Der Kugelfaenger
meint Steve.
„Wenn es dich nicht stört, würde ich dich gerne bitten zu gehen“, meint Janice schließlich.
„Oh.“ Steve sieht sie an. „Ja. Natürlich. Ihr habt euch sicher viel zu erzählen.“
„Ja.“
„Gut. Ich gehe. Bin schon weg.“ Und er tritt aus der Tür hinaus in das Treppenhaus.
„Ja.“ Janice sieht aus, als könnte sie es gar nicht mehr erwarten, mit Anthony alleine zu sein. „Machs gut, Stevie“, sagt sie und schließt die Tür hinter ihm. Er steht ohne Schuhe im Treppenhaus und sieht die geschlossene Tür an. Erst jetzt wird ihm bewusst, welche Bedeutung das alles hat. Von nun an muss er wohl die schlaffe Haut an ihren Oberschenkeln und Armen nicht mehr sehen. Damit darf sich jetzt Anthony beschäftigen. Allerdings muss er sich jetzt wieder eine Neue suchen, die mit ihm klar kommt. Er zuckt gleichgültig die Achseln und beginnt den barfüßigen Abstieg die Treppen hinunter und geht bis zu seinem Auto. Scheiß auf Janice, scheiß auf Anthony, denkt er sich. Er setzt sich hinters Steuer und fährt zu seiner Wohnung. Dort wird seine relativ gute Laune allerdings schlagartig ins Gegenteil gewendet, als er schon von weitem die Polizeifahrzeuge des NYPD vor dem Gebäudekomplex seiner Wohnung sieht. Er verringert die Geschwindigkeit, kramt seine Sonnenbrille und eine Baseballcap vom Beifahrersitz und fährt an dem Gebäude vorbei. In den Polizeifahrzeugen sitzt niemand. Er kann zwei Beamte an der Eingangstür erkennen. Dann ist er auch schon vorbei gefahren. Er wagt es nicht, noch einmal umzudrehen und sich das ganze genauer anzusehen. Er weiß auch so, was da los ist. Er flucht einmal und haut mit der Hand ans Lenkrad. Dann reißt er sich zusammen. Er lenkt den Wagen auf den leeren Parkplatz eines Supermarktes, steigt aus und montiert die Nummernschilder ab. Dann legt er sie in den Kofferraum, holt Badelatschen und einen Rucksack von der Rückbank und lehnt ihn an den Wagen. Er nimmt die SIM-Karte aus seinem Zweithandy und zertritt sie mit den Latschen. Dann holt er eine neue Prepaid-Karte aus dem Rucksack und steckt sie in sein Handy. Er vergewissert sich, dass sich im Wagen sonst nichts mehr befindet und schließt ihn ab. Dann hängt er sich den Rucksack über die Schulter, zieht sich die Baseballcap tief ins Gesicht, rückt die Sonnenbrille zurecht und marschiert in Richtung U-Bahn.
***
Der Einsatzleiter Gordon Mayers steht in der Wohnung in Queens und starrt fassungslos auf das leere Bett im Schlafzimmer. Auf dem Nachttisch liegt ein Handy.
„In der anderen Wohnung war auch niemand“, informiert ihn Kristina Samuelsson.
„Scheiße, scheiße, scheiße!“ Gordon Mayers wirft sein Funkgerät zu Boden und tritt wütend mit seinem Fuß darauf herum. „Scheiße!“ Er mag gar nicht an den Ärger denken, den er bekommen wird. Und nicht nur wegen den entkommenen Verdächtigen, sondern vor allem der Ärger, der auf ihn wartet, weil er eigenmächtig Verstärkung rekrutiert hat.
„Welcher blinde Volltrottel war mit der Überwachung beauftragt?“, brüllt er.
„Freddy“, sagt Kristina Samuelsson.
„Die können doch nicht einfach so an ihm vorbeimarschiert sein!“ Mayers verpasst seinem Funkgerät erneut einen Tritt.
„Vielleicht haben wir ja noch eine Chance“, meint Kristina Samuelsson schließlich nachdenklich.
„Was?“ Mayers hebt seinen Blick von dem kaputten Gerät.
Samuelsson wandert zum Kleiderschrank, öffnet ihn und starrt hinein. Dann geht sie nebenan ins kleine Badezimmer und inspiziert die Ablage unter dem verschmierten Spiegel.
„Was ist?“ Mayers ist ihr ins Bad gefolgt.
Samuelsson dreht sich um und sieht ihren Chef an. Sie hat eine Sorgenfalte auf der Stirn. „Wir könnten ihn noch kriegen“, sagt sie.
„Wie denn das?“ Gordon Mayers ist misstrauisch.
Kristina Samuelsson sieht sich noch einmal um. „Ich glaube nicht, dass der Typ sich aus dem Staub gemacht hat“, sagt sie. „Wenn ich in den Urlaub fahre oder anderweitig verreise, dann nehme ich für gewöhnlich meine Kleidung mit. Und meine Zahnbürste. Und andere Körperpflegeprodukte.“
Mayers Gesicht hellt sich auf. Aber nur für eine Sekunde. Dann verdüstert es sich wieder. „Er könnte aber auch gewarnt worden sein. Und dann ist er abgehauen.“
Doch seine stellvertretende Ermittlungsleiterin schüttelt entschieden den Kopf. „Das denke ich nicht. Sehen Sie sich um. Es gibt keine Spuren, die auf eine überstürzte Abreise hindeuten würden. Das Bett ist ordentlich gemacht, die Küche
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