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Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Titel: Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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solange warten zu lassen, von guten Manieren ganz zu schweigen!
    Na ja, um der Wahrheit die Ehre zu geben, es ist mir zu Ohren gekommen, dass der alt gewordene Dickwanst sich momentan ein wenig unpässlich fühlt, und damit meine ich nicht, dass er vor lauter Durchfall nicht vom Klo ’runterkommt oder ihn andere weibische Plagen von seinen Pflichten abhalten. Vielleicht würde das ein Arzt fachmännisch so ausdrücken: er weiß gerade nicht, wo ihm der Kopf steht. Kran, wärst du bitte so freundlich, dies unseren Partnern ein wenig bildhafter zu verdeutlichen? Du bist darin etwas geschickter als ich.“
    Hwoldor, wie der schwarzbärtige Mann mit dem breitkrempigen Hut hieß, war im Gegensatz zu den meisten seiner Tischnachbarn kein Einwohner Luth Goleins, sondern stammte von der sogenannten Piratenküste. Die Piratenküste lag ganz im Süden Arthiliens und beherbergte eine Vielzahl von Menschen, die sich von den zivilisierten Reichen ihrer Artverwandten schon vor langer Zeit abgewandt hatten und die ihren Lebensunterhalt seither mit Viehzucht und Fischfang, vor allem aber mit allen möglichen krummen Geschäften bestritten. Diebstahl und Hehlerei waren sicherlich nur die harmlosesten davon. Obgleich die Piraten, wie sich die Schurken selbst gerne nannten, in Rhodrim ein stricktes Einreiseverbot besaßen, wusste doch jeder, dass sie in die Machenschaften der Unterwelt Luth Goleins tief verstrickt waren.
    Was neu war, war die Tatsache, dass einer der Bewohner der Piratenküste sich anmaßte, unter anderen Gaunern derart ungeniert das Wort zu ergreifen. Dies war allein schon deshalb nie der Fall gewesen, da die verschiedenen Piratenfamilien seit jeher untereinander verfehdet waren und jeder neidisch darüber wachte, dass kein anderer im Namen aller Bewohner der Piratenküste zu sprechen wagte oder sich sonst wie eine herausragende Stellung verschaffte.
    Solche Gedankenspiele standen bei Schwarzbarts Gesprächspartnern jedoch vorerst ganz weit hinten an, denn zunächst einmal zuckten selbst die Unerschrockensten von ihnen ängstlich zusammen, als sie den Leibwächter des Piraten in voller Größe erlebten. Der Bursche, der auf den Namen Kran hörte und sich auf Hwoldors Anweisung erhob, war nämlich so ziemlich dergrößte Mensch, der ihnen allen jemals begegnet war, und ganz dazu passend war sein Körper ein einziges Gebirge aus Muskelfleisch. Annähernd drei Zentner durfte er, vorsichtig geschätzt, durchaus auf die Waage bringen, und dies ohne ein einziges Gramm Fett an Bauch oder Hüften erkennen zu lassen. Seine lange, schwarze Haarmähne unterstrich sein unbeschreiblich wildes, ungezähmtes Gebaren, das fürwahr mehr an ein wildes Tier gemahnte oder einen Oger, den man zu lange in einem Käfig gehalten hatte. Das Fürchterlichste an ihm war jedoch sein Gesicht, das nicht wenig an eine von einem Erdbeben verwüstete Landschaft erinnerte, denn es war zerklüftet wie ein Steinbruch und mit weißen Narben durchzogen wie eine Granitschicht mit Verwerfungslinien. Die Haare seines schütteren Barts lagen wie trockenes Moos auf seinem klobigen Kinn, und seine breiten Zähne füllten das Blickfeld eines Betrachters wie eine Reihe Grabsteine.
    „Ein Barbar aus dem Norden!“, flüsterte manch einer, und damit hatten die Betrachter gar nicht unrecht. Kran stammte nämlich in der Tat aus den kalten, nördlichen Landen, wo er unzählige Schlachten und Fehden bestritten hatte, und gehörte nun zu denjenigen seines Volkes, die ihre Dienste mit dem Schwert meistbietend verhökerten.
    Doch der nächste Schock sollte noch ungleich größer sein. Der Barbar legte ein Bündel auf den Tisch, entrollte das Tuch und nahm daraus einen abgetrennten menschlichen Schädel hervor. Als er das Körperteil an den Haaren packte und an seinem ausgestreckten Arm in die Luft hielt, sodass es von jedermann gut gesehen werden konnte, fegte ein raunendes Entsetzen wie eine kalte Sturmböe durch die Runde. Obwohl das dicke, feiste Antlitz vor Todesangst verzerrt war und den großen Mund zu einem letzten Schrei geweitet hatte, erkannten alle die Züge von Jabbath, dem Gaunerkönig. Nun war also wenigstens geklärt, weshalb man vergeblich auf ihn gewartet hatte, denn ein Sack über dem Kopf und ein Fehlen des hinzu gehörigen Leibes war als Entschuldigung fraglos ausreichend.
    Nachdem alle Anwesenden den Schädel lange und eingehend genug betrachtet und den Höhepunkt ihres Erschreckens überwunden hatten, warf Kran das leblose Dinge auf die

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