Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition)
auf dem Boden umher. Überall, wo die schwarz, grün oder braun geschuppten Schlangenleiber einschlugen, glühte und dampfte es, und rußgeschwärzte Stellen blieben wie blutende Wunden zurück.
Dann trat das Unvermeidliche ein. Hermeline war gerade über einen der rot leuchtenden, gewundenen Blitze hinweg gesprungen, als sie wieder auf dem Boden aufsetzte und sich ihr Fuß in einer langen Goldkette verfing. Unweigerlich stürzte sie und fiel auf den Rücken, und zu allem Überfluss kam auch noch eine kleine Lawine aus Juwelen und Schmuckstücken von dem aufgetürmten Schatzberg heruntergekullert und begrub sie halb unter sich. Unfähig, sich auf die Schnelle selbst zu befreien, sah sie sich des fratzenhaft grinsenden Angesichts Arcamantors gegenüber, der in wenigen Schritt Entfernung seinen Stab in ihre Richtung senkte und sie damit anvisierte.
„Dich werde ich als erste lehren, was Gehorsam gegenüber einem Schamanen bedeutet! Koste nun den Brodem der Schlange, du törichter Winzling!“ Kaum hatte der alte Mann zuende gesprochen, da entfuhr seinem schwarzen Stab auch schon ein neuerlicher Blitzstrahl in Schlangengestalt, sprang rot glühend wie ein lebendig gewordenes Feuer nach vorne und suchte, seine Fänge in den zierlichen Körper der Mucklin zu schlagen.
Im nächsten Moment allerdings schrie der Istari unversehens lauthals auf, ließ seine Waffe, die ihm die Hand versengte, fallen und schlug wie ein Wahnsinniger nach Leibeskräften um sich, als ihn nämlich ein Wust aus zahlreichen Schlangenleibern, die er selbst beschworen hatte, umhüllte und ihn zu verschlingen drohte.
Hermeline hatte aus einem Instinkt heraus im letzten Augenblick nach einem beliebigen Gegenstand gefasst, der unmittelbar neben ihrem Kopf gelandet war, und ihn sich vors Gesicht gehalten, als der lohende Strahl mit dem Kopf einer Schlange vorneweg über sie kam. Durch puren Zufall (oder war es vielleicht doch der Wille des Einen?) hatte es sich dabei ausgerechnet um einen wunderbar klaren Spiegel, der in einer kostbaren Kristallfassung steckte, gehandelt, und dieser hatte die Flammen zurückgeworfen und gegen ihren Urheber gewandt.
Dann, als Arcamantor noch immer mit seinem eigenen Zauber kämpfte und dabei fluchte wie eine Bande der übelsten Halsabschneider aus den Gossen Luth Goleins, zerbarst mit einem Mal die Eingangstür in einem Splitterregen. Für eine Sekunde hegten die Mucklins die Befürchtung, ein neuerliches Übel, irgendein von dem Schamanen beschworener Dämon vielleicht, habe sich den Weg zu ihnen gebahnt, doch statt einer weiteren Heimsuchung erschien die massige Gestalt Cords im Türrahmen. Die freudige Erkenntnis, dass es ihr Barbarenfreund war, der die Bernsteinpforte mit seiner muskulösen Schulter aufgerammt hatte, entfaltete sich in Neimo, Fredi und Hermeline wie ein Schmetterling, der aus seinem dunklen Kokon schlüpfte und sein neu gewonnenes Leben begrüßte.
„Cord!“, riefen die beiden männlichen Mucklins ihre Freude gleichzeitig heraus, während sich eine grünhäutige Gestalt neben den Barbaren schob.
„Macht, dass Ihr hier herauskommt! Wir dürfen keine Zeit vergeuden!“, zischte Piruk, der nicht gerade in Feierlaune zu sein schien. Und auch bei Sigurd und Faramon, die ihre Köpfe anschließend zu einem neugierigen Blick in die Kammer steckten, verhielt sich dies nicht anders, wie ihre Mienen zeigten.
Die Gefährten waren gerade allesamt im Begriff, die Kammer zu verlassen, als sie bemerkten, dass es Arcamantor hinter ihnen gelungen war, sich von dem ihn umwogenden Schlangenest zu befreien und dieses wieder zu schwarzem, wirkungslosem Rauch werden zu lassen. Seines Zauberstabes beraubt und ausgezehrt und nun noch viel älter als zuvor erscheinend, fiel der Schamane auf die Knie und keuchte vor Erschöpfung und Schmerz. Dann jedoch erhob erseine zitternde Stimme zu einer letzten Schandtat:
„Gold, mit schwarzem Blut besudelt und mit einem Fluch verwoben,
Mauern, von Erinnerungen gequält und von Schatten durchtränkt,
Stein, aus Staub und Sand geboren, Stein – WIEDER WERDEN SOLLST DU ZU STAUB!“
Kaum war das Gemurmel des Istari verklungen, da begann ein Beben durch das alte, früher einmal großartige Gemäuer zu rollen. Neimo, Fredi, Hermeline, Faramon, Sigurd, Piruk und Cord begannen zu laufen, und bald wurde das trübe Licht der Fackeln, das sich in den Schätzen der Goldkammer brach, hinter ihnen schwächer, bis sich die Dunkelheit schließlich völlig um sie herum schloss. Ohne
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