Der Kronrat (German Edition)
wirst ihm beistehen können«, sagte ich. »Wenn Vrelda klug ist, wird es gelingen.«
»Oh, das ist sie«, sagte Ragnar und sah mich an. »Auch ohne deinen Plan könnte ich Erlaf jetzt nicht mehr leben lassen, nicht, nachdem ich weiß, was er ihr angetan hat. Er ist schlimmer als mein Vater. Es gibt nur einen Nachteil.«
»Welcher wäre das?«
»Vrelda will nicht nur Erlafs Kopf. Sie hat vierzehn Namen, und sie will alle dazugehörigen Köpfe auf Stangen aufgespießt sehen …«
»Was haben sie getan?«
»Sie entehrt. Mit Erlafs Einverständnis und unter seinen Augen. Sie kann und will es nicht dulden, dass sie leben und damit angeben können, bei der Königin gelegen zu haben. Es sind einige einflussreiche Krieger dabei. Sie hat mir den Schwur abgenommen, dass ich dafür sorge, egal, was mit ihr geschieht.« Er sah mich mit gequälten Augen an. »Ich weiß nicht, wie ich es Esire erklären kann, aber Vrelda ist meine Schwester, und das alles ist nur geschehen, weil ich ging und sie zurückließ.«
Serafine legte ihre Hand auf seine. »Ich bin sicher, dass deine Esire es verstehen wird«, sagte sie. »Ich verstehe es auf jeden Fall.«
»Wenn du Hilfe brauchst, wende dich an mich«, meinte ich. »Denn ich will auch dich um einen Gefallen bitten. Du sollst die Welt für eine Sera spalten.«
»Wie meinst du das?«, fragte er.
»Du wirst es sehen. Es braucht den mächtigsten Hieb, seitdem die Riesen auf der Erde wandelten, und man wird noch in tausend Jahren davon singen.«
Ragnar sah mich an und lachte. »Jetzt hast du meine Neugier doch geweckt.«
An eines hatte ich nicht gedacht: Das Tor war in Betrieb, als wir zu Desinas Haus gelangten. Eine endlos lange Schlange von Legionären staute sich in der Straße, fast jeder von ihnen war mit einer Armbrust bewaffnet und einer Last von Köchern, die ihn fast erdrückte. Ich sah nicht nur die Abzeichen der Dritten Legion, auch die der Ersten und der Vierten, und Seesoldaten in ihren lindgrünen Lederrüstungen. Offenbar hatte der Hochkommandant jeden herangezogen, der noch wusste, wie man eine Waffe hält. So dauerte es eine Weile, bis wir das Tor nutzen konnten. Diesmal sparte ich es mir, ein Geheimnis daraus zu machen. Ich vermutete ohnehin, dass der Leutnant wenig auf die Kombination unserer Steine achten, sondern sie einfach nur wieder auf die Wehrstation im Pass ausrichten würde.
Diesmal war es leichter, den alten Tempel in Kolariste zu verlassen. Ragnar räumte mit einer Hand Brocken beiseite, an denen ich Kerzenlängen geschuftet hätte.
Als sie die Stadt sahen, verschlug es Ragnar und Serafine den Atem.
»Götter«, hauchte Serafine. »Wo sind wir, und was ist das?«
»Das Herz des Feindes«, sagte ich rau. »Um den Krieg zu gewinnen, müssen wir dieses Ungeheuer einnehmen.«
»Dafür reichen hundert Legionen nicht«, flüsterte Ragnar betroffen. »Wie kann eine Stadt nur so sein? Es ist nichts Natürliches daran!«
So sah ich das auch. »Seitdem ich sie das erste Mal gesehen habe, habe ich mir Gedanken darüber gemacht. Sie erinnert mich an einen Ameisenhaufen. Von diesen fleißigen Insekten hört man, dass sie einer einzigen Stimme gehorchen, und so ähnlich ist es wohl auch hier. Kolaron wird jeden Geist in dieser Stadt beherrschen, und das hier ist die Folge. Das geschieht, wenn jeder Einwohner einem fremden Willen folgt. Er hat sie allesamt versklavt.«
»Wenn wir verlieren … Willst du sagen, dass so unsere Zukunft aussähe?«, hauchte Serafine.
»Ja. Aber wir werden nicht verlieren. Deswegen sind wir hier, wir werden uns Hilfe holen.«
»Und wer soll uns gegen dieses Ungetüm von einer Stadt helfen können?«, fragte Ragnar, der mir etwas blass erschien.
»Dazu kommen wir jetzt gleich«, sagte ich. »Seht ihr diese Blumen? Jeder von uns sollte eine pflücken, um ihr ein Geschenk zu machen.«
Du bist zurückgekommen und hast Freunde mitgebracht , sagte sie, während Ragnar und Serafine noch staunten. Jetzt willst du mich befreien, obwohl du mich nicht kennst. Aber es wird nicht möglich sein. So mächtig bist du nicht.
Ragnar hatte sich gefangen und reckte seinen Kopf. »Es ist nur eine Kette!«
Nein. Wenn du mich befreien willst, musst du die Schelle lösen, die mir meinen Atem und meine Kräfte abschnürt. Sie ist größer, als du es bist, und selbst wenn ich dir meinen Hals darbiete, kannst du sie kaum erreichen … Oh … Sie schwenkte ihren Kopf zu mir und sah mich aus ausgebrannten Augenhöhlen an. Dein Freund ist mehr,
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