila stockte der Atem. Sie erwiderte die Umarmung, lehnte den Kopf an seine Brust und genoss für einen Moment nur das Gefühl, dass er sie festhielt. Dann blickte sie ihn an, und ihre Lippen berührten sich in einem federleichten, warmen Kuss.
    Ihn loszulassen brach ihr das Herz. Aber es musste sein. » Natiole«, sagte sie flüsternd. » Bitte. Das ist unmöglich, und du weißt es.«
    Er presste die Lippen aufeinander und ließ den Kopf hängen. Dann nickte er und blickte sie wieder an. » Ich wünsche dir sichere Wege«, meinte er, während er die Tür öffnete und in die Dämmerung hinaustrat.
    » Und ich dir, Natiole. Mögen die Geister dich beschützen«, wisperte sie, als sich die Tür schon hinter ihm geschlossen hatte.
    Die Erinnerung daran ließ sich nur schwer abschütteln. Er ist der Voivode von Wlachkis, sagte sich Camila wohl hundertmal , wenn sie wieder auf einer der typischen Schlafbänke in irgendeinem Bauernhof wachlag. Alle Welt fragt sich, welche politisch kluge Heirat er bald eingehen wird. Er darf seinen Gefühlen nicht nachgeben. Er kann das nicht gewollt haben. Sie wusste, dass es nicht leicht für sie werden würde, wenn der Tag wirklich kam, an dem er heiratete. Vielleicht kann ich Teremi dann verlassen, dachte sie. Wenn erst wieder Ruhe im Land herrscht, braucht er mich nicht mehr. Ich kann wieder mit Adan durch das Land ziehen.
    Auf dem Weg schwand ihr Schmerz jedoch allmählich, und ihre Stimmung hob sich. Als sie sich jedoch endlich ihrem Ziel näherte, kehrten die Sorgen zurück und

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