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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Rüstungspolitik von Frankreich; und das trotz aller Verzichtserklärungen von Stresemann bis Hitler.
    So rüsten die Franzosen zur Bestandserhaltung. Der Flottenbau dient in erster Linie der Sicherheit vor dem Nachbarland Italien, der Bau der Maginot-Linie dem Schutz vor einem Angriff Deutschlands. Doch – das sei erinnert – der Bau der Maginot-Befestigung beginnt schon 1930, als Frankreich über 45 Friedensdivisionen und Deutschland über 10 verfugt.

    Das mittelbare Rüsten der Franzosen besteht darin, Polen und die Tschechoslowakei mit Krediten und Beratern für die Aufrüstung ihrer Armeen in Deutschlands Rücken zu versorgen und Deutschlands Gleichberechtigung zu torpedieren, so lange dieses geht.

    Die Wiederaufrüstung der Sowjetunion beginnt etwa 1930. Die Staatsführung hat dazu eine ganze Anzahl Gründe. Der erste liegt in der Erfahrung der letzten
    13 Jahre. 1918 intervenieren amerikanische, britische, französische und japanische Truppen im russischen Bürgerkrieg. Amerikaner, Engländer und Franzosen erobern 1918 erst Murmansk, dann Archangelsk, führen einen unerklärten Krieg, um „frühere Lieferungen von Munition und Versorgungsgütern an das zaristische Rußland zurückzuholen" 124
    und verlassen die Sowjetunion erst nach knapp zwei Jahren. In Sibirien sind es Amerikaner und Japaner, die dort zwischen 1917 und
    1922 im Bürgerkrieg mitmischen. Auch die Niederlage des großen Rußlands gegen das kleine Polen von 1919 und 1920 ist noch nicht vergessen. So braucht die Sowjetunion als Land mit langen Grenzen und riesigen Entfernungen eine entsprechend große Streitmacht.

    Der zweite Grund ist Rußlands Bolschewismus. Die Ideologie der Sowjets ist selber expansiv und für viele Menschen in Europa, Amerika und Asien attraktiv. Sie ist damit einerseits für fremde Staaten eine schleichende Gefahr und andererseits das Ziel des Argwohns der Demokratien Amerika und England und des Mißtrauens des nationalsozialistischen Deutschlands. So muß die sowjetische Regierung fürchten, daß England, Amerika und Deutschland sich selbst, Europa und die Welt vor ihrem Bolschewismus schützen wollen und es dazu eines Tages überfallen. Ein gleiches Schicksal war schon dem revolutionären Frankreich 1791 widerfahren, als sich Habsburg, Preußen und Piemont verbündeten, um die Monarchie in Frankreich wieder einzuführen. So rüstet Rußland 1930 mit großer Eile die Land- und Luftstreitkräfte wieder auf und seit 1936 auch die Flotte.

    Daß die Streitkräfte der Sowjetunion nicht nur dem Schutz des Landes und des Kommunismus dienen, erweist sich für das Ausland erst mit dem Einfall russischer Truppen 1939 in Polen, kurz darauf in Finnland und mit dem Angriffsaufmarsch 1941 gegen Deutschland.

    In Deutschland beginnt der reale Wiederaufbau einer Wehrmacht erst 1933. Die Regierungen des Deutschen Reichs bis 1932 sind, was das eigene Militär betrifft, bestrebt, die volle Wehrhoheit im eigenen Lande wiederzuerlangen und die

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    Dupuy and Dupuy, Seite 1000
    Fähigkeit, sich militärisch selbst zu schützen, wieder aufzubauen. Die Generalität der Reichswehr und der Wehrmacht sieht ihre erste Aufgabe naturgemäß darin, zu den zwei Zielen nach besten Kräften beizutragen. Sie bauen erst geheim, dann noch getarnt und ab 1935 offen Heer, Luftwaffe und Marine zum Schutz des Reiches wieder auf. Der Bruch des Vertrages von Versailles und die damit verbundenen Verstöße gegen das Reichsgesetz mit gleichem Text stören die Reichsregierung und die Reichswehrführung dabei nicht. Zu oft dafür haben die Siegerstaaten vorher die Zusagen in den Wilson-Noten und den Versailler Vertragstext selbst nicht eingehalten und gebrochen.

    Das Netzwerk von Militärverträgen, mit dem Frankreich ab 1920 das Deutsche Reich in eine Zange nimmt, frischt das Zweifrontendenken des Militärs in Deutschland wieder auf. Selbst der Vertrag von Locarno mit Deutschlands Garantie für Frankreichs Grenzen und dem Verzicht auf das früher deutsche ElsaßLothringen vermag das von Frankreich eng geknüpfte Netz nicht aufzulösen. So orientieren sich die Reichswehr- und die Wehrmachtführung mit ihren Aufbauzielen für Land-, Luft- und Seestreitkräfte an den Stärken Frankreichs. Die Reichsmarine soll dabei Abstand zu den Briten halten, die Hitler bis 1937-38 eher als potentielle Partner denn als Gegner sieht. Erst 1938, als eine Partnerschaft mit England nicht zu haben ist und London deutlich werden läßt, daß es in einem Krieg der Zukunft wie 1914

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