Der Kronrat (German Edition)
einem«, fuhr sie flüsternd fort. »Ich habe vorher nie wahrhaftig geliebt. Havald, ich kam unschuldig zu dir.«
Das hatte Nataliya auch gesagt. Ich schluckte erneut, denn ich ahnte, dass das, was jetzt kam, schmerzhaft sein würde.
»Ich liebe dich … und Steinherz weiß es und sieht in dir die größte Gefahr für meinen Eid. Und hat recht damit.« Sie wischte sich Tränen von der Wange und schaute auf. »Jetzt ist es beruhigt, weil es etwas weiß, und ich weiß es auch. Aber ich muss es bestätigt sehen. Havald … wirst du meine Krone mit mir teilen?«
O Götter, was war ich versucht.
»Nein, Leandra«, teilte ich ihr sanft mit. »Es gibt einen anderen Plan für mich. Und irgendwann wird Er mich von deiner Seite rufen, und ich werde gehen müssen.«
»Aber ich bin deine Königin« Sie lächelte mit Tränen in den Augen.
»Das bist du«, sagte ich.
»Du musst tun, was ich dir befehle.«
»In Grenzen«, entgegnete ich schmunzelnd.
Sie löste sich aus meinen Armen, ging zu Steinherz und drückte es mir in die Hand. Es war genauso überrascht wie ich.
»Geh zu Serafine und gib ihr Steinherz, sie soll es heute Nacht bewachen. Warte ein Viertel einer Kerze und komm dann zu mir zurück. Und wasch dich, du riechst nach Wein.«
»Aber …«, begann ich, doch sie legte mir einen Finger auf die Lippen.
»Wollt Ihr einen Befehl Eurer Königin verweigern, Graf Roderic?«, fragte sie mit kühler Stimme, doch ein Lächeln lag auf ihren Lippen.
Ich verbeugte mich und tat, wie mir geheißen.
Als ich nach der Viertelkerze wiederkam, erwartete sie mich bereits. Sie trug eines der Kleider aus Gasalabad, die einem Mann den Verstand rauben konnten, Parfüm und ein Lächeln, wie ich es von ihr nicht kannte. Es lag etwas darin, eine Vorfreude und ein Geheimnis. »Diesmal«, sagte sie leise, als sie mich in die Kissen zog, »wird Steinherz uns nicht stören.«
8. Von Federn und Drachen
Am Morgen, noch vor Sonnenaufgang, fand mich Serafine im Garten der Zitadelle sitzend. Dort gab es einen kleinen Teich, darin schwamm ein Karpfen. Ich dachte an nichts und schaute nur dem Karpfen zu, der mich vollends missachtete.
Seelenreißer spürte sie kommen, dann legte sie mir sanft die Hand auf die Schulter.
»Willst du allein sein, Havald?«, fragte sie.
Ich dachte nach. »Nein«, sagte ich dann schließlich.
Sie nickte, setzte sich neben mich auf die Bank, und dann schauten wir gemeinsam dem Karpfen zu.
Stabsobrist Orikes strich das königliche Schreiben aus Steinherzens Griff glatt und bedachte uns alle mit einem vorwurfsvollen Blick, als wolle er sagen, dass man so nicht mit wichtigen Dokumenten umgehen sollte.
»Ich habe keine Zweifel an der Echtheit dieses Dokuments«, befand er, während er uns Kafje einschenkte. »Ich weiß nur nicht, was daraus jetzt folgen wird.« Es war zur zweiten Glocke, und im Gegensatz zu mir sah der Obrist frisch und ausgeschlafen aus. Leandra wirkte traurig und zufrieden zugleich, aber es war etwas an ihr, das anders war als sonst.
Orikes sah auf das Dokument hinab, dann seufzte er und wandte sich an mich. »Ihr habt eine Krönung vorgenommen, General von Thurgau. Ich weiß nicht, ob es schon jemals vorgekommen ist, dass ein General des Kaisers einen König gekrönt hat, und ob das dem Reglement entsprechen kann.«
»Sie ist rechtens«, teilte ich dem Obristen mit und erzählte ihm von Eleonoras zweiter Krönung im Garten.
Orikes hörte zu und seufzte dann. »Hoheit«, sagte er förmlich. »Wärt Ihr bereit, vor einen Priester Borons zu treten, damit dieser Euren Anspruch auf die Krone Eurer Heimat anerkennen kann?«
»Varosch …«, begann ich, doch der Obrist schüttelte den Kopf. »Nichts gegen Euren Kameraden, General, aber er ist nach eigenen Worten nur ein Adept und trägt nicht die Priesterwürde.«
»Es ist kein Problem, Stabsobrist«, sagte Leandra ruhig. »Wenn Ihr es wünscht, werde ich mich noch heute zum Tempel des Boron begeben und mich dem Gott in seiner Gerechtigkeit unterwerfen.«
»Gut«, meinte Orikes und massierte sich die Schläfen. »Die letzte Entscheidung trägt der Kommandant, aber ich gehe davon aus, dass wir weiter verfahren werden, als ob diese Krönung gültig ist.«
»Sie ist es«, sagte Leandra ruhig, doch in ihrem Ton lag eine Sicherheit, die Orikes blinzeln ließ. »Zudem vereinfacht es die Sache ungemein. Illian war das Erste der Neuen Reiche, die anderen entstanden aus ihm. Letasan und Jasfar sind bereits an den Feind gefallen, also lässt
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