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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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Metallbecher und kehrte zu seinem Stuhl zurück, wobei er an dem bitteren Gebräu nippte.
    Während Brys sich um eine Übernachtungsmöglichkeit im Gasthaus kümmerte, nahm Odosse auf einem Stuhl in der Ecke Platz. Sie war müde bis auf die Knochen und hungerte nach den Bildern und Geräuschen menschlicher Gespräche, aber sie war auch nervös wie eine Katze, die sich über einem Hundezwinger an einen Zweig klammerte. Ein falscher Schritt, und sie läge der Länge nach zwischen ihren Feinden. Barmherzigkeit konnte sie hier keine erwarten.
    Die Eichenharner rings umher schienen kaum in der Lage, solche Gräueltaten zu begehen. Die meisten Gäste sahen aus wie Einheimische. Ihre Kleidung und ihre Umgangsformen hatten große Ähnlichkeit mit denen der Bewohner Weidenfelds, was ihr Herz mit einem sehnsuchtsvollen Schmerz erfüllte. Ihr Vater verbrachte zu dieser Jahreszeit seine Abende gern in der Dorftaverne, wenn die Ernte sicher eingebracht war und der erste Hauch des Winters Männer nach einem warmen Feuer und Freunden suchen ließ.
    Hastig schob sie die Erinnerung beiseite und blinzelte, bevor die Tränen ihr in die Augen steigen konnten. Sie durfte jetzt nicht daran denken. Nicht hier. Der Schmerz war noch immer zu frisch. Er würde sie vernichten, wenn sie es zuließ, und Aubry brauchte eine starke Mutter.
    Stattdessen konzentrierte sie sich auf die Unterschiede. Die Sprache im Schankraum war ganz anders als die in Weidenfeld. Odosse konnte den Gesprächsfetzen, die sie hörte, kaum folgen. Eigenartig, dass Dialekte sich nur wenige Tagreisen von ihrem Zuhause entfernt so sehr verändern konnten. Oder vielleicht nicht so eigenartig; Odosse war in ihrem ganzen Leben niemals mehr als zwanzig Meilen von Weidenfeld weg gewesen, und sie vermutete, dass das Gleiche auf viele der Menschen hier zutraf, selbst in einer Stadt, die so groß war wie Tarnebrück. In Langmyr hatte jedes Dorf seine eigene Sprache, und sie sah keinen Grund, warum es in Eichenharn anders sein sollte.
    Eine Bedienung brachte ihr einen eisernen Schlüssel, an dem eine Scheibe baumelte, die ein Gockel mit rotem Kamm zierte und die verriet, zu welchem Raum der Schlüssel gehörte. Auch bei diesem Anblick stieg Odosse ein Kloß in die Kehle. In Weidenfeld hatten sie die gleiche Sitte, die Türen von Gasthäusern mit Bildern zu kennzeichnen, da die meisten Besucher nicht lesen konnten.
    Sie nickte der Bedienung dankbar zu, die ihr kurz auf die Schulter klopfte und einen Moment später mit einer Schale Hühnerbrühe, darin Karotten und Zwiebeln, sowie einem Brocken groben Brotes zurückkehrte. Odosse tunkte das Brot in ihre Schale und fütterte Aubry mit den durchweichten Stückchen. Sie bot auch Wistan welche an, aber der Säugling ignorierte sie, wie er alles außerhalb seiner eigenen Fieberträume ignorierte. Er war gefährlich abgemagert, obwohl sie ihn zwang, Milch und Wasser zu trinken, und sein unruhiges Schluchzen wurde mit jeder Nacht schwächer. Das bereitete ihr Sorgen, aber sie hatte alles getan, was sie für ihn tun konnte, und die Sorge war nicht neu. Sie hatten Tarnebrück erreicht. Er würde bald Hilfe bekommen.
    »… Geld, das hier zu verdienen ist, und außerdem kommt der Spaß auch nicht zu kurz«, sagte ein Mann mit Doppelkinn am Nachbartisch. Er war bereits betrunken und beugte sich aufgeregt zu den beiden anderen Männern hinüber, die seinen Tisch teilten. Alle drei verströmten den schalen Uringestank von Gerberbottichen; zweifellos war das der Grund, warum man ihnen Plätze am äußersten Rand des Schankraums zugewiesen hatte.
    »Wo?«, fragte einer seiner Gefährten, der so groß war, dass er aussah wie ein erwachsener Mann, der an einem Kindertisch saß. Seine Ärmel endeten auf halbem Wege zwischen Handgelenk und Ellbogen, und er zupfte ständig daran, um sie in die Länge zu ziehen. Die Säume waren von dieser Angewohnheit fettig und ausgefranst.
    »Kleinwald. Sir Gerbrand hat die Nachricht geschickt. In aller Stille, wohlgemerkt, in aller Stille, da Schlappschwanz schließlich noch immer auf dem Stuhl seines Vaters sitzt – möge Celestia seinem blutleeren Feiglingsarsch die Pocken schicken! Unser Sir Gerbrand, das ist ein richtiger Mann. Er weiß, dass wir Rache an diesen Verrätern üben sollten, die den armen Galefrid und seinen Sohn umgebracht haben. Wenn wir uns ihnen anschließen, werden wir uns an diesen Säuglingsmördern und vielleicht an weiteren rächen. Es heißt, Distelstein wäre reich und Mauverrand würde

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