Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
Vom Netzwerk:
egal.
    Evelyn verdreht die Augen. „Nein“, sagt sie. „Ich wollte mich eigentlich bei Ihnen
bedanken
.“
    Tom starrt sie einen Augenblick so an, als glaube er, sich verhört zu haben. Dann senkt er den Kopf und wischt sich mit dem T-Shirt noch einmal das Blut von der Nase. „Entschuldigen Sie“, sagt er in versöhnlichem Tonfall. „Ich habe das nicht so gemeint.“
    Evelyn schüttelt den Kopf, so als wollte sie sagen: „Ist doch nicht so schlimm. Sie sind nun mal ein Idiot, Tom.“
    Er stopft sich ein Taschentuch in die Nase. „Ich denke, wir sollten die Polizei verständigen“, meint er dann nachdenklich.
    ***
    Die Polizei versetzt die gesamte Nachbarschaft in Aufregung. Sie nimmt Toms und Evelyns Aussage auf. Sie nehmen Fingerabdrücke und sichern Spuren. Dann untersuchen sie die Wohnung über der Garage und das Wohnzimmer. Sie fotografieren den Tatort und die Leiche. Grelle Blitze leuchten auf. Dann bringen sie den Toten weg. Sie hinterlassen unerträgliche Stille und Dunkelheit.
    ***
    Der Mann humpelt mit letzter Kraft zu einem bereitstehenden Auto, das zwei Straßen weiter abgestellt wurde. Natürlich wurde es erst vor ein paar Stunden gestohlen und die Nummernschilder ausgetauscht. Er öffnet die unverschlossene Tür und lässt sich auf den Fahrersitz fallen. Einen Moment bleibt er so sitzen, um zu verschnaufen, dann hat er wieder genug Kraft, um seine schweren Beine in den Wagen zu hieven und die Tür zuzuziehen.
    Zunächst nimmt er die Sturmhaube ab und lässt sie auf den Beifahrersitz fallen. Dann zieht er den Bleistift aus seiner Schulter, was ziemlich schmerzhaft ist. Dann betastet er seine Knie, die ebenfalls wehtun. Eigentlich schmerzt ihm ja der gesamte Körper, durch den Sturz von der Treppe und dem Schlag des schweren Kerzenständers auf seinen Rücken. Womöglich hat er eine Gehirnerschütterung, da ihm der Kopf gewaltig brummt. Er versucht die körperlichen Schmerzen zu lindern, indem er sich möglichst entspannt zurücklehnt und die Augen schließt.
    Er hat den Körper seines Kumpels angefasst. Er hat in seine weit aufgerissenen Augen gestarrt. Er ist tot. So tot wie Herbstlaub.
    Er macht die Augen wieder auf, lehnt die heiße Stirn ans kühle Lenkrad und heult wie ein kleines Kind, bis sein ganzes Gesicht nass ist und ihm der Rotz aus der Nase läuft.

8. Kapitel
    Freitag, 16. Juli
     
    Am nächsten Morgen steht Tom um sechs Uhr auf. Er stellt sich unter die Dusche und lässt sich das Wasser ausgiebig über den Körper laufen. Er hat die restliche Nacht mit der Pistole in der Hand auf seinem Sofa verbracht und überhaupt nicht gut geschlafen.
    Evelyn ist es ähnlich ergangen. Sie hat neben Catherine in deren Bett geschlafen, auf der Seite, auf der vor wenigen Wochen noch ihr Onkel gelegen hat, um ihre Tante zu beruhigen, bei der nicht einmal eine doppelte Dosis an Beruhigungsmitteln ausgereicht hat, um sie ruhig zu stellen. Erst als Evelyn sich bereiterklärt hat, alle Lampen eingeschaltet zu lassen, selbst die im Keller, ist sie mit einem zufriedenen Schnarchen eingeschlafen. Daraufhin ist Evelyn wieder aufgestanden, hat alle Lichter wieder ausgeknipst und wollte eigentlich in ihr eigenes Bett schlüpfen, doch dies bereitete ihr dann doch ein gewisses Unbehagen, sodass sie sich schließlich wieder zu ihrer Tante gelegt hat.
    Nach seiner Morgendusche zieht er sich an und holt beim Bäcker zwei Straßen weiter frische Brötchen. Als er wieder zu Hause ist, sperrt er mit dem Ersatzschlüssel, den ihm Evelyn letzte Nacht nach dem Einbruch gegeben hat, die Haustür auf, betritt das noch schlummernde Haus und stellt die Brötchen auf den Küchentisch. Dann geht er wieder zur Garage, legt sich aufs Bett, macht das alte Radiogerät an und beginnt einen Krimi zu lesen.
    Heute Nacht hat er einen Entschluss gefasst. Er wartet bis halb acht, dann verlässt er seine Wohnung erneut, bestellt sich ein Taxi (Faris, der Taxifahrer mit der bunten Frisur, geht nicht an sein Telefon) und fährt in die Stadt.
    ***
    „Fassen Sie sich bitte kurz. Was wollen Sie?“ Police Chief Superintendent O’Connell lässt sich in den Stuhl hinter seinem Schreibtisch fallen. Er ist vierundsechzig Jahre alt und klein, dafür ist sein Bauch aber umso größer. Sein Schädel gleicht durch die wenigen noch vorhandenen Haare einem gerodeten Stückchen Regenwald und mitten in seinem dicken Gesicht sitzt eine Nase von enormer Größe. Er hat eine Vorliebe für irischen Whiskey und hat heute einen dementsprechenden Kater und

Weitere Kostenlose Bücher