Der Kugelfaenger
…“, meint Evelyn.
„Sieh’s doch ein, Evelyn: Faris kommt nicht mehr“, sagt Tom.
„Gut, dann wäre das ja jetzt geklärt“, sagt Jack unsicher. „Dann kommen Sie …“
„Ich komme mit“, sagt Evelyn. Sie hat kein gutes Gefühl bei dem Gedanken, dass Jack und Tom alleine in einem Auto sitzen.
„Na schön“, meint Jack. „Dann kommt beide mit.“ Er stolziert über den Rasen und auf seinen Wagen zu. Er macht sich erst gar nicht die Mühe, sich von Catherine zu verabschieden.
Tom nimmt vorne auf dem Beifahrersitz Platz, Evelyn auf dem mittleren Rücksitz. Dann wirft Jack den röhrenden Motor an und gibt Gas.
Einige Zeit lang sagt keiner der drei etwas. Sie schweigen alle mit äußerster Hartnäckigkeit. Vielleicht liegt es auch daran, dass keiner von ihnen so recht weiß, was man in solch einer Situation sagen könnte. Über das Wetter zu quatschen, ist schon ein recht ausgelaugtes Thema. Und über das Wetter in London gibt es sowieso nicht viel zu sagen.
„Das mit Henry tut mir so schrecklich leid“, sagt Jack dann unvermittelt und blickt in den Rückspiegel. „Ich kann es einfach nicht glauben.“
„Irgendwann wirst du aber daran glauben müssen.“ Sie verzieht keine Miene.
„Wann habt ihr euch wieder getroffen?“, fragt Tom in eine neue Pause hinein.
„Auf der Geburtstagsfeier meines Vaters“, sagt Jack.
Tom zieht eine Augenbraue nach oben. „Ach ja?“, sagt er verblüfft. Dann runzelt er die Stirn. „Stimmt, das könnte sein. Ich glaube, ich habe Sie kurz gesehen.“ Dann sagt er nichts mehr. Das ist auch nicht wirklich nötig, denn dafür gibt Jack umso mehr Schwachsinn von sich. Dabei gilt seine Aufmerksamkeit mehr Evelyn auf dem Rücksitz, anstatt der Straße und dem entsprechend fährt er wie ein Irrer: Er überfährt rote Ampeln, schneidet andere Autos, drängt Fußgänger von der Fahrbahn ab und benimmt sich im Großen und Ganzen so, als hätte er niemals eine Fahrschule besucht.
***
Jack steigt in die Bremse und hält mit quietschenden Reifen auf dem Parkplatz vor dem Flughafen.
„So. Hier sind wir“, sagt er aufgekratzt.
Evelyn sagt nichts, Tom sagt auch nichts. Keiner macht den Versuch, auszusteigen.
Ein Flugzeug lärmt über ihnen.
„Na dann“, sagt Tom zu Jack. „Vielen Dank fürs herfahren.“
„Kein Problem“, meint Jack. „Guten Flug.“
„Danke.“ Er steigt aus und lässt die Tür zufallen.
Sie können Tom im Kofferraum hantieren hören; er holt seine Reisetasche heraus und lässt den Deckel wieder zufallen. Evelyn sieht zum Seitenfenster hinaus. Er geht langsam über den Parkplatz davon, die Tasche hat er sich über die Schulter gehängt und die Hände hat er in den Hosentaschen seiner hellen Jeans vergraben. Er dreht sich nicht mehr um und hebt auch nicht die Hand zum Gruß.
Evelyn sieht ihm nach, mit einer leichten Sorgenfalte auf der Stirn und kaut auf ihrem Daumennagel herum.
„Meinst du nicht, dass der ein bisschen zu alt für dich ist?“ Jack mustert sie durch den Rückspiegel.
„Wie kommst du darauf?“
„Halt mich nicht für blöd, Evelyn. Ich weiß doch, dass du was mit ihm hast.“
„Was geht dich das an?“
„Nicht viel, schätze ich mal. Aber der ist doch bestimmt zehn Jahre älter als du.“ Er lässt nicht locker.
„Elf Jahre, Jackie, elf. Es sind elf Jahre.“
„Und jetzt lässt du ihn einfach so gehen?“ Jack mustert Evelyn noch immer im Rückspiegel.
„Hast du was dagegen?“
„Eigentlich nicht, aber ich wundere mich, dass du dich von ihm nicht verabschiedet hast. Ich dachte, das macht man normalerweise so.“ Er dreht sich zu ihr um und mustert sie.
Evelyn sieht von ihm weg und stattdessen durch das Fenster nach draußen. Tom bleibt plötzlich stehen, dreht sich um und kommt das Stück, das er bereits hinter sich gebracht hat, wieder zurück zum Wagen.
Jack hat das auch gesehen. „Und da kommt er schon wieder“, sagt er.
Tom öffnet die hintere Tür des Wagens und lässt sich neben Evelyn auf den Rücksitz fallen.
„Hast du was vergessen?“, fragt sie.
„Ja“, sagt er und beugt sich nach vorne zum Beifahrersitz. „Den Kuchen“, sagt er und wedelt mit Catherines Dose vor ihrem Gesicht herum.
Jack sitzt immer noch hinter dem Lenkrad eingeklemmt und befürchtet, dass er auch noch eine Weile hier sitzen wird. Er wartet darauf, dass Tom wieder aussteigt und zu seinem Flugzeug geht. Aber Tom bleibt sitzen.
Jack dreht sich nach hinten um. „Wollen Sie jetzt hier sitzen bleiben?“, fragt er
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