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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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die polnischen Eroberungen Ostlitauens, Weißrußlands und der Ukraine um 1920 auf jene großlitauische Zeit zurück. Nach polnischem Verständnis handelt es sich dabei um Länder, die ihnen das zaristische Rußland

    Halecki, Seite 19 Putzgers, Seite 37

    Karte 18: Die Polnisch-Litauische Union vor der Ersten Polnischen Teilung

    in den „drei polnischen Teilungen" später abgenommen hat. Nichts desto trotz sind die Länder, die Polen 1920 im Osten annektiert, historisch betrachtet, eher ein „Erbteil" des kleinen Baltenstaates Litauen. Polens Forderungen nach weißrussischen und ukrainischen Gebieten unter Bezug auf die polnisch-litauische Union von 1386 ist in Anbetracht der Zeitabläufe und der Mittelbarkeit der Anspruchsgründe 1920 für die Sowjetunion deshalb auch so wenig überzeugend wie es 1920 ein Besitzanspruch der Dänen auf Norwegen und Schweden unter Rückgriff auf die Kalmarer Union von 1387 gewesen wäre.

    1410 unterliegt der Deutsche Orden in der Schlacht von Tannenberg – die bei den Polen Schlacht von Grunwald heißt – einem polnisch-litauischen Heer, womit

    der Niedergang der Macht des Ordens in Nordosteuropa eingeleitet ist. In der Folge kommen 1466 Pomerellen und das Ermland direkt zu Polen und dazu Ostpreußen unter Polens Lehen, wie man zu der Zeit eine Oberherrschaft nennt. Das polnische Lehen über Ostpreußen endet 1657, doch Pomerellen und das Ermland mit ihrer deutschen und kaschubischen Bevölkerung gehören nun für gut 300 Jahre zum Königreiche Polen. Sie kommen erst mit der 1. Polnischen Teilung 1772 wieder unter deutsche Herrschaft. So erklärt sich 1918 und danach Polens Anspruch auf die nach deutscher Ansicht deutschen Landesteile.

    In der 1. Teilung verliert Polen auch Galizien mit einer halb polnischen, halb ukrainischen Bevölkerung an Österreich.
    In der 2. und 3. Teilung 1793 und 1795 wird das Kernland Polens aufgeteilt. Das ist auch heute noch ein Schmerz für jeden Polen. Den Polen bleiben die drei Teilungen als Verlust des eigenen Landes in Erinnerung, auch wenn weit mehr als die Hälfte des aufgeteilten Landes eher Kolonien waren denn eigentliches Polenland. So ist die zweite Hälfte der tausendjährigen Geschichte Polens zunächst das Schrumpfen auf das Kernland und erst dann der Untergang des freien Polen.

    Polnisch-sowjetische Auseinandersetzungen

    Im Osten und im Norden geht der Streit um Gebiete, die zur Zeit der polnischlitauischen Doppelmonarchie dem großlitauischen Teil des Reiches angehörten. Sie liegen 1918 in Litauen, Weißrußland und in der Ukraine. Als nach dem Ende des Ersten Weltkriegs die deutschen Heereskräfte aus dem Baltikum und aus Westrußland zurückgezogen werden, rücken sowjetische Truppen bis nach Litauen im Norden und bis zum Bug in der Ukraine nach. Daraufhin greift Polen im Frühjahr 1919 die durch die Revolution geschwächte Sowjetunion und das inzwischen unabhängige Litauen an. Es erobert Wilna und drängt die sowjetischen Truppen bis weit nach Weißrußland und in die Ukraine zurück. 7

    Im Dezember 1919 mischen sich die Gründungsmächte Polens ein. Der „Höchste Alliierte Rat" der Siegermächte in Versailles bestimmt die Volkstumsgrenze zwischen Polen im Westen und den Weißrussen und Ukrainern im Osten zur Ostgrenze des neuen Staates Polen. Die Grenze verläuft nun von Nord nach Süd von Grodno über Brest-Litowsk und dann entlang des Flusses Bug. Sie ist nach dem Mann benannt, der sie vorgeschlagen hatte, nach dem britischen Außenminister Lord Curzon. Nach dem Teilungsspruch des Rates verlangen die Sowjets die Übergabe der ihnen zugesprochenen Teile Weißrußlands und der Ukraine auf ihrer Seite jener Curzon-Linie. Polen weigert sich, das frisch eroberte „Ostpolen" herauszugeben. Dem folgt ein Aufmarsch sowjetischer Heereskräfte in Richtung Polen. Polen tut ein gleiches nach Osten und greift Rußland ohne Kriegserklärung

    Die Daten und Fakten zur nachfolgenden Darstellung der polnisch-sowjetischen und polnischlitauischen Auseinandersetzungen sind der US-amerikanischen Enzyklopädie der Militärgeschichte von Dupuy and Dupuy entnommen, Seiten 991 ff

    Karte 19:1919 Polens Angriff gegen Russland

    an. Die Kämpfe wogen ein halbes Jahr lang hin und her. Im Mai 1920 erobern Polens Truppen die Ukraine bis nach Kiew. Im Juli gewinnt die sowjetische Armee die Oberhand. Sie schafft es, das Heer der Polen bis vor die Tore Warschaus zurückzuwerfen. In der Schlacht bei Warschau wendet sich das Blatt erneut, die Polen

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