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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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ihre Nichte wohl doch lieber weiterhin nach dem vergangenen Abend und der darauf folgenden Nacht ausfragen sollen.
    Evelyn beachtet ihre Tante für einen Moment nicht mehr, sondern wirft einen kurzen Blick in den Sportteil der Zeitung. West Ham United hat den Trainer gefeuert. Der FC Chelsea hat den Trainer gefeuert. Der FC Arsenal hat ebenfalls den Trainer gefeuert und nimmt nun den gefeuerten Trainer von West Ham United. Hm. Sehr interessant.
    „Hast du den Alkohol von George?“, wirft Evelyn nun ohne Vorwarnung ein.
    Catherine ist ein klein wenig geschockt. „Wieso sollte ich ihn von George haben?“
    „Von wem sollen die Schnapsflaschen sonst sein?“
    „Jetzt klingst du wie ein Anwalt beim Kreuzverhör“, stellt Catherine fest.
    „Na schön. Soll ich dir verraten, was ich dir als dein Anwalt in diesem Kreuzverhör rate?“
    „Gerne. Aber nur, wenn mich dein Rat nicht extra kostet“, gibt Catherine zurück.
    Evelyn beugt sich über den Tisch und raunt theatralisch: „Als dein sauteurer Anwalt rate ich dir, du solltest endlich gestehen. Also, woher hast du die Flaschen?“
    „Du wirst nicht nachgeben, was, Liebes?“ Catherine betrachtet eingehend ihre Fingernägel. „Gut, ich gebe es zu. Der Schnaps ist von George. Na und?“
    „Wusste ich’s doch!“ Evelyn würde sich für so viel Spürsinn am liebsten selbst beglückwünschen. Aber im nächsten Moment schlägt ihre Stimmung in Verärgerung um. „George werde ich die Leviten lesen, dass er nicht mehr weiß, wann Ostern und Weihnachten ist“, brummt sie.
    „Oh, nein, nein, mein Kind. George wirst du schön in Ruhe lassen. Das ist nicht seine Schuld. Zumindest nicht ganz.“
    Evelyn ist fassungslos. „Wie kannst du behaupten, es sei nicht seine Schuld, wenn er dir Alkohol im großen Stil spendiert?“
    „Weil ich ihn erpresst habe“, gesteht Catherine.
    „Mit was hast du ihn erpresst?“ Sie ist alarmiert.
    „Ich habe zu ihm gesagt, wenn er mir was von seinem Schnaps abgibt, der literweise in seinem Keller steht, dann werde ich ihn in Zukunft lieber mögen und nicht mehr protestieren, wenn er auf mich aufpassen soll.“
    „Das hast du eingefädelt?“
    Catherine nickt ein klein wenig stolz.
    Jetzt weiß Evelyn, warum sie keinen großen Wusch nach einem eigenen Kind verspürt. Sie hat ihre Tante. Und die könnte es mit jedem pubertierenden Teenager aufnehmen.
    „Ich kann es einfach nicht glauben.“ Sie schüttelt den Kopf.
    „Mein Gott, du tust ja gerade so, als hätte ich gekifft.“
    „Ich bin mir sicher, du würdest es tun, wenn du wüstest wie es geht.“
    Catherine bedenkt Evelyn mit einem missbilligenden Blick. „Denkst du, nur weil ich alt bin, weiß ich nicht, wie man kifft?“
    Evelyn hebt abwehrend die Hände in die Luft. „Schon gut, schon gut. Ich will gar nicht weiter darüber reden.“ Dann verkriecht sie sich wieder hinter der Zeitung und widmet sich dem Politikteil. Dann lässt sie die Zeitung noch mal ein kleines Stückchen sinken. „Wenn du noch einmal mit George kiffst, werde ich dich entmündigen lassen.“
    Catherine zuckt unbekümmert ihre Schultern und setzt ihre schicke Lesebrille auf die Nase. Dann beugt sie sich über ihr Klatschblatt.
    Volle zwei Minuten lang ist nur das Ticken der Wanduhr zu hören. Dann fängt Catherine plötzlich an zu kichern. Zum Schluss lacht sie. „Was ist denn das?“, gluckst sie schließlich und legt die Zeitung vor Evelyn hin. „Das musst du dir unbedingt ansehen, Liebes.“
    Evelyn lässt widerwillig ihre Schutzmauer aus Papier sinken. Sie ist sonst eigentlich nicht sehr interessiert an dem, was da immer in diesen Boulevardblättern steht, ist das doch viel zu deprimierend und ärgerlich. Aber diesmal interessiert es sie schon. Heute geht es nämlich um sie selbst.
    Evelyn hält sich die Zeitung dicht vor die Nase, die auf Seite drei aufgeschlagen ist. Da ist ein farbiges Foto von ihr abgedruckt, wie sie gerade über die Straße läuft. Und – oh Mist – man sieht den Riss in ihrem Kleid und sogar die Unterhose. Jetzt erinnert sie sich wieder an das Blitzlichtgewitter, als sie gestern Abend wutentbrannt und tief verletzt aus dem Hotel geflüchtet ist.
    In fetten schwarzen Buchstaben steht über dem äußerst unvorteilhaften Foto:
     
    Wird das der neue Trend?
     
    Und darunter steht:
     
    Model Evelyn Williams macht es vor – aber wer macht es nach?
     
    Sie starrt für ein paar Sekunden auf ihren Hintern auf dem Bild und faltet dann die Zeitung fein säuberlich zusammen.

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