Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition)
dich hat das Goldfieber gepackt.“
„Ist mir egal, ich will auf alle Fälle meinen Teil von dem Schatz haben!“
Noch ehe sich Neimo eine passende Antwort ausdenken konnte (denn er war sich gar nicht so sicher, ob er von dem Schatz überhaupt etwas haben wollte), erklang plötzlich eine fremde Stimme, die sie – wie man sich vorstellen konnte – wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf und vor Schreck zusammenfahren ließ. Wer konnte auch damit rechnen, dass man an diesem abgelegenen, vergessenen Ort ein anderes sprechendes Lebewesen treffen würde?
„Einen Teil des Schatzes habt Ihr Euch wahrlich verdient, wie ich meinen will, denn Ihr seid die Ersten, die seit langer Zeit den Weg hierher gefunden haben. Doch warum Euch mit einem Teil zufrieden geben, wenn Ihr alles haben könnt? Die Istari, die diese Reichtümer gehortet haben, sind allesamt längst tot, und weder Orks noch Talúregs machen sich etwas aus Gold und Juwelen.“
Jetzt erkannten die beiden Mucklins endlich, wer sich mit ihnen in dieser Kammer befand und sie angesprochen hatte. Ihr Gegenüber kauerte rechts von ihnen am dortigen Fuß des Schatzhügels und hob seinen Kopf, damit man nun sein Gesicht sehen konnte. Sonderlich bedrohlich sah er nicht gerade aus. Der Fremde sah vielmehr aus wie ein junger Mann mit einem kränklich bleichen Gesicht, dünnen Armen und einem fiebrigen Blick. Am Oberkörper trug er eine dunkle Weste, deren goldene Stickereien nur noch zu erahnen waren, und ein einstmals wohl weißes Hemd darunter. Unter seiner schwarzen Kniebundhose, die ihm viel zu groß zu sein schien, sahen Stiefel aus weichem Filz hervor, die vielleicht einmal rot gewesen waren, jetzt aber zu einem braunen Einerlei verblasst waren. Der Mann zitterte leicht, was kaum an der Witterung liegen konnte, da es hier drinnen weder zu warm noch zu kalt war. Außerdem blieben seine Augenlider die ganze Zeit über halb geschlossen, wie wenn eine unendliche Müdigkeit und Trägheit auf ihm lastete. Neimo dachte sofort, dass er nicht nur kränklich wirkte, sondern etwas Eigenartiges an ihm war, doch kam er vorerst nicht drauf, was das wohl sein konnte. Auf jeden Fall fand er es merkwürdig, dass sie den Fremden nicht sogleich bemerkt hatten, auch wenn sie durch all das Gold zugegebenermaßen ein wenig abgelenkt waren.
Auf jeden Fall blieb Neimo zunächst nichts anderes übrig, als die unvermeidliche Frage zu stellen: „Wer um alles in der Welt seid Ihr?“
„Das könnte ich Euch ebenso fragen“, erwiderte der Jüngling mit zaghafter Stimme. „Obwohl der Verdacht, dass Ihr große Schatzsucher seid, ja wohl sehr nahe liegt. Mein Name ist
Junos
. Und man hat mich – ich weiß schon nicht mehr, wie lange das her ist – in dieser Kammer eingesperrt und mich dazu verdammt, den Schatz von Bel Helim zu behüten, bis es einer rechtschaffenen Seele gelingen sollte, bis hierher vorzudringen und mich von meinem Bann zu entbinden. Nach all der Zeit kann ich noch gar nicht glauben, dass es an diesem Tag nun endlich soweit sein soll ...“
Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Kerl
, dachte Neimo zum wiederholten Mal.
Es kommt mir so vor, als ob er sich hinter irgendetwas versteckt und dahinter hervorblickt. Aber natürlich kann das auch bloß damit zusammenhängen, dass ihn die lange Zeit in der Einsamkeit ein wenig verrückt gemacht hat.
„Nun,
rechtschaffene Seelen
ist unser zweiter Vorname! Wir sind nämlich ehrenwerte und höchst angesehene Mucklins aus dem fernen Arthilien, und Neimoklas und Frederikus sind unsere Namen, oder für unsere Freunde einfach Neimo und Fredi! Also, was mich betrifft, so seid Ihr von Eurem Bann entbunden und wir übernehmen von nun an die volle Verantwortung für diese Schätze! Könnt Ihr uns vielleicht trotzdem noch beim Tragen helfen?“, quasselte Fredi drauflos, der anscheinend an nichts anderes mehr als an das viele Gold denken konnte.
„Sind wir da nicht ein bisschen voreilig, Fredi? Ich meine, der Schatz liegt schon so lange hier, und kommt es dir nicht auch komisch vor, dass ihn noch keiner gefunden hat? Wir sollten vielleicht doch zuerst unsere Freunde fragen“, meinte Neimo im Flüsterton.
„Ich glaub’, ich verhör’ mich wohl! War es nicht deine Idee, in diesem alten Gemäuer herumzustöbern und auf Schatzsuche zu gehen? Und jetzt, wo wir endlich kurz vor dem Erfolg stehen und für den Rest unseres Lebens ausgesorgt haben, kommst ausgerechnet du ins Grübeln!?“
„Was Ihr mit dem Schatz anstellen wollt, wenn Ihr
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