Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Titel: Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
Vom Netzwerk:
hinaus besaß er einen solch starken Willen, dass er damit Macht und Einfluss über seine Artgenossen auszuüben vermochte. Nur seiner Gutmütigkeit war es daher zu verdanken, dass die verschlagenen, neidgeplagten Bäume, die hier sonst noch wuchsen, arglosen Wanderern, die sich in ihren Dickichten verirrten, nicht noch mehr Schaden zufügten, wie sie es ohnehin schon taten.
    „Seid gegrüßt, großer Vello Wisantor!“, begann Faramon zu dem Baum zu sprechen. Zu einem Baum sprechen! Für Sigurd hatte die Szene etwas Verrücktes, das war nicht zu leugnen. „Neben meiner Wenigkeit erbringen dir Hamafin von unserem Volk und sechs Menschen, die wir zur Zeit unsere Gäste nennen dürfen, ihre Ehrerbietung. Leider ist der Grund unserer Aufwartung nicht ganz so erfreulich, denn wir hoffen, mit Hilfe deiner Weisheit etwas ganz Bestimmtes zu erfahren.“
    Nach wenigen Augenblicken der Stille wurde aus einem der wenigen, von Wülsten umrahmten Löcher, die den mächtigen Baumstamm zernarbten, ein tiefes Röcheln und Räuspern ausgestoßen. Ein warmer Atemhauch (der nicht gerade frisch roch) fächelte den Besuchern über die Gesichter. Zugleich flackerte in zwei weiteren Höhlungen, die weiter oben saßen, etwas Helles und Rundliches auf, das entfernt an Pupillen erinnerte, die in tiefen Augenhöhlen saßen.
Kann es sein, dass der Stamm ausgehöhlt ist und sich in ihm Elben oder andere Spaßvögel aufhalten und sich in diesem Moment vor Lachen fast die Bäuche halten?,
dachte Sigurd.
    „Nun“, tönte es danach mit einer tiefen, langsamen, sich nach verstopfter Nase anhörenden Stimme, „Wissen habe ich mir in den unzähligen Jahren meines Lebens in der Tat erworben, aber was ist mit der Weisheit, von der du sprichst, Faramon? Nur wer reichlich gekostet hat vom Nektar des Wissens, der vermag zu erkennen, wie gering jedes Maß an Wissen, das wir vergänglichen Wesen für uns erlangen können, im Vergleich zu der Größe Mundas und der allgegenwärtigen Macht des Einen ist. Wenn Ihr die Erkenntnis der eigenen Begrenztheit mit Weisheitgleichsetzt, dann mögt Ihr recht behalten, wenn Ihr mich so heißt. Meint Ihr damit jedoch, dass ich Euch durch eine Art überlegenes Wissen oder eine wie auch immer geartete Macht zum Sieg verhelfen kann über einen überlegenen Gegner, dann werdet Ihr mit Enttäuschung von mir gehen. Alles, was ich Euch geben kann, ist demnach guter Rat in manchen Dingen und eine Weitergabe manch dessen, was mir zu Ohren gekommen ist.“
    Wenigstens das wäre schon einmal geklärt
, dachte Sigurd weiter.
Aber was meint er bloß mit „zu Ohren gekommen“? Wo hat dieser Baumtyp überhaupt seine Ohren? Oder dienen ihm einige der kürzeren, steckenartigen Zweige, die zwischen den größeren Ästen seitlich von ihm abstehen, als Hörrohre, wie sie alte Leute benutzen?
    „Damit allein wäre uns schon vortrefflich gedient. Die Angelegenheit, um die sich unsere Sorgen ranken, betrifft das simbelya pennín, denn es wurde meiner Mutter gestohlen letzte Nacht. Sofern nicht ein Einheimischer für die Tat verantwortlich ist, was wir nur zu gerne ausschließen würden, muss sich demzufolge ein Unbekannter durch den Stillen Wald bis in das Haus meines Vaters geschlichen haben und auf dem gleichen Weg wieder geflüchtet sein. Hamafin hat heute Morgen einige Spuren gefunden, die Spuren von kleinen, beschuhten Füßen, wie er sagt. Der Dieb muss sehr leicht gewesen sein, denn die Eindrücke waren nicht tief und kaum zu sehen und lagen außerdem weit auseinander, was dafür spricht, dass er sich flink und mit großen Sprüngen fortbewegte. Wir hegen einen gewissen Verdacht, doch da uns dieser so unwahrscheinlich erscheint, wollten wir uns zunächst vergewissern, ob du nicht über weitere Erkenntnisse darüber verfügst“, berichtete Faramon im Anschluss daran.
    „Hmmm, etwas geschieht dort draußen in der Welt, das ist mir schon seit einiger Zeit bewusst. Unselige Einflüsse, die man fälschlicherweise überwunden glaubte, drängen an die Oberfläche zurück und lassen bereits neues Unheil erahnen. Dabei scheinen sie dieses Mal noch geschickter vorzugehen als zuletzt und ein Netz aus Verwicklungen zu spinnen, anstatt plump anzurennen und ihre Stärke zu frühzeitig zu verraten. Bei dem, was Ihr wissen wollt, ist die Antwort allerdings einfach, denn ich kann Euren Verdacht nur bestätigen. Ihr könnt mir glauben, dass ich selbst genauso überrascht war wie Ihr, als mir die Bäume und Tiere des Waldes zur Mitternachtsstunde

Weitere Kostenlose Bücher