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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Krieg zu führen, und den dann auch noch zu eröffnen.

    Die Tschechei-Besetzung als Anschub für diese weitere Entwicklung geht ganz allein auf Hitlers Rechnung.

    Die Rückgabe Memels

    Der letzte „Anschluß" vor dem Krieg fällt Deutschland wieder in den Schoß. Die litauische Regierung gibt das 1920 abgetrennte Memelland am 22. März 1939 ohne Widerstand an das Deutsche Reich zurück. Dieser Landzipfel zwischen dem Fluß Memel im Süden und dem Ort Nimmersatt im Norden, der das kleine Litauen nach der geographischen Gegebenheit so ideal ergänzt, ist allerdings vor 1920 niemals im eigentlichen Sinne litauisch gewesen.

    In diesem Streifen Landes leben um das Jahr 1000 die Kuren, die als Stamm zum Volk der Letten zählen. Die Litauer sind zu der Zeit nach Osten hin noch hinter dem Siedlungsgebiet der Szamaiten erst übernächste Nachbarn. Im 12. und 13. Jahrhundert missionieren und erobern der Livländische Schwertbrüderorden von Norden und der Deutsche Orden von Süden im Auftrag von Papst und Kaiser die baltischen Gebiete entlang der Ostseeküste. Die Memel ist der Fluß, an dem sich beide Orden treffen. Der Livländische Orden, der ab 1158 von Norden kommend das Gebiet der Kuren unterwirft, schafft mit dem später so genannten Memelland zunächst die Brücke zwischen beiden Ordensterritorien. Später reißt die Verbindung des Ordenslandes in Richtung Lettland nördlich der Stadt Memel wieder ab und das Memelland wird 1328 dem inzwischen deutsch gewordenen Ostpreußen angegliedert. Die Kuren und die Deutschen dort haben sich inzwischen zu einem

    Karte 14: Das Memelgebiet in der Zeit der Abtrennung

    Volk gemischt und das Kurisch ist als Sprache in dieser Gegend ausgestorben. So wird das Memelland schon um das Jahr 1200 deutsch.

    1252 gründen Ordensbrüder dort, wo die Danje in die Ostsee mündet an einer Stelle, die klajs peda heißt, ihre erste Burg und unmittelbar daneben eine deutsche Siedlung. Klajs peda ist Kurisch-Lettisch und heißt wörtlich „flache Stelle". Daß die „Memelburg" der Ordensritter dort die erste Burg an diesem Platze war, ist daraus zu schließen, daß die Kuren ihre Burgen nur auf Höhen bauten. So weist der heutige Name Kleipada für die ehemals deutsche Stadt Memel auf eine kurische Ortsbezeichnung hin und nicht – wie der Anschein das vermittelt – auf eine litauische Burg in grauer Vorzeit.

    Von der Gründerzeit von Burg und Ort bis 1409 wird Memel gut ein halbes Dutzend mal von Litauern und Kuren angegriffen, erobert und abgebrannt und jedesmal von Deutschen wieder aufgebaut. 1411 im Ersten Thorner Frieden und 1422 im Frieden vom Melno-See wird das Ordensland nördlich der Memel seines Hinterlands beraubt; der Ostteil fällt an Litauen und das Memelland erhält die Grenzen, die es dann unverändert bis 1945 hat. Litauer und Deutsche werden so ab 1411 direkte Nachbarn.

    Schon zur Zeit der ersten deutschen Besiedlung wandern getaufte Litauer – wenn auch in geringen Zahlen – von Osten in das Ordensland. Sie sind im damals noch heidnischen Litauen der Verfolgung ausgesetzt und suchen Schutz beim Orden. Drei Jahrhunderte danach, nach der Reformation und der Umwandlung Ost preußens und des Memellands von einem geistlichen Ordensstaat in ein weltliches Herzogtum verändert sich die Bevölkerung im Memelland ein weiteres Mal. Der Glaubensdruck der Kirchen und Regenten in Frankreich, in den Niederlanden, in Schottland, in der Schweiz, in Österreich und im katholischen Litauen führt zur Einwanderung vieler Menschen, die im toleranten Preußen weiter zu ihrem Glauben stehen dürfen. Diese Holländer, Schotten, Hugenotten, Salzburger und Litauer tragen zum Volkscharakter der Memelländer bei.

    Die Siedler und die Glaubensflüchtlinge aus Litauen müssen wegen ihrer späteren politischen Bedeutung hier besondere Erwähnung finden. Sie behalten ihre Muttersprache, doch sie sind anders als die Menschen ihres Herkunftslandes Protestanten. Zu Ende des ersten Weltkriegs stellen diese „Kleinlitauer" im Memelland 48 % der ansässigen Bevölkerung. Trotz der Bezeichnung und trotz der Muttersprache fühlt sich die Mehrheit der Kleinlitauer zum deutschen Kulturkreis und zum Deutschen Reich gehörig. Bei einer Volksbefragung nach den „Familiensprachen" im Jahre 1922 bekennen sich 71.156 Memelländer zur deutschen Sprache und 67.259 zur litauischen Sprache, doch nur 2,2% der Kleinlitauer wünschen, den Lese- und Schreibunterricht in den Schulen von Deutsch auf Litauisch zu wechseln

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