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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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154 ff

    Karte 12: Neue Außengrenzen der Rest-Tschechei ab dem 21. Oktober 1938

    französischen Vorschläge vom 19. September enthalten ist, betreffend eine internationale Garantie der neuen Grenzen des tschechoslowakischen Staates gegen einen unprovozierten Angriff.
    Sobald die Frage der polnischen und ungarischen Minderheiten in der Tschechoslowakei geregelt ist, werden Deutschland und Italien ihrerseits der Tschechoslowakei eine Garantie geben.
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    - Unterschriften –"

    In einer weiteren zusätzlichen Erklärung wird noch vereinbart, daß eine neue Konferenz der vier Mächte einberufen werden soll, falls das Problem der polnischen und der ungarischen Minderheit nicht innerhalb von drei Monaten gelöst sein sollte.

    Die deutsche Reichsregierung hat in München also keine Garantien ausgesprochen. Sie hat sie für den Fall versprochen, daß „die Frage der polnischen und ungarischen Minderheit in der Tschechoslowakei geregelt ist." So bleibt nun abzuwarten, ob sich dieser Fall ergibt. Nach der Schilderung des Wiener Schiedsspruchs soll dieser Faden in einem späteren Kapitel wieder aufgegriffen werden. Die zweite so wichtige Vereinbarung von München ist das Papier, das Chamberlain und Hitler unterzeichnen. Bei allen Vermittlungserfolgen Mussolinis bleibt es vor allem das Verdienst des englischen Premierministers Chamberlain, Europa im September 1938 den Weg in einen neuen Krieg erspart zu haben. Seine Besuche in Berchtesgaden und Bad Godesberg, sein mäßigender Einfluß auf die Regierungen in Paris und Berlin und sein Drängen gegenüber Prag haben letzt

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    Vertrags Ploetz, Teil II, Band IV, Seite 156
    endlich den Erfolg gebracht. Bei diesem Zerren um das Selbstbestimmungsrecht der Sudetendeutschen auf der einen Seite und den Besitzstand der Tschechoslowakei auf der anderen, bei diesem Pokern um Frieden oder Krieg hat sich bei Chamberlain ein tiefes Mißtrauen gegen Hitler eingestellt. So beschließt der englische Premier, den deutschen Kanzler mit einer weiteren Erklärung für die Zukunft festzulegen. Nach der Konferenz bittet Chamberlain Hitler um ein vertrauliches Gespräch unter vier Augen. Er bietet dabei an, die deutsch-britischen Beziehungen „in dem Wunsch, niemals wieder Krieg gegeneinander zu führen" auf ein neues Fundament zu stellen und zukünftige Streitigkeiten auf dem Wege britisch-deutscher Konsultationen zu bereinigen. Das Angebot ist schriftlich in Form einer Erklärung formuliert, und Chamberlain bittet Hitler, diese Erklärung gemeinsam mit ihm zu unterschreiben. Hitler, noch dankbar für Chamberlains Entgegenkommen am Tag zuvor, unterzeichnet, ohne daß er offensichtlich dabei ahnt, wozu ihn das verpflichtet. Die Unterschrift und die Verpflichtung holen Hitler wieder ein, als er sechs Monate danach den Rest der im Zerfall begriffenen Tschechoslowakei ohne Englands Mittun zum deutschen Protektorat erklärt.

    Noch während die tschechische Regierung in Prag berät, ob sie ihr „Diktat von München" akzeptieren soll, meldet sich der polnische Botschafter mit einem Ultimatum und verlangt die Herausgabe des Teschener Gebietes innerhalb von nur zwölf Stunden. Im Weigerungsfall – so droht die polnische Regierung – werde der Tschechoslowakei der Krieg erklärt. Die Tschechen geben nach und Teschen wechselt den Besitzer. Dieser Vorgang hat später für Polen und für Deutschland schwere Folgen. Warschau bricht mit seiner Drohung den Kellogg-Pakt von 1928 sowie das Litwinow-Protokoll von 1929 und verursacht damit obendrein die Auflösung des polnisch-sowjetischen Beistandspakts von 1932. Drei Verträge, die Polen 1939 hätten schützen können. Für das deutsch-polnische Verhältnis ist von Bedeutung, daß die polnische Regierung zunächst die Erwartung hegte, Teschen auf der Konferenz von München mit deutscher Hilfe zu erhalten. Nach dem Selbstvollzug ohne deutsches Zutun sieht man in Warschau später keinen Grund mehr, den Deutschen dafür in der Danzig-Frage Dank zu zeigen. Dies wiederum ist die Erwartung, die Hitler an die Polen hat.

    Die Heimkehr der Sudetendeutschen ist ein Erfolg mit Beigeschmack und Folgen. Sie war nur mit deutschem Druck und deutscher Drohung möglich, und sie hat offenbart, daß der Politiker Hitler bereit ist, für seine Ziele Krieg zu führen. Des weiteren hat der Anschluß der Sudetendeutschen die Mächte aufgebracht, die diese drei Millionen Menschen einst gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker und gegen ihren Willen in die Tschechoslowakei

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