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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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erfüllt den Palast. Der Boden erzittert, und alle Vasen und Teller und Scheiben klingen wie ein einziges Glockenspiel, als ferne Räder in der Tiefe einem ungewissen Ziel entgegendonnern. Staubkörner wirbeln wie winzige Schneeflocken durch die Luft.
    Dann verebbt das Grollen. Der Palast ist geschlossen. Luft füllt die entstandene Leere.
    Du kannst uns nicht aufhalten.
    Da erhebt sich ein lauter Schrei. Der Schrei kündet nicht von Trauer noch von Wut, nur von unfassbaren Schmerzen.
    Ein Schuss fällt, und auch das Schreien verstummt.
    Langsam verblasst das Licht, der Staub legt sich, und alles, was noch zu hören ist, sind die Spatzen in der Ulme, die schimpfen und aufgeregt hin und her flattern.
    Als ich wieder sehen kann – und ich – und ich –, klettern wir in die Buntglasgalerie hinab. Unter den dunklen Blicken der Könige und Heiligen vergangener Jahrhunderte schreiten wir langsam den Gang mit den schwarzen Vorhängen entlang, bis wir die Treppe nach unten erreichen. Dort suchen wir in der Verwüstung zuerst nach dem Elefanten, befreien die Frau – meine Frau – und hoffen, bald wieder bei Sinnen zu sein, auf dass dieser unerfreuliche Zustand bald ende. Ada ergreift – jaja, schon gut – meine – Hand und hofft ihrerseits, dass wir nun endlich gehen. Doch ich ziehe sie mit mir unter das Transept, und ich folge, und auch ich.
    Um den Brunnen stehen siebzehn schwarze Kisten, die nach Rauch und Asche riechen. Als wir eine von ihnen öffnen, rieselt nur dunkelgrauer Staub aus ihr heraus; ein Staub von sehr eigener Schönheit, wie ich finde. Zwischen den Kisten aber liegt die verbrannte Gestalt eines dürren Mannes – Dr. Fleerackers –, jemand hat ihm eine Kugel in die Brust geschossen, und eigentlich ist es erstaunlich, dass er in dem Feuer, das die Kisten und seine Herren verzehrte, überhaupt so lange überlebt hat.
    Wir entdecken den Wicket-Keeper. Der Admiral stützt sich auf seinen Stock und hat einen rauchenden Revolver in der Hand. Seine Augen liegen tief unter den buschigen Brauen, wie bei einem Mann, der sehr viele Nächte nicht mehr geschlafen hat.
    Ihm gegenüber steht Lord Bailey. Bailey hat seinen Schirm auf die Schulter gelegt und zieht den Bauch ein, als posiere er für das Foto einer Großwildjagd. Er und der Admiral stehen einander gegenüber wie bei einem Duell, und eine Weile sieht es so aus, als würde der Admiral auf ihn anlegen. Aber die Hand, die den Revolver hält, zittert, und er lässt ihn schließlich sinken. Bailey lächelt, schwingt seinen Schirm, schlendert näher. Etwas an ihm ist verändert.
    Ich gehe zu ihm, während ich zum Admiral gehe.
    „Jupiter ist gefallen“, flüstere ich und denke an die Ätherbahn, die sich unaufhaltsam in Bewegung setzt, als der Palast sich öffnet, getrieben vom Vakuum des Tunnels, und ein kalter Schauder läuft mir über den Rücken. Ich schweige betroffen – ich, weil ich nicht weiß, was sie meint und wo der Schauder herkommt –, während Bailey mich in den Arm nimmt und nickt. Dann hebt er das Kinn und ruft uns zu: „Sie sind der Letzte, mein Freund!“
    Der Admiral lacht entkräftet und geht humpelnd ein paar Schritte durch den Staub und die Trümmer. Dann stehen der Admiral, Bailey, Ada und wir in den Trümmern, Schiffbrüchige am Strand. „Der letzte welcher traurigen Brigade könnte ich wohl sein?“, fragt er.
    „Sie folgten Blakewell in die Wälder. Doch nur Sie und Aaron kamen zurück. Blakewell rettete Ihr Leben, und Sie nahmen seine Geheimnisse an sich, als es mit ihm zu Ende ging. Habe ich recht? Wie muss das den armen Aaron geärgert haben! Doch nun ist es vorbei, und Sie sind der Letzte.“
    „Der Major“, flüstert der Admiral und sieht an uns vorbei, und ich ahne, er sieht Wälder und Tiger und Elefanten dort, wohin er blickt. „Der Major ist ein Phantom. Ein Traum, den keiner mehr träumt.“
    „Wirklich keiner mehr?“
    Wir lauschen auf das Flüstern des Shilas – dein Stein in meiner Brust – mein Talent – und erkennen, dass der Admiral recht hat.
    Es ist vorbei. Ich empfinde noch immer die Gefühle der anderen – das Geschick meiner Hände – meine eigene Kraft, und doch ist es anders. Anandas Stimme ist verklungen, die künstlichen Nerven in meinem Gehirn sind verdorrt, und der Palast ist nur noch ein Palast. Die letzten Brücken zu jener anderen, älteren Welt sind abgebrochen, und der Abgrund zwischen den Sternen klafft wieder wie eine alte, tiefe Wunde.
    Der Admiral blickt mich an und breitet die

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