Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der krumme Hund

Der krumme Hund

Titel: Der krumme Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
Vom Netzwerk:
am Küchentisch saß, eine Zigarette zwischen den Lippen und die Augen zusammengekniffen, um den Rauch abzuhalten, und wie er mich durch die gesenkten Lider anschaute und sagte: «Was man sich merken muß, Gordon, ist folgendes. Es gibt nichts, wovor diese Schieber zurückschrecken, wenn sie wollen, daß ein Hund gewinnt. Anderseits kann kein Hund mehr hergeben, als in seinem Körper drinsteckt, ganz gleich, was man mit ihm macht. Wenn wir es also erreichen, daß Jackie in die unterste Stufe eingestuft wird, dann haben wir ausgesorgt. Kein Hund in der untersten Klasse kommt an ihn heran, auch nicht mit Einreibungen oder Einspritzungen. Nicht einmal mit Ingwer.»
    «Ingwer?»
    «Gewiß. Ingwer wird oft verwendet. Das geht so: ein Stück, ungefähr so groß wie eine Baumnuß, wird etwa fünf Minuten vor dem Start in den Hund hineingesteckt.»
    «Ins Maul, meinst du? Er frißt es?»
    «Nein, nicht ins Maul.»
    Und so war das weitergegangen. Im Laufe der acht langen Fahrten, die wir in der Folge mit dem Doppelgänger unternahmen, hatte ich noch viel mehr von diesem reizenden Sport gehört, namentlich über die Methoden des Bremsens und Beschleunigens, einschließlich der Drogen und ihrer genauen Dosierung. Auch vernahm ich von der sogenannten ‹Ratten-Behandlung›, die man Hunden angedeihen läßt, die nicht gerne jagen. Dabei wird eine Ratte in eine Blechbüchse gesteckt, die man am Hals des Hundes befestigt. Im Büchsendeckel ist ein kleines Loch, gerade groß genug, daß die Ratte ihre Schnauze hindurchstecken und den Hund beißen kann. Dieser kann aber nicht an die Ratte heran und gerät natürlich ganz außer sich, und je mehr er herumläuft und sich schüttelt, um so mehr wird er gebissen. Schließlich läßt man die Ratte los, und der Hund, der bis dahin ein braves, schwanzwedelndes Tier war, stürzt sich voller Wut auf sie und reißt sie in Stücke. Macht man das ein paarmal, hatte Claud gesagt - «selber habe ich nichts dafür übrig, wohlverstanden», dann wird der Hund zu einer mörderischen Bestie, die hinter allem und jedem herjagt, selbst hinter dem künstlichen Hasen.
    Die Buchenwälder hatten wir jetzt hinter uns; es ging bereits durch die flache Gegend südlich von Oxford mit ihren Ulmen und Eichen. Schweigsam saß Claud neben mir, innerlich erregt, rauchte Zigaretten und wandte sich alle zwei, drei Minuten nach Jackie um. Dieser hatte sich endlich hingelegt, und jedesmal, wenn Claud sich umwandte und leise mit ihm sprach, antwortete der Hund mit einer leichten Bewegung des Schwanzes, was als Rascheln im Stroh vernehmbar war.
    Bald mußten wir durch Thame kommen, durch die breite Hauptstraße, wo der Viehmarkt abgehalten wurde und einmal jährlich die Kirchweih mit Schiffsschaukel, Karussell und Skooterbahn, und den Wohnwagen der Zigeuner mitten in der Ortschaft. Claud war aus Thame gebürtig, und wir waren noch nie durch den Ort gekommen, ohne daß er diesen Umstand erwähnt hätte.
    «Hier kommt Thame», bemerkte er, als die ersten Häuser auftauchten. «Mein Heimatort, Gordon.»
    «Du hast es mir gesagt.»
    «Viele lustige Streiche haben wir uns damals geleistet, als wir noch kleiner waren», bemerkte er etwas wehmütig.
    «Kann ich mir denken.»
    Er schwieg eine Weile, und dann, wohl um sich selber abzulenken, begann er mir von seinen Jugendjahren zu erzählen.
    «Da war ein Junge nebenan», sagte er. «Gilbert Gomm hat er geheißen. Kleines Spitzmausgesicht und ein Bein etwas kürzer als das andere. Gräßliche Dinge haben wir miteinander angestellt. Weißt du, was wir einmal getan haben?»
    «Was denn?»
    «Am Samstagabend, wenn die Eltern in der Wirtschaft saßen, gingen wir jeweils in die Küche, machten den Gasschlauch los vom Herd und ließen das Gas in eine Milchflasche voll Wasser blubbern. Dann setzten wir uns hin und tranken es aus Teetassen.»
    «Schmeckte das so gut?»
    «Gut! Abscheulich schmeckte es. Mit etwas Zucker ließ es sich zur Not trinken.»
    «Warum habt ihr es dann getrunken?»
    Claud wandte sich um und sah mich ungläubig an. «Du willst doch nicht behaupten, du hättest nie ‹Schlangenwasser› getrunken?»
    «Niemals.»
    «Ich dachte, das sei allgemein üblich gewesen. Es hat eine berauschende Wirkung, wie Wein, nur viel ärger, je nachdem, wie lange man das Gas hindurchblubbern läßt. Wunderbar haben wir uns da oft am Samstagabend in der Küche betrunken, bis wir nur noch herumtorkelten. Einmal ist dann Vater verfrüht nach Hause gekommen und hat uns ertappt. Den Abend

Weitere Kostenlose Bücher