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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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das englische
Bemühen, den Krieg um die Sudetenfrage abzuwenden, zunächst erneut ge
scheitert.

    In den Folgetagen steht Europa am Rande eines neuen Krieges. Die deutsche Wehrmacht ist mit sieben Heeresdivisionen aufmarschiert. Die tschechische Regierung lehnt die Godesberger Forderungen Hitlers – besonders wegen der verlangten Volksabstimmung – ab und bringt das Heer mit Reservisten auf 43 Divisionen 134
    . Die Regierung der Sowjetunion zieht sich trotz ihres Beistandspakts von der Tschechoslowakei zurück. Polen beharrt auf einer Übergabe des Teschener Industriegebiets. Ungarn verlangt die Abtretung der „ungarischen Gebiete" und Selbstbestimmung für die Slowaken und Ruthenen 135
    . Die Regierungen in Paris und London schwanken. Die Franzosen fordern Englands Waffenhilfe, und London merkt, daß Paris bisher militärisch selber nichts zur Rettung der Tschechoslowakei vorbereitet hat. Daladier und Chamberlain lassen trotz alledem nichts unversucht, Hitler vom Selbstvollzug des Sudetenanschlusses abzuhalten. Beide drohen unmißverständlich, gegen Deutschland Krieg zu führen, falls deutsche Truppen in die Sudetenlande einmarschieren 136
    . Die britische Regierung mobilisiert dazu ihre Flotte und teilt das der Reichsregierung mit, um der Drohung Nachdruck zu verleihen 137
    .

    Hitler beharrt darauf, daß die tschechische Regierung seine Godesberger Forderungen bis zum 28. September akzeptiert. Andernfalls – so seine Drohung – wer

    132
    Benoist-Méchin, Band 6, Seite 309
    133
    Documents Brit. Foreign Policy, Third Series, Volume II, Document 1092 134
    Görlitz, Seite 33
    135
    Roos, Polen und Europa, Seite 352
    136
    Henderson, Seiten 158 und 160
    137
    Churchill, Memoiren, Seite 395

    de die Wehrmacht die Sudetengebiete am 1. Oktober 1938 notfalls mit Gewalt besetzen. Doch trotz der Drohgebärden von zwei Seiten bittet Hitler Chamberlain in einem Brief um „weiterhin gute Vermittlungsdienste bei der tschechischen Regierung" und verspricht, „daß Deutschland die Tschechoslowakei nach Übergabe der Sudetengebiete in Ruhe lassen und ihre Unabhängigkeit in keiner Weise verletzen werde." 138

    Chamberlain läßt an diesem und an den Folgetagen nichts unversucht, eine kriegerische Auseinandersetzung um die Sudetenfrage zu verhindern. Noch am 27. September mahnt er Präsident Beneš drängend, die deutschen Forderungen anzunehmen. Er fügt hinzu, daß die Tschechoslowakei selbst nach einem gewonnenen Krieg nicht so wiederhergestellt werde, wie sie vorher war 139
    . Mit anderen Worten, selbst nach einem gewonnenen Krieg muß die Tschechoslowakei mit dem Verlust der Sudetenlande und vielleicht noch anderer Landesteile rechnen.

    Die Münchener Konferenz vom 29. und 30. September 1938

    Am Tag danach, am 28. September, teilt Chamberlain dann Hitler mit, er habe beim Lesen seines Briefes den Eindruck gewonnen, die deutschen Wünsche könnten auch ohne Krieg befriedigt werden. Er sei bereit, nach Berlin zu kommen und die anstehenden Probleme mit ihm und einer französischen und einer italienischen Delegation zu besprechen 140
    . Hitler reagiert zunächst nicht auf dies Angebot. Am gleichen Tag, dem Ablauftag des Ultimatums, schickt auch USPräsident Roosevelt ein Telegramm an Hitler und schlägt eine Konferenz aller interessierten Staaten zur Lösung der Probleme vor. Parallel dazu bittet Roosevelt den italienischen Staatschef Mussolini, Hitler umzustimmen und in der Sudetenfrage zu vermitteln. Die gleiche Bitte geht auch noch von Chamberlain an Mussolini. Auch der französische Ministerpräsident Daladier versucht, die Krise ohne Krieg zu lösen. Er läßt Hitler einen in Frankreich ausgearbeiteten Abtretungsplan für die Sudetenlande übermitteln 141
    , der zwar die hitlerschen Forderungen erfüllt, der allerdings nicht mit den Tschechen abgesprochen ist. Hitler geht auch auf diesen Plan nicht ein.

    Nun greift Mussolini ein. Es hebt sein Prestige, daß die USA und England ihn um Vermittlung bitten, und er sieht die Chance, sich dabei den Dank der Deutschen, der Polen und der Ungarn zu Lasten der Tschechen, Slowaken und Ruthenen zu verdienen. Mussolini bietet Hitler die Vermittlung in der Sudetenkrise an, und der „Führer", der im „Duce" seinen Partner sieht, nimmt ohne Zögern an. Hitler lädt die Staats- und Regierungschefs aus Rom, Paris und London für den Folgetag nach München ein. Die Prager Regierung wird aus London informiert,

    138
    Brief vom 27. September 1938, siehe Henderson, Seite

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