Der Krieg, der viele Vaeter gatte
mit dem Präsidenten der Republik zum Nachgeben
122 123
bereit wären."
Damit schieben der tschechische Staatspräsident Beneš und der slowakische Ministerpräsident Hodscha die Verantwortung für die Entlassung der Sudetendeutschen aus ihrem Staatenverband zum zweiten Mal in einer Woche denen zu, die diese Deutschen 1919 in die Tschechoslowakei gezwungen haben, den Franzosen. Kurz nach dieser „Kapitulation" der tschechoslowakischen Führung erklärt die französische Regierung, – wie ihr nun von den Tschechen suggeriert – daß Frankreich nicht helfen werde, wenn es aufgrund einer Ablehnung des englischfranzösischen Plans durch die tschechoslowakische Regierung zu einem Angriff der Deutschen komme. Eine Ablehnung des englisch-französischen Plans führe zu einem Erlöschen des französisch-tschechischen Bündnisses 124
. Die englische Reaktion ist nicht minder klar. Sie lautet:
„Der französisch-britische Plan ist das einzige Mittel, den drohenden
deutschen Angriff zu verhindern. ... Wenn die tschechische Regierung sich
nach einer neuen Prüfung der Lage dennoch zur Ablehnung unseres Vor
schlags entschließt, bleibt es ihr natürlich überlassen, alle ihr geeignet er
scheinenden Maßnahmen zu ergreifen, um die daraus entstehende Lage zu
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meistern. ..."
Also, England und Frankreich lehnen ab, den Tschechen im Falle eines deutschen Angriffs beizustehen.
Am 21. September um 17 Uhr übergibt Außenminister Krofta den Botschaftern Englands und Frankreichs die endgültige Entscheidung der tschechoslowakischen Regierung und des Staatspräsidenten Beneš. Der englisch-französische Plan zur Abtretung der mehrheitlich von Sudetendeutschen bewohnten Gebiete wird darin „mit Bitternis" akzeptiert 126
. Der Weg ist frei für weitere Gespräche zwischen Chamberlain und Hitler.
122
Klammern enthalten Anmerkungen des Verfassers
123
Benoist-Méchin, Band 6, Seite 289
124
Benoist-Méchin, Band 6, Seite 290
125
Documents Brit. Foreign Policy, Third Series, Volume II, Document 991 126
Documents Brit. Foreign Policy, Third Series, Volume II, Document 1005
Das Treffen in Bad Godesberg vom 22. bis 24. September 1938
Hitler entschließt sich, Chamberlain dieses Mal auf halbem Weg entgegenzukommen. So ist der Ort des zweiten Treffens am 22. September Bad Godesberg bei Bonn am Rhein. Ministerpräsident Chamberlain berichtet Hitler von der nur mit Druck und Mühen erreichten Annahme des englisch-französischen Plans durch die Regierung der Tschechoslowakei. Er rechnet nun mit Hitlers Dank, doch der schiebt zu seiner Bestürzung zwei neue Forderungen nach. Die erste ist die nach gleichen Regelungen für die ungarische und die polnische Minderheit. Damit nimmt Hitler die Forderungen der italienischen, der polnischen und der ungarischen Regierung auf, die diese seit dem ersten Hitler-Chamberlain-Gespräch erhoben haben. Zum zweiten verlangt Hitler die sofortige Besetzung der mehrheitlich von Sudetendeutschen bewohnten Zonen durch die Wehrmacht innerhalb von nur vier Tagen und dementsprechend den Abzug von Polizei und Militär der Tschechoslowakei von dort.
Woher kommt Hitlers Eile so kurz vor dem Erfolg, der ihm doch offensichtlich jetzt so gut wie sicher ist? Hitler ist Dank des deutschen Abhördienstes 127
inzwischen über Entwicklungen informiert, die selbst Chamberlain nicht kennt. Zum einen hat der französische Minister Mandel Präsident Benes in dem schon erwähnten Telefonat aufgefordert, den Deutschen Widerstand zu leisten. Mandel hatte dabei „die Kanonen Frankreichs, Großbritanniens und der Sowjetunion" als Köder ausgelegt. Zum anderen hat die Prager Regierung auf Telefonleitungen, die durch das Reich verlaufen, offen mit den tschechischen Botschaftern in Paris und London darüber gesprochen, daß nun Zeit gewonnen werden muß, bis die Opposition in Frankreich und in England Daladier und Chamberlain stürzt und durch neue, kriegsbereite Regierungschefs ersetzt 128
. Hitler hat Kenntnis von der Kabinettskrise in Paris und ist sich der Gefahr bewußt, daß schon in Kürze statt des „Friedenspremierministers" Daladier ein neuer Premier aus dem Nest der Falken einen Konfrontationskurs gegen Deutschland fahren könnte. So hat es Hitler plötzlich eilig.
Die Konferenz von Godesberg droht, an Hitlers Nachforderungen schnell zu scheitern. Daß die Sorge des deutschen Kanzlers nicht ganz unberechtigt ist, erweist sich, noch während er mit Chamberlain verhandelt. Am Abend des ersten
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