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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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Gedanken hinein.
    „Ich habe sie in den Kleiderschrank klettern lassen.“
    „Gut“, sagt er, „gut, gut. Zwar nicht gerade das
originellste
Versteck, aber gut. Dann mal los.“ Er wendet sich ab und schleicht im Dunkeln zur geschlossenen Zimmertür. Jetzt erst fällt ihr auf, dass er nur ein weißes T-Shirt und Boxershorts anhat. Und er trägt tatsächlich keine Schuhe.
    Er öffnet die Tür einen Spalt und reckt lauschend seinen Kopf hinaus. Evelyn bleibt dicht hinter ihm stehen und spitzt ebenfalls die Ohren.
    „Sie müssen leise sein“, flüstert Tom über seine Schulter. Dann tritt er in den Flur. Am Treppenanfang bleibt er stehen und lauscht wieder. Aus dem Wohnzimmer sind Schubladen, die auf und zu geschoben werden zu hören.
    Evelyn stellt sich dicht neben ihn an die Treppe. Sie hat Angst. Er kann ihren Hüftknochen spüren und ihre Schulter berührt seinen Oberarm.
    „Was machen wir jetzt, Mr. Hunt?“, flüstert sie.
    „Ich bin mir nicht so sicher“, flüstert er ausweichend zurück. Dann: „Außerdem: Nennen Sie mich Tom. Das ist nicht so lang.“ Er streckt ihr die Hand entgegen. Evelyn lächelt fast, als sie sagt: „Ich bin Evelyn.“ Sie schüttelt seine Hand nur kurz. Dann starrt sie das Blut in seinem Gesicht an. In der Dunkelheit wirkt es fast schwarz. „Was haben Sie mit Ihrer Nase gemacht? Sie ist voller Blut!“, flüstert sie argwöhnisch.
    Tom verzieht sein Gesicht. „Ist nicht so schlimm“, flüstert er zurück. Dann wischt er sich mit seinem weißen T-Shirt das klebrige und teilweise schon angetrocknete Blut äußerst vorsichtig von der Nase und der Oberlippe. Jetzt sieht er nicht nur aus, als hätte er heftiges Nasenbluten gehabt, sondern man könnte auch meinen, dass er zudem noch eine Verletzung am Bauch hat.
    Beide starren wieder die dunkle Holztreppe hinab.
    Plötzlich legt er ihr wieder eine Hand auf den Mund und zieht sie ohne dabei das geringste Geräusch zu verursachen, von der Treppe weg und aus dem Blickfeld des Flures.
    Evelyn sieht ihn zutiefst erschrocken an. Aber Tom legt nur einen Finger an seine Lippen und signalisiert ihr damit, dass sie ihren Mund halten soll, wenn er ihr die Hand wieder wegnimmt.
    Evelyn nickt. Sie hat verstanden.
    Tom nimmt die Hand weg und deutet mit seinem Finger die Treppe hinunter.
    Evelyn formt ein wortloses „Was?“ und sieht ihn fragend an.
    Tom nimmt ihre Hand und zieht sie zu sich an den Treppenabsatz. Dann weißt er noch einmal die Treppe hinunter. Da versteht sie, was er meint: Die Geräusche aus dem Wohnzimmer sind verstummt. Stattdessen bewegt sich der Lichtkegel einer Taschenlampe nervös über die Gegenüberliegende Flurwand des Wohnzimmers und vergrößert sich zusehends – und schon im nächsten Moment taucht der Einbrecher im Türrahmen auf.
    Evelyn weicht erschrocken zurück und sieht ihn panisch an.
    Tom legt warnend seinen Finger wieder an seine Lippen und bedeutet ihr, von der Treppe wegzubleiben. Dann wagt er sich noch einmal ein wenig vor.
    Der maskierte Fremde steht im dunklen Flur und lauscht. Er hat seine Taschenlampe ausgeknipst und wartet. Dann wendet er seinen Blick von der Tür zum Büro von Henry ab und blickt die Treppe nach oben. Er scheint sich nicht ganz sicher zu sein, wohin er sich als nächstes begeben soll. Dann blickt er auf die Uhr. Seine Ungeduld ist nicht zu übersehen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wartet er auf seinen Kumpel. Blöd. Er kann ja nicht wissen, dass dieser tot ist. Dann entscheidet er sich allem Anschein nach für einen Alleingang. Und nicht nur das. Er entscheidet sich nämlich auch für den ersten Stock, anstatt der Bürotür.
    Tom quetscht sich neben Evelyn an die Wand. Sie sieht aus, als müsste sie sich jeden Moment übergeben, so bleich und zittrig ist sie.
    Da hören sie die ersten Schritte von schweren Straßenschuhen, die sich die Treppe hinaufschleppen.
    Tom überlegt fieberhaft. Da erinnert er sich wieder an die kühle Pistole, die im Bund seiner flatternden Boxershorts steckt. Aber irgendwie empfindet er diese im Moment nicht als besonders geeignet. Denn wenn er sich mit gezückter Waffe vor den ebenfalls bewaffneten Einbrecher stellt, glaubt er keine besonders guten Karten zu haben.
    Er blickt zu Evelyn hinüber. Bei ihrem Anblick bereut er es zutiefst, sie nicht einfach in ihrem Zimmer eingesperrt zu haben. Doch dann hüpft sein Blick neben ihren Kopf und bleibt an einem alten, gerahmten Gemälde hängen. Einem richtigen Ölschinken mit dem Gesicht einer hässlichen

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