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Der Krieg der Trolle

Der Krieg der Trolle

Titel: Der Krieg der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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verdunkelten ihr Gemüt, zumal angesichts der unheilvollen Geschichte des Ortes.
    Das ehemalige Kloster Starig Jazek war Mittelpunkt einiger der düstersten Abschnitte der wlachkischen Geschichte gewesen. Hier hatten die Sonnenpriester des Albus Suna s kurz nach der Eroberung des Landes durch Arkas Dîmminu einen ihrer wichtigsten Tempel errichtet, und in dem Kloster hatten sie die lästerlichen Riten durchgeführt, mit denen sie dem Dunkelgeist ihren Willen aufgezwungen hatten.
    In der warmen Nachmittagssonne wirkte das Kloster allerdings keineswegs finster. Die Sorkaten reichten hier weit in das Land hinein, und auf ihren Ausläufern hatten die Masriden eine beeindruckende Anlage errichtet. Auf drei Ebenen erhoben sich wuchtige, mehrflügelige Gebäude. Das höchstgelegene hatte eine Kuppel nach Art der Sonnentempel. Sie waren aus dem dunklen Stein der Sorkaten erbaut worden, mit hohen Mauern und kleinen Fenstern. In den alten Tagen, als die Wlachaken nur im Mardew frei gewesen waren, hatten sie zweimal versucht, das Kloster einzunehmen, doch beide Male waren sie an seinen Mauern und der kaum zugänglichen Lage gescheitert. Erst, als die Wlachaken die Masriden aus dem Sadat besiegt hatten, war das Kloster gefallen, und Ionna hatte alle Bewohner vertrieben oder töten lassen, zur Strafe für ihre Taten.
    Für Camila indes war das Kloster ohnehin nur eine Hülle. Denn lange bevor der Albus Suna s mit seinen Predigten und seinem Feuer nach Wlachkis gekommen war, hatten sich die Geistseher an diesem Ort versammelt und uralte Riten durchgeführt, um das Herz des Landes, den Dunkelgeist, zu besänftigen und in seinem ewigen, von düsteren Träumen geplagten Schlaf zu beruhigen.
    Nach dem Sieg hatte Ionna verfügt, dass Starig Jazek unbewohnt bleiben würde, und die nachfolgenden Herrscher hatten diese Anordnung nie aufgehoben. Nur einmal im Jahr versammelten sich nun die Geistseher der Wlachaken an diesem Ort, an dem einst ihre erbittertsten Feinde ihre Hochburg gehabt hatten, hielten die alten Riten ab, teilten sich die Neuigkeiten aus allen Teilen des Landes und nahmen die Schüler in ihre Gemeinschaft auf. Doch das Treffen, zu dem Adan jetzt geladen hatte, fand außerhalb des normalen Rhythmus statt, und Camila wusste, dass sie eine besondere Rolle spielen würde, denn aufgrund ihrer Worte war die Versammlung einberufen worden.
    Am Fuße der Felsen gab es einen kleinen Bauernhof, der von einer masridischen Familie bewirtschaftet wurde. Aufgrund des düsteren Rufs des Klosters kamen nur wenige Wlachaken hierher. Für die Geistseher indes war der Hof ein Segen, zumal diese Masriden inzwischen den alten Glauben angenommen hatten und die Geister des Landes ehrten.
    Camila kannte die Bewohner und hatte bald ihre Stute untergestellt und sich mit frisch gebackenem, herrlich duftendem Brot und einem kleinen Laib Käse versorgt. Dann machte sie sich an den beschwerlichen Aufstieg. Die Kleidung, die sie auf der Reise trug, war praktisch und geeignet, dem launischen Wetter des Landes zu trotzen. Sie trug eine mit Lederflicken verstärkte Hose und ein grobes Stoffhemd, darüber eine lederne Weste. Hohe Stiefel, ein fester Gürtel mit einigen Beuteln und Taschen daran sowie ein derzeit zusammengerollter Mantel und ihr Rucksack vervollständigten ihre Ausrüstung.
    Es gab nur einen schmalen Pfad in der Flanke der Felsen, der bis zum Kloster hinaufführte. Im Sommer war er recht gut gangbar, aber sie mochte sich nicht vorstellen, wie gefährlich er im Winter sein würde, wenn Schnee, Eis und Stürme den Aufstieg behinderten.
    Als sie auf dem ersten Plateau ankam, konnte sie sehen, wie der Zahn der Zeit an dem Kloster genagt hatte. Der Stein war verwittert, die schmalen Fenster mit dicken Brettern vernagelt worden. Starig Jazek wirkte abweisend, ungastlich, wie ein alter Mensch, der sich von der Welt zurückgezogen hatte und nur noch auf den Tod wartete.
    Das große Tor jedoch stand offen. Camila kannte den Weg bis zum innersten Heiligtum. Sie ging durch die hohen Räume und Säle, folgte dunklen Korridoren, stieg Treppen empor. Überall war der Glanz vergangener Zeiten zu sehen. Selbst nach den Plünderungen und den Jahren der Verlassenheit war noch zu spüren, dass dies einst ein wichtiger Ort für mächtige Männer gewesen war.
    Die Geistseher hatten sich auf der obersten der drei Ebenen im Innenhof versammelt. Für die Rituale würden sie zu dem alten Brunnenschacht gehen, der bis hinab zum Dunkelgeist führte, aber niemand war

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