Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)
nur auf Sigurd und die anderen Acht geben?,
dachte Lemdred noch in seinem tiefsten Innern, während sein Leben im Zeitraffer an ihm vorüberzog.
Fassungslos und zu jeder Äußerung unfähig, beobachteten Faramon, Neimo, Fredi, Hermeline, Pandialo, Alva, Lotan, Sigurd und Cord, wie ihr menschlicher Gefährte gemeinsam mit dem kopflosen Ungetüm in die Untiefen der wie zu einem gewaltigen Maul geöffneten Schlucht segelte. Mit einer schrecklichen Langsamkeit schien Lemdred immer tiefer zu fallen, bis er von dem undurchdringlichen Dunkel, das dort schwamm wie eine kalte See, letztendlich verschlungen wurde. Die steinernen Wände zur Rechten und Linken hallten noch für einige Zeit von seinem Schreien wider, dann erstarb auch dieses.
Wieder waren sie, wie schon nach Hamafins Tod in den Marschen, einer weniger und darum noch schwächer und verwundbarer geworden. Auf was hatten sie sich da nur eingelassen?
Ein majestätisches Brüllen erklang und riss die Gefährten aus ihrer entsetzlichen Trauer. Ein dunkler Wolkenberg nahm über der Zinne des hinter ihnen liegenden schwarzen Berges Gestalt an und bildete eine noch schwärzere Form vor dem verdunkelten Himmel. Zugleich verfielen die Gargoyles in ein furchtsames Kreischen, und völlig unerwartet ließen sie von ihren Feinden ab. Alle, die von den geflügelten Kreaturen noch übrig waren, flatterten hernieder und landeten nebeneinander auf der Kante der Brücke. Und dies taten sie nicht, um eine weitere Angriffsserie zu fliegen, sondern um anschließend wieder zu reglosem, stummen Stein zu werden. Ungläubig beobachteten die Menschen, die Mucklins und der Elb daraufhin, wie die Haut der Geschöpfe erstarrte, so als ob sie in einem winterlichen Gewässer zu Eis gefror, wobei ihr jeweils letzter Gesichtsausdruck auf ihren versteinerten Mienen zu lesen blieb. Schließlich waren sie wieder Statuen – finstere und bedrohliche Werke zwar, keine solchen, die man sich gerne ins Wohnzimmer oder auf den Balkon stellen würde, aber dennoch nichts weiter als zeitweilig lebloser und damit ungefährlicher Stein.
Das Brüllen, dem unschwer erkennbar eine gewaltige, unbeherrschte Wut innewohnte, wiederholte sich, hallte von den umliegenden Gipfeln und Felswänden wieder und schien sogar das Unwetter einzuschüchtern. Zwar regnete es noch immer, doch lange nicht mehr so stark wie zuvor, und auch von Blitz und Donner war vorerst nichts mehr zu sehen.
Dann schob sich die schwarze Masse noch näher zu ihnen heran und verlor an Höhe, sodass die verbliebenen Angehörigen der Gemeinschaft nun erkennen konnten, um was es sich dabei handelte. Gorgon, der alte Drache, kam herbei, um sich das zurückzuholen, um was man ihn betrogen hatte. Immerhin hatte er sich ganz schön Zeit gelassen.
„Gebt mir mein Eigentum zurück, Ihr unwürdigen Betrüger, dann werde ich Euch mit einem raschen Tod beschenken!“, donnerte der Herr Kull-Falûms, während er im Flug innehielt und die zweibeinigen Wesen auf dem Übergang mit seinen wutverzerrten Pupillen anstarrte. Besonders beunruhigend fanden die Gefährten, dass das riesige Maul ihres Gegenübers weit aufstand und damit sozusagen auf sie zielte, denn eine Kostprobe seines Feuerbrodems hatten sie ja schon bekommen.
Konnten Drachen eigentlich immer und am laufenden Band Feuer spucken oder mussten sie sozusagen nachladen und konnten das nur solange, bis ihnen die Munition ausging, ähnlich einem Bogenschützen, der ja auch nicht endlos viele Pfeile im Köcher bei sich trug?
Die Beantwortung dieser und anderer Fragen, die man angesichts der jetzigen Situation als mehr oder weniger wichtig bezeichnen konnte, musste fürs erste einmal unterbleiben, denn zunächst galt es, aus diesem Schlamassel irgendwie mit dem Leben rauszukommen. Aber was tun, so ganz ohne Schutz vor dem Schlund eines gewaltigen Drachen, der noch dazu ein wenig verärgert aussah?
„Also gut, Ihr habt gewonnen! Neimo, sei so freundlich und gib unserem Freund die beiden Edelsteine, die sich irgendwie in deine Tasche geschmuggelt haben. Du weißt schon. Offenbar liegt hier ein bedauernswertes Missverständnis vor, und wir wären keine vertrauenswürdigen Ehrenleute, wollten wir dasselbe nicht unverzüglich aus der Welt schaffen“, sagte Lotan der Heiler. Immerhin hatte der alte Zauberer den Anfang damit gemacht, überhaupt
irgendetwas
zu tun. Aber was genau hatte er vor? Wenn er und der Mucklin es wirklich fertiggebracht hatten, die Steine Aldus aus der Drachenhöhle zu schaffen, wie
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