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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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Inseln aus dem Nebelmeer ragen lässt. Im fernen Osten zeichnen sich die waldigen Kuppen der Vorberge ab. Dort, jenseits der Grenzen der zivilisierten Welt, mag der Schlüssel zur Zukunft liegen. Wie Cray gerne betont, bedeutet „Arakan“ so viel wie „Land der Menschenfresser und Dämonen“. Die Ahnen der heutigen Bewohner vertrieben diese Dämonen, ehe sie sich niederließen. Doch sie erstritten sich nur diesen schmalen Streifen an der lebensspendenden Küste – glaubt man den alten Geschichten, dann spukt es in den Hügeln und Bergen noch heute.
    Ich gebe diese Schauermärchen wieder, um einen Eindruck davon zu vermitteln, mit was für gemischten Gefühlen wir auf unsere Reise aufbrechen – unsere eigentliche Reise, die uns erst ins Land der Chin und dann ins Hochland führen wird. Aller Voraussicht nach werden wir tief ins birmanische Gebiet vordringen, und vielleicht sind Menschenfresser das geringste Übel, um das wir uns sorgen sollten.
    Irgendwo da draußen liegt Vanderbilts Palast. Irgendwo da draußen liegen die unvorstellbaren Instrumente der Macht, von denen er berichtet, und irgendwo dort draußen liegt die Antwort darauf, was sich wirklich auf seiner Reise ereignete – und wer der Mann in dem Grab ist, den wir gestern Nacht bei Laternenschein fanden.
    Die Leiche war sauber skelettiert. Ihre Kleidung war größtenteils zu Staub zerfallen, aber die Metallteile der Uniform waren geblieben. Die Knöpfe sind eindeutig die eines niederländischen Offiziers, und in seinem Tornister fand sich ein Notizbüchlein. Es war so oft aufgeweicht und wieder getrocknet, dass man die Seiten nur mit größter Vorsicht wenden kann. Einige sind von Schimmel zerfressen, auf anderen ist die Tinte schon vor achtundvierzig Jahren durch Regen oder andere Flüssigkeiten zerlaufen: In weiten Teilen aber ist es noch leserlich. Es ist ein Tagebuch, abgefasst in kleiner, pedantischer Handschrift, natürlich auf Niederländisch, und so sehr ich diese Arbeit auch scheue, wird mir doch nichts anderes bleiben, als mich an einer weiteren Übersetzung zu versuchen.
    Denn ich beginne mich zu fragen, was Vanderbilt uns noch alles verschwieg.
    Wir kennen erst einen kleinen Teil der Wahrheit.
    Wir haben unsere Führer bezahlt und zurückgeschickt. In zwei Wochen werden sie hier mit Booten auf uns warten, um uns nach Akyab zurückzubringen.
    Nach dem Frühstück brechen wir auf.

Frans Ovenhart
    Die Heeren Zeventien
    M einen Groll über die neuerlichen Komplikationen meines Auftrags übertraf nur noch meine Faszination für das schiere Ausmaß dieser Komplikationen. Ich hatte ins Licht treten wollen; stattdessen hatte man mich in den Schatten gestellt. Nicht nur hatte sich Betty als Vertreterin des geradezu exemplarisch zu nennenden amerikanischen Stumpfsinns erwiesen, nein, ein verrücktes englisches Weibsbild hatte keine Mühen und keine Demütigung gescheut, mich durch den Schlamm des Hydeparks zu hetzen. Unter anderen Umständen hätte mir ihr Eifer sicher geschmeichelt (sie war vielleicht etwas zu burschikos für meinen Geschmack gewesen, aber durchaus auf interessante Weise agil); allerdings begann sich meine Geduld zu erschöpfen, und ich war es leid, dass alle Welt zu glauben schien, ich kämpfte nur zu ihrem persönlichen Vergnügen hier an vorderster Front, wo die neue Weltordnung bald strahlend aus den Trümmern des Empire emporsteigen sollte. Potverblommekes , sie würden noch ihr blaues Wunder erleben – es brauchte schon mehr als ein paar Polizisten und ein schamloses Frauenzimmer, um diesen Ingenieur zu stoppen!
    Mit klopfendem Herzen griff ich aus meiner Hängematte nach Sedgwicks Artefakt und hielt es dicht vor meine Augen, damit ich es trotz des wenigen Lichts in meinem Versteck erkennen konnte. Ich kannte die seltsamen Symbole, die in die schützende Hülle eingraviert waren, nur zu gut, auch wenn ich keinen Schimmer hatte, was sie bedeuteten. Ich tastete mit beiden Händen eine Weile daran herum, bis ich die versteckte Naht gefunden hatte, und das gute Stück öffnete sich mit einem Klacken wie eine russische Puppe und gab den Blick auf den Schatz in seinem Inneren frei.
    Der Kristall warf so helles Licht, dass man hätte meinen können, es sei gefährlich, seine gleißenden Kanten mit dem Finger zu berühren. Einen Augenblick lang weidete ich mich an dem Anblick. Ob Sedgwick gewusst hatte, was es mit dieser Hülle und dem funkelnden Antrieb in ihrem Inneren auf sich hatte? Das war nur eine Frage aus der immer

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