Der Kronrat (German Edition)
Rose, die Vierzig Getreuen wurden sie genannt. Ich denke, du kennst die Geschichte, Sieglinde. Du wirst diesen Orden wiederbeleben. Und jetzt steh auf.«
Langsam erhob sich Sieglinde und schüttelte wie benommen den Kopf. »Eberherz?«, fragte sie.
»Mir fiel kein besserer Name ein. Eberhard bedeutet ja nichts anderes. Dein Vater wird sich freuen, denn das Land vor dem Donnerpass und um den Hammerkopf herum wird nun euch gehören. Wenn wir es halten können.«
Leandra gab Steinherz sein Blutopfer, das es gierig trank, und führte es in die Scheide zurück.
»Das ändert alles«, sagte sie mit einem weiteren langen Blick zu mir. »Sieglinde, sobald wir ein Tor gefunden haben, wirst du in die Heimat zurückkehren und dort meine Stimme sein. Wie die Befehle lauten, müssen wir noch besprechen, aber ich werde für Illian stehen, solange Blut in meinen Adern fließt, das schwöre ich bei allen Göttern!« Sie holte tief Luft. »Aber jetzt bitte ich darum, etwas Ruhe finden zu können. Nein, Havald«, fügte sie leise hinzu, »du bleibst hier.«
7. Die Königin
Leandra wartete, bis Varosch die Tür hinter sich zugezogen hatte, dann trat sie ans Fenster und sah in den dunklen Innenhof der Zitadelle hinab, der nur von einigen wenigen Laternen erleuchtet war. Ich trat hinter sie, unsere Blicke begegneten sich im dunklen Glas des Fensters, sie senkte die Stirn gegen die kühle Scheibe. »Wie lange wusstest du es schon, Havald?«
»Gewusst habe ich es nicht, nur geahnt. Und das schon sehr lange.« Sie lehnte sich gegen mich, und ich roch ihre Wärme.
»Woher?«
»Ich war Eleonoras Paladin, und davor der ihres Vaters. Ich kannte sie, seitdem sie ein Säugling war, und sie kam irgendwann auf die Idee, dass wir Freunde sein sollten.« Ich lächelte in der Dunkelheit. »Sie hatte ganz eigene Vorstellungen, was ihr Paladin tun sollte. Dazu gehörte auch, dass sie auf meinen Schultern ritt oder ich ihr Geschichten erzählte. Sie war ein lebhaftes, neugieriges Kind, immer unterwegs, und als sie noch laufen konnte, ist sie stets gerannt. Und sie war klug. Sie wusste, dass sie nie wieder gehen können würde, und auch, dass ihre Tage gezählt waren. Sie hatte Schmerzen, weißt du das?«
Sie nickte.
»Die Ärzte gaben ihr ein Pulver, aber es machte sie müde und träge im Kopf. Sie nahm es nur ein einziges Mal.«
»Havald, ich habe sie lange gekannt. Ich weiß das. Sie litt, weil sie einen klaren Geist brauchte für das, was sie tun musste. «
»Ja.« Ich atmete tief ein. »Schon als sie noch ein Kind war, sprach sie oft von ihrem Tod. Das Sterben machte ihr nichts aus, wohl aber das, was danach kam. Es gab keine Erben, und selbst wenn sie es versucht hätte, gab es keine Gewissheit, dass das Kind leben würde. Sie jedoch wäre ganz sicher bei der Geburt eines Kindes gestorben. Also sprach sie davon, wer geeignet sei, die Krone zu tragen. Derjenige bräuchte einen unerschütterlichen Willen und ein Herz, das die Verzweiflung übersteht, die kommt, wenn man jene, die man liebt, in den Tod schickt.«
»Steinherz«, hauchte sie. »Deshalb gab sie es mir.«
»Ja.« Ich schwieg für einen Moment. »Ich habe es lange nicht verstanden. Eigentlich erst vorhin. Als sie es dir gab, wusste sie, dass es eine verzweifelte Schlacht werden würde. Krieg tötet Menschen, die man liebt, doch eine Königin muss das ertragen. Und es gibt noch eines: Weißt du, warum die Elfe dich an Eleonoras Hof brachte?«
»Nein. Ich habe keine Ahnung, warum meine Mutter das tat.«
»Vielleicht kann ich es dir sagen. Es gibt etwas, das viele nicht wissen: Elfen und Menschen sind sich sehr ähnlich. Es ist nicht gewiss, was geschieht, wenn sich Elf und Mensch verbinden. Das Kind kann menschlich sein oder ein Elf oder auch das, was man dir nachsagt: ein Halbelf, der die beiden Rassen in sich vereint.« Ich zog sie näher an mich. »Das Königsgeschlecht von Illian stammt noch aus dem Alten Reich. Vielleicht gab es auch dort Vorfahren, die von Elfen abstammten, denn vor etwas über zweihundert Jahren geschah etwas, das sehr selten ist: Aus der Verbindung zweier Menschen ging ein Elfenkind hervor. Ich war damals noch nicht am Hof, aber ich habe die Gerüchte gehört. Und ich sah das Kind einmal, als es in Begleitung der Leibwache ausritt. Der Junge hatte violette Augen und weißes Haar – und dein Lächeln. Es bestand kein Zweifel, dass er der legitime Nachfolger war. Er besaß die Züge des Vaters und der Mutter, dennoch trat die Königin vor Boron, um
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