Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
Vom Netzwerk:
von den Deutschnationalen
    bis zu den Kommunisten jemals die Grenze des Versailler Vertrages aner
    kennen würde." 57
    Stresemann, Friedensnobelpreisträger und Vater der deutsch-französischen Aussöhnung, drückt gleiches noch einmal am 14. Dezember 1925 in einer Grundsatzrede über die Locarno-Verhandlungen aus, in denen Frankreich seine Grenzen und der Besitz von Elsaß und Lothringen bestätigt worden ist:
    56

    Brief vom 7. September 1925 Kern, Seite 72
    „Der andere Komplex der Fragen war der der Ostfragen. Die Verpflich
    tung, von jedem Angriff abzusehen, sind wir im Westen eingegangen. Wir
    haben sie für den Osten abgelehnt. ... Der Völkerbund läßt den Krieg frei,
    wenn in politischen Fragen eine Einigung nicht zu erzielen ist. ... Ich stre
    be zwar keine kriegerischen Auseinandersetzungen an, schließe aber auch
    Grenzänderungen im Osten nicht aus, wenn die unmögliche Grenzziehung
    im Osten einmal Verhältnisse herbeiführen sollte, die dies erforderlich
    58
    machen."
    Im übrigen hat auch Großbritannien bei diesen Locarno-Verhandlungen eine Bestandsgarantie für die ehemals deutschen Gebiete zugunsten Polens abgelehnt.

    Der Konsens zur erwünschten Revision der deutschen Ostgrenze reicht ganz links nicht nur bis zu den deutschen Kommunisten. Er wird von den Kommunisten ganz Europas mitgetragen, bemerkenswerter Weise einschließlich der KP Polens. Die europäischen Kommunisten stehen in der Minderheitenfrage vor dem Zweiten Weltkrieg prinzipiell auf der Seite der „Unterdrückten". In der schon an früherer Stelle dieses Buches erwähnten Deklaration der Kommunistischen Parteien aus dem Januar 1933 wird das Selbstbestimmungsrecht aller aus dem ehemaligen Deutschen Reich abgetrennten Bevölkerungsgruppen gefordert und erforderlichenfalls die Rückkehr von Land und Menschen in das Deutsche Reich. Diese Deklaration spricht expressis verbis auch von Danzig, Oberschlesien und Westpreußen-Pomerellen. In Bezug auf Polen heißt es:
    „Die Konferenz stellt fest, daß das revolutionäre Proletariat Frankreichs,
    Italiens, Polens, Englands (usw.) ... einen schonungslosen Kampf gegen
    die imperialistische und kriegerische Politik der eigenen Bourgeoisie und
    gegen die nationale Unterdrückung entfaltet: ... gegen die Raubpolitik des
    polnischen Imperialismus gegenüber Danzig, gegen die nationale Unter
    drückung in Oberschlesien und Pomerellen ... Die Konferenz begrüßt den
    Kampf der KP Polens für das Recht der freien Selbstbestimmung der Be
    völkerung Oberschlesiens und des polnischen Korridors, der Westukraine
    und Weißrußlands bis zur Lostrennung von Polen und für das Recht der
    60 Danziger Bevölkerung zum freiwilligen Anschluß an Deutschland."
    Die Vorbehalte zur deutschen Ostgrenze und zum Status der Stadt Danzig bestehen in Deutschland also lange vor dem Regierungsantritt Adolf Hitlers. Sie sind keine Besonderheit nationalsozialistischer Außenpolitik. Es herrscht zu diesen Fragen eine sonst seltene Einigkeit aller Parteien im Deutschen Reichstag. Alle
    16 Reichsregierungen der Nachkriegszeit sehen neben ihrem Ziel, die deutschen Grenzen zu Polen bei Gelegenheit zu korrigieren, die Gefahr, daß Polen selbst noch weitere Gebiete Deutschlands annektiert. Die Eindeutigkeit und Häufigkeit polnischer Forderungen nach Ostpreußen, Pommern und Oberschlesien in

    Burneleit, Seite 31
ausdrücklich
Burneleit, Seite 33

    öffentlichen Reden, Zeitungen und auf Plakaten ist nicht zu übersehen. Deutschland, bis 1933 mit nur 10 Heeresdivisionen und ohne eine Luftwaffe, könnte Polen mit 30 Divisionen plus eigener Luftwaffe im Falle eines Angriffs auf eine der Provinzen militärisch nicht erfolgreich widerstehen. So versuchen die Regierungen bis hin zu Adolf Hitler, dem Druck der Polen durch eine umfassende Verständigung mit Frankreich und mit der Sowjetunion die Kraft zu nehmen.

    Polens militärische Gedankenspiele

    Polens Sicherheit beruht halb auf Verträgen, halb auf Militär. Sosehr der neue Staat anfangs Nutzen aus der Schwäche seiner großen Nachbarn zieht, so schwindet seine relative Truppenstärke mit den Jahren, bis 1939 nicht mehr viel davon geblieben ist. Von 1920 an unterhält Polen ein Heer von 30 Divisionen mit fast 300.000 Mann. Noch 1920 und 1921 kann Polen im Krieg mit der Sowjetunion die Truppen dieses großen Nachbarn schlagen und vermag es, sie fast aufzureiben. Auch der Nachbar Deutschland ist den Polen mit nur 10 Divisionen lange Jahre nicht gewachsen.

    Anfang der dreißiger

Weitere Kostenlose Bücher