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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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unten und half dabei, die Laibe von ihren Backbrettern zu ziehen und in Körbe zu legen, bedeckt mit Tuch, damit sie warm blieben, während sie sie durch die Stadt trug.
    Die Hälfte der Körbe kam in einen Eselskarren und wurde an einen wortkargen alten Mann namens Haeric geliefert. Die andere Hälfte wurde aufgeteilt zwischen dem vorderen Raum der Bäckerei, wo Mathas die Brote an Kunden verkaufte, die an seine Tür kamen, und kleineren Lieferungen an Tavernen und große Haushalte, die nur wenige Minuten zu Fuß von der Bäckerei entfernt waren. Körbe mit Brotlaiben gingen in Gasthäuser, Gildehallen und das städtische Hospital – überall dorthin, wo sich hungrige Mäuler versammelt hatten und keine Dienstboten erübrigt werden konnten, um die Besorgungen zu erledigen. Hatte Odosse ihre Runden gedreht, so war der Morgen im Allgemeinen schon weit fortgeschritten, und während ihrer Gänge wurde die Stadt um sie herum lebendig.
    Es war die beste Einführung in Tarnebrück, die sie sich hätte erhoffen können. Odosse lernte die Straßen und die Menschen kennen, die Häuser und ihre Gäste. Der Brotkorb auf ihrer Schulter sorgte dafür, dass sie an jeder Tür willkommen war, oder hinderte die Menschen zumindest daran, ihre Hunde auf sie zu hetzen; mehr konnte sie mit ihrem starken langmyrnischen Akzent kaum erwarten. Manchmal nahm sie Aubry in seiner Trage mit, damit ihr Sohn die Freude der Entdeckung einer neuen Stadt teilen konnte, und sie war Mathas dankbar dafür, dass er ihr diese Chance gab. Ohne den Schild ihres Brotkorbes hätte sie es nie gewagt, mit ihrem Sohn in Eichenharn auf die Straße zu gehen.
    Sobald Odosse ihre Körbe ausgeliefert und die des vergangenen Tages eingesammelt hatte, kehrte sie zurück und half bei der Vorbereitung des Brotes für den nächsten Tag. Sie stellten mehr als simple Bauernlaibe her; es gab Gewürzbrote und Johannisbeerkuchen, süße Safranbrötchen und glasierte Kastanienringe, Pasteten mit Honigmilch und solche mit getrockneten Äpfeln. Auch diese mussten ausgeliefert werden, wenn sie fertig waren, und wenn Haeric noch nicht mit dem Eselskarren zurück war, trug sie sie selbst. Zwischen den einzelnen Besorgungen war es einfach, sich nach oben zu stehlen und nach den Babys zu sehen; manchmal spielte sie dumme kleine Spiele mit ihrem Sohn, während die Laibe buken.
    Mit Wistan spielte sie nicht. Sie konnte es nicht. Das kranke Baby war die einzige Wolke der Sorge an ihren sonnigen Tagen. An manchen Tagen schien es ihm besser zu gehen: Dann nahm er mit ein klein wenig Überredung Milch und Brotbrei, lächelte über ihre törichten Grimassen und gab glückliche kleine gurgelnde Laute von sich, die beinahe Worte waren. An jenen Tagen krampfte sich Odosses Herz vor Hoffnung zusammen.
    Aber es gab auch schlimme Tage. Er nahm zu, langsam, aber er blieb kleiner und schwächer als Aubry, und der leiseste Hauch von Kälte konnte einen üblen Rückfall nach sich ziehen. An seinen schlimmen Tagen schien Wistan sich wieder im Fieberwahn zu verlieren, und Odosse musste ihm mit Gewalt Milch und Wasser einflößen. Einmal weigerte er sich zu essen, bis sie dachte, das Kind würde vielleicht sterben; die eingesunkene Stelle auf seinem Kopf kehrte zurück, und seine Lippen wurden weiß, und die Haut darauf war so trocken und spröde, dass es aussah, als habe er Salz geküsst. Irgendwann erholte er sich wieder, aber es machte ihr Angst.
    Odosse wusste nicht, was sie für ihn tun sollte, außer ihn zu füttern, sauber zu halten und zu beten, dass die Gesegnete bald zurückkommen möge. Aber ihr blieb auch keine Zeit, länger darüber zu brüten, weil so viel Arbeit anfiel.
    Bis zu den Abendgebeten war sie erschöpft, doch jeden Abend brachte sie einen Beutel mit den übrig gebliebenen Waren des Tages in das Gebrochene Horn. Meistens traf sie Brys dort an. Er hatte anscheinend nicht viel Glück dabei, die Drahtzieher des Hinterhalts von Weidenfeld aufzuspüren, aber es mangelte nicht an anderen Gerüchten. Söldner redeten gern, wie es schien, und er hatte die Gabe, sie dahingehend zu ermutigen.
    »Die Gesegnete Andalaya wurde in Bullenmark aufgehalten«, erzählte Brys ihr eines Abends, als sie ihm die Überreste des Tages brachte. Er wühlte im Beutel herum und wählte zwei kleine Pasteten aus. »Was sind das für welche?«
    »Die gelbe ist mit Eiercreme, die rote mit Holundermarmelade.« Odosse schob sich eine Strähne des schlammbraunen Haares aus dem Gesicht, die sich während der Arbeit

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