Der Kugelfaenger
Tom.
„Wenn’s keine Umstände macht …“
„Ich geh’ ja schon“, mault Jack. Dann öffnet er den Gurt um seinen Bauch und steigt aus.
Sie sehen ihm zu, wie er mit schnellen Schritten davon marschiert.
Evelyn kichert. „Vielleicht sollten wir auch aussteigen. Die Luft hier drin ist nicht die allerbeste.“
Sie steigen aus und stehen im warmen Sonnenschein.
„Was wirst du machen, wenn ich wieder weg bin?“, möchte Tom dann wissen.
„Interessiert dich das wirklich, oder fragst du nur so?“
„Ich frage nur so. Natürlich.“ Er grinst. „Na wenn das so ist.“ Sie überlegt für einen Moment. „Eigentlich das, was ich immer mache. Mich mit meiner Tante herumärgern und so. Den Teich irgendwann fertig machen. Vielleicht werde ich auch einen Kochkurs machen.“ Sie lacht. Aber es ist kein besonders heiteres Lachen. „Ach, und die restliche Zeit werde ich mich langweilen.“
„Ja, das ist eine gute Idee“, pflichtet Tom ihr bei und grinst. Um seine Augen bilden sich wieder diese unwiderstehlichen feinen Fältchen.
Es entsteht eine kleine Pause. „Und du? Was ist mit dir? Was wirst du so tun?“
Tom verlagert das Gewicht seiner Reisetasche auf die andere Schulter. „Oh, ich werde mich erst einmal mit dem FBI anlegen, dann werde ich vielleicht versuchen, Kontakt mit meinem Stiefbruder aufzunehmen und die restliche Zeit werde ich mich aufs Sofa legen, drei Wochen lang die Wohnung nicht sauber machen und dann in meinem eigenen Chaos ersticken. Sonst habe ich eigentlich noch nichts vor.“
„Ja, das hat wirklich was. Darauf bin ich noch nicht gekommen. Na, vielleicht mache ich das auch, wenn es mir langweilig wird.“
„Genau.“
Sie lachen beide ein wenig. Aber nicht lange.
Evelyn sieht zum Flughafengebäude hinüber. Menschen strömen hinein, andere wieder heraus. Ein Flieger startet dröhnend über sie hinweg.
„Ich glaube, du solltest jetzt dann mal gehen.“ Evelyns Blick ist noch immer auf den Flughafen mit seinen zahlreichen Bauten gerichtet.
„Ja, das sollte ich.“ Tom rührt sich nicht.
„Flugzeuge warten nicht auf Verspätete.“
„Nein, das tun sie nicht.“ Er sieht sie an.
„Und Jack wartet auch schon.“
„Ich weiß.“ Und diese Tatsache veranlasst ihn, dass er langsam vom Wagen wegschlendert. Evelyn folgt ihm.
„Ich werde dir ein paar Vorschläge für gute Bodyguards schicken“, sagt er.
„Oh, ja, gute Idee. Danke.“
„Gerne.“
Sie gehen schweigend nebeneinander her.
„Du bist kein Bodyguard, den man dauerhaft anstellen kann, nicht wahr?“, sagt sie mit einem Lächeln.
Er schüttelt den Kopf. „Nein, das bin ich nicht. Und das will ich auch nicht. Und dass ich jetzt ausgerechnet hier bin, daran ist einzig und allein mein Dad schuld. Etwas, das weiter weg ist als England, hat er nicht gefunden.“ Er bleibt stehen und sieht zum Flughafen hinüber. „Also gut, weiter brauchst du nicht mehr mitzukommen. Den Rest gehe ich alleine“, sagt er.
„Gut“, sagt sie, vergräbt die Hände in den Hosentaschen, sieht zu Boden und schweigt wieder.
Tom rückt die Tasche auf seiner Schulter zurecht, nimmt die Dose mit dem Kuchen in die andere Hand und macht dann einen zögernden Schritt auf Evelyn zu. „Alles Gute“, sagt er. Dann beugt er sich zu ihr nach vorne. In der Sekunde, als seine Lippen sanft ihre Wange berühren, er ihr Shampoo riecht und mit seinen Fingern ihr Sweatshirt berührt, explodiert hinter ihnen Jacks teurer Audi.
Das Geräusch der Explosion übertönt sogar das der startenden Flieger.
Tom wird von der Wucht der Detonation nach hinten gedrückt und schlägt mit dem Hinterkopf auf. Die Wucht des Aufpralls nimmt ihm den Atem. Seine Haut spannt von der Hitze des Feuers. Seine Tasche fliegt einige Meter weiter.
Evelyn wird nach vorne auf den Boden geschleudert. Sie schlägt sich die Stirn, die Knie und die Ellenbogen auf und sengt sich die Haare an.
Die Plastikdose fällt auf die Erde, springt auf und der Kuchen landet im Dreck.
Das Dach des Audi wird abgesprengt und fliegt in den fast wolkenlosen Himmel des schönen Sommertages, ebenso wie die Türen und der Rest des Wagens, bis zum Schluss nur noch das Grundgerüst übrig ist, das man allerdings wegen des Feuers nicht genau erkennen kann. Durch die Explosionsgewalt wird noch ein anderer Pkw, der daneben steht, in die Luft gejagt. Die Glassplitter der Scheiben werden überall verteilt und die wenigen Büsche neben der Parkplatzlücke, an der die brennenden Wagen stehen, fangen Feuer
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