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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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von einer alten Frau regiert. Wenn Gerbrand erfolgreich ist, dann könnte er sich auf dem Stuhl des Marschalls von Bullenmark wiederfinden.«
    Der dritte Mann rutschte unbehaglich auf seinem Platz hin und her und blickte von einer Seite zur anderen. »Nicht so laut. Jemand könnte uns hören.«
    Der Gerber mit dem viereckigen Gesicht machte ein Sonnenzeichen auf seiner Brust, dann sah er sich um und lachte. »Niemand hört zu, du alter Narr. Was ist, glaubst du etwa, Schlappschwanz hätte seine weißen Wölfe im Gebrochenen Horn sitzen, damit sie die Gespräche belauschen?« Er hustete und spuckte aus, wobei er die Binsen in der Nähe von Odosses Fuß traf. Sie rutschte unbehaglich beiseite.
    Der Gerber sah ihre Bewegung und schenkte ihr ein Lächeln, das kleine, frettchenähnliche Zähne zeigte. Mehrere Zähne fehlten. »Niemand hört zu, außer diesem Mädchen hier, und ich wette, dass sie uns zujubeln würde. Ist das nicht so, mein Zuckerschätzchen? Du hättest ein Lächeln übrig für ein paar brave Burschen, die über den Fluss gehen, um diesen mörderischen Langmyrnern eine Lektion zu erteilen, nicht wahr? Vielleicht sogar ein wenig mehr als ein Lächeln, hm?«
    Odosse lächelte zittrig. Sie wagte es nicht, laut zu antworten. Ihr Akzent hätte sie beim ersten Wort als Feindin verraten. Brys war hinausgegangen, während sie aß; sie hatte hier keine Freunde.
    Die Ruinen der Bauernhütte und der Aasgestank im Brunnen waren ihr deutlich im Gedächtnis haften geblieben. Sie hoffte, dass die Männer ihre Furcht nicht spüren konnten.
    Mit einigem Getue strich sie in geheuchelter Bescheidenheit Aubrys Decken glatt, dann – während sie gleichzeitig Celestia und ihren Sohn um Verzeihung anflehte – zwickte sie ihn scharf ins Bein, ohne dass die Männer am Nachbartisch dies sehen konnten. Sofort begann Aubry zu heulen und um sich zu treten. Odosse küsste ihn schnell auf den Kopf, murmelte einige entschuldigende Worte in Richtung der Gerber, die vom Kreischen ihres Babys übertönt wurden, und floh vor deren Grobschlächtigkeit und Hass die Treppe hinauf.
    Der Raum mit dem Gockel an der Tür war nur wenige Schritte von der Treppe entfernt. Sobald sie im Zimmer war, legte Odosse die Babys aufs Bett und schloss ab. Sie zog den Schlüssel heraus und rüttelte kurz an der Tür; das Schloss hielt. Erst da ließ das Hämmern ihres Herzens allmählich nach. Sie lehnte die Stirn an die Tür und strich mit zitternden Händen über das Holz.
    Natürlich hatte sie gewusst, dass die Eichenharner unfreundlich sein würden. Sie hatte nur nicht erwartet, so bald schon mit derart offener Abscheulichkeit konfrontiert zu werden. Das war alles. Beim nächsten Mal wäre sie besser vorbereitet. Bestimmt.
    Odosse holte tief Luft, ließ ihre Angst los und sah sich um.
    Was sie sah, tröstete sie. Die Diener hatten ein Feuer im Raum angezündet, dessen Wärme das Schlafgemach erfüllte. Darüber brodelte Wasser in einem Topf. Odosse legte sich einen Lappen um die Hände, als Schutz gegen die Hitze, nahm den Topf und leerte ihn in den Eimer mit kaltem Wasser, der mitten im Raum neben einer Waschschüssel stand.
    Außerdem entdeckte sie eine Schale mit rissiger, gelblicher Seife. Diesen Luxus hatte sie vermisst. Als das Wasser angenehm warm war, wickelte sie den Lappen von ihren Händen, tauchte ihn in den Eimer und trat in die Schüssel, um sich zu waschen. Sie rieb sich den Straßenstaub vom Körper, dann seifte sie sich das Haar ein und übergoss sich mit dem restlichen Wasser aus dem Eimer.
    Das Bad brachte ihr Frieden, als habe sie mit dem Schmutz der Straße auch den Hass der Gerber abgewaschen, und es beruhigte ihre Nerven, sodass sie sich nun um die Kinder kümmern konnte. Sie säuberte und wickelte beide Säuglinge, besänftigte Aubry und ließ ihn trinken, dann zwang sie Wistan ein wenig Milch in den Mund und ließ ihn nach jedem Schluck aufstoßen, bis er nicht mehr trinken wollte. Anschließend legte sie sich erschöpft mit beiden Säuglingen ins Bett und dämmerte in den Schlaf hinein.
    Gegen Sonnenuntergang weckte sie Aubrys Weinen. Brys saß auf einer Strohpritsche auf dem Boden und wechselte seine Stiefel; sein Haar war nass, und neben der Schüssel stand ein zweiter leerer Eimer. Er war wohl hereingekommen und hatte sich gewaschen, während sie geschlafen hatte.
    »Wo bist du gewesen?«, fragte Odosse, während sie nach ihrem Sohn sah. Aubry schien es gut zu gehen, er war nur unruhig. Sie wünschte, sie hätte das Gleiche

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