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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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Noch nie zuvor hat jemand wegen ihr ein Taxi durchsucht. Sie steigt in den Wagen und sieht Tom dabei an, als würde sie am liebsten sagen wollen: „Sie sind doch geisteskrank.“
    Sie lassen sich von Faris in die Stadt fahren. Vor dem Fotostudio steigen sie aus, überqueren die Straße und betreten das Gebäude. Sie ist eine halbe Stunde zu spät.
    Evelyn wird sofort von einer Schar Menschen umringt, die sich wie die Fliegen auf sie stürzen. Sie bedeutet Tom mit einem knappen Kopfnicken, dass er es sich mit Catherine auf der Sitzgruppe bequem machen soll, die in der einen Ecke steht.
    „Hallo, Evelyn“, sagt eine tiefe Stimme plötzlich hinter ihr.
    Evelyn zuckt zusammen, dreht sich um und blickt in das Gesicht von Jean Dupont. Er hat leicht gräuliches Haar, das sich allmählich lichtet und seine Kopfhaut hervorschimmern lässt und sein Gesicht und der restliche Körper haben eine gesunde Bräune. Er ist zwar nicht besonders groß, dafür aber schlank. Für seine beinahe sechzig Jahre sieht er noch unverschämt gut aus.
    Sie nimmt ihre Sonnenbrille ab und zieht eine Augenbraue hoch. „Du bist auch hier? Ich dachte du weilst in Madrid.“
    „Dort war ich auch, meine Liebe“, sagt er und sieht sie prüfend an. „Aber ich habe meinen Aufenthalt ein wenig verkürzt.“
    „Das sehe ich“, meint Evelyn ungerührt.
    „Kann ich kurz mit dir reden? Ungestört?“
    Da Jeans Frage sowieso keinen Widerspruch zulässt, dreht sich Evelyn wortlos um und betritt den Raum, in dem die Fotomodelle geschminkt und vorbereitet werden und lässt sich in einen der Schminkstühle fallen. Provokativ dreht sie sich Jean zu, der in der geschlossenen Tür stehen geblieben ist, schlägt die Beine übereinander und legt ihre Arme auf die Armlehnen. „Also, was gibt’s?“ Eigentlich eine überflüssige Frage. Sie kann sich sehr gut vorstellen, was los ist.
    Jean sieht sie nicht an, sondern lehnt sich neben ihr an den Schminktisch. Er sieht zu Boden. „Ich habe gehört, dass du in Paris nicht gelaufen bist.“
    „Mir stand der Sinn nicht danach.“
    Dieser frechen Antwort wegen, sieht er vom Fußboden auf und blickt stattdessen sie an. Dann fasst er die Lehne ihres Drehstuhls und dreht sie zur Spiegelwand. Dann legt er ihr die Hände auf die Schultern und beugt sich zu ihr hinunter. „Ich hoffe, dir ist bewusst, dass das Modelbusiness nicht nur aus Lust oder Unlust besteht. Sonst ist man ganz schnell wieder draußen.“ Er wendet seinen Kopf von ihrem Profil ab und betrachtet sie stattdessen im Spiegel. „Weißt du eigentlich, wie sehr es mich schockiert hat, als ich erfahren habe, dass du in Paris nicht gelaufen bist? Kannst du dir das vorstellen?“
    Seine Hände brennen auf ihren Schultern und seine Nähe empfindet sie als äußerst unangenehm. Trotzdem hält sie seinem Blick im Spiegel stand.
    „Kannst du dir vorstellen, wie es rüberkommt, wenn das jahrelange Werbegesicht eines Modelabels einfach nicht auf einer international viel beachteten Modenschau antanzt? Ohne Entschuldigung, ohne Begründung? Wenn es einfach fern bleibt? Und dabei will ich noch nicht mal an deinen bescheuerten Auftritt von letztem Montag denken.“
    „Sei doch froh, dass ich wenigstens heute erschienen bin.“ Evelyn hat nicht vor, sich so schnell aus der Ruhe bringen zu lassen. Zugegeben, ihre Ruhe ist erzwungen.
    „Oh ja, das bin ich durchaus. Zurzeit weiß man ja nicht so genau, woran man bei dir ist“, zischt er neben ihrem Ohr. Dann richtet er sich auf und lässt ihre Schultern los. Nach einer Weile meint er: „Die Spatzen pfeifen von den Dächern, dass du BÄNNY B. verlassen willst. Hattest du irgendwann vor, mit mir darüber zu sprechen?“
    „Vielleicht.“
    Jean zieht die Luft scharf ein. „Ich hoffe, dir ist klar, dass du nicht einfach so aus unserem Werbedeal aussteigen kannst. Du hast Verantwortung gegenüber BÄNNY B .“
    „Ich werde BÄNNY B. verlassen, wann
ich
will.“
    „Da bin ich mir sicher. Aber vergiss dabei nicht: Dein Vertrag läuft noch sieben Monate. Bei Vertragsbruch kommt eine Entschädigungssumme von fünf Millionen auf dich zu.“
    Fünf Millionen? Fünf Millionen???
    Ich wusste gar nicht, dass es so viel Geld ist. Ich muss unbedingt meine Unterlagen suchen.
    Aber woher zum Geier soll ich fünf Millionen Pfund hernehmen??
    Okay, bleib ruhig. Nicht aufregen. Er möchte dir nur Angst machen.
    Evelyn erhebt sich langsam von ihrem Stuhl. Sie ist äußerst cool. Als sie an Jean vorbei geht, bleibt sie einen Moment

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