Der Krieg der Zauberer, Band 3: Die Rückkehr nach Arthilien (German Edition)
massive Haltebolzen, der das Türblatt im Rahmen verankerte, aufsprang. Ein einfacher Stoß genügte, und die Tür schwang knarrend nach außen und wies einen Ausweg aus der tödlichen Falle, die im Innern der Nekropole gerade am Zuschnappen war.
Die Wände der Halle der verlorenen Seelen waren indessen so weit zusammengerückt, dass kaum noch zwei Leiber nebeneinander Platz fanden. So bildeten die neun notgedrungen eine Kette und liefen, hopsten und sprangen mit größtmöglicher Hast aus dem einstmals großen Raum in den angrenzenden Teil des Höhlenwerkes hinein.
Als der Tunnelblick, zu dem sich ihr Sichtfeld im Angesicht des nahen Todes verengt hatte, sie allmählich wieder freigab und sie sich an das wenige, schwammige Licht, das ihre Umgebung beleuchtete, gewöhnt hatten, erkannten sie mit einer kaum zu überbietenden Verblüffung, wohin sie auf den Irrwegen, die hinter ihnen lagen, geraten waren: sie befanden sich in eben derjenigen Kaverne, in deren hinteren Ende sich der See ausbreitete, den sie mit den leuchtenden Raubfischen auf der Pelle schwimmend durchquert hatten. Genau gegenüber von ihnen hob sich gegen den gewöhnlichen Fels die schwarze Pforte ab, hinter der sie die schlummernden Kroaks gesehen hatten. Demnach waren sie die ganze Zeit über im Kreis gelaufen und soeben durch diejenige Tür getreten, die Neimo zuvor hatte öffnen wollen, was die anderen ihm allerdings verboten hatten. Allem Anschein nach wäre dieser Weg somit einer erheblichen Abkürzung gleichgekommen. Einer Abkürzung ohne Raubfische, der Gefahr des Ertrinkens und mit einem bequemen Fluchtweg vor den näherrückenden Höhlenwänden.
„Ein angeberisches Wort, und ich vergesse mich!“, platzte Hermeline heraus, als Neimo gerade den Mund öffnen wollte.
„In so einer Situation kann jeder dumme Spruch der letzte sein, da geb’ ich der Rothaarigen recht“, fügte Sigurd, noch immer ein wenig außer Atem, hinzu. Hinter ihnen war derweil ein lautes Rumms zu vernehmen, was darauf zurückzuführen war, dass die beiden Basaltplatten donnernd gegeneinander stießen und danach endlich stillstanden.
Angesichts der warnenden Blicke der anderen (selbst Faramon schien nicht gerade zu Späßen und überbordendem Verständnis aufgelegt zu sein), entschied sich Neimo, seine Bemerkung herunterzuschlucken und den dummen, oberschlauen Spruch, der ihm zugegebenermaßen auf der Zunge brannte, einstweilen für sich zu behalten.
Hoffentlich werden sie von jetzt an wenigstens in Zukunft auf mich hören!, dachte der Mucklin trotzig. Vor allem aber war er hochzufrieden darüber, dass er in buchstäblich letzter Sekunde den Kampf gegen das widerspenstige Türschloss gewonnen hatte.
Was er hingegen noch immer nicht so recht wusste, war, ob es eine gute Idee gewesen war, sich zum Träger dieser komischen Engelssteine bestimmen zu lassen. Nun hatte er endlich alle drei davon in seiner Tasche, was nichts daran änderte, dass er keinen blassen Schimmer besaß, was er damit eigentlich anstellen sollte. Der einzige, der ihm in dieser Hinsicht vielleicht ein paar nützliche Tipps geben könnte, war der gute Lotan, dessen Schicksal in diesem Augenblick allerdings am seidenen Faden hing und in den Händen der Talúregs lag. Zuerst einmal raus aus diesem Labyrinth – dann sehen wir weiter. Die schlimmsten Gefahren dieser Grüfte dürften auf jeden Fall hinter uns liegen, sagte er sich und zwang sich zu einem Lächeln. Dabei war sich jedoch selbst nicht so sicher, ob seine Zuversicht nicht etwas voreilig war.
Sechstes Kapitel: Das Eidolon
Die Angehörigen der Gemeinschaft waren gerade im Begriff, die große Höhle zu verlassen und zum Ein- und Ausgang zurückzugehen, als Fredi, der zuhinterst ging, noch einen Blick zurück wagte. Zunächst war er sich nicht ganz sicher, da die Dunkelheit die Kaverne fest im Griff hatte, doch dann meinte er tatsächlich, eine Bewegung von irgendetwas Großem zu erhaschen. Und als er sich dann ganz sicher war und sein Blick die Augen des fremdartigen Ungetüms, um das es sich zu handeln schien, traf, entrann ein greller Schrei seiner Kehle. Gleich darauf wand sich die vermeintliche Kreatur ab, und ihre verzerrten Schattenrisse tauchten mit einem Plätschern in den brodelnden See ein.
„Was ist denn nun schon wieder los? Kann man hier nicht mal eine Minute seine Ruhe haben?“, fragte Sigurd unwirsch.
„Haben sich die Kroaks aus ihrer Kammer erhoben und mit ihrem Spuk angefangen?“, fragte Neimo hingegen, der diesen
Weitere Kostenlose Bücher