Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
versucht dazuzugehören und sich damit abgefunden, dass er immer ein Außenseiter bleiben würde.
Fox ging zur Treppe in der Ecke des Zimmers und stieg hinab in den Keller. Von der Spurensicherung war noch niemand hier unten; sie waren alle in der Küche oder draußen im Garten, wo sie angefangen hatten, unter der neu erbauten Holzterrasse zu graben. Als Fox sich in dem frisch renovierten Kellerraum umschaute, wusste er, dass er Linnets geheimes Versteck gefunden hatte. An einer der Wände stand ein Bücherregal, vollgestopft mit billigen zerfledderten Liebesschnulzen mit reißerischen Titeln, in denen echte Männer wilde Frauen mit Namen wie Storm oder Tempest zu zähmen wussten. Nicht unbedingt die Lektüre, die man bei einem Massenmörder erwarten würde, aber es passte in das Profil eines Mannes, der Frauen allein in seiner Fantasie umwerben – und erobern – konnte.
Oder mit einer Waffe.
Fox’ Blick wanderte zum Waffenschrank neben dem Bücherregal. Darin hingen – der Größe nach geordnet – fünf Gewehre und Faustfeuerwaffen in diversen Ausführungen und drei Jagdmesser mit gewellten Klingen. Am anderen Ende des Kellers stand eine Ledercouch und ihr gegenüber ein Plasmafernseher. Neben dem Fernseher sah er einen Stapel Pornofilme und eine Glasvitrine mit ausgestopften Tieren: Streifenhörnchen, Waschbären und Eichhörnchen, zweifellos von Linnet persönlich gefangen, getötet und ausgestopft. Während Fox die toten Tiere und die Waffen betrachtete, verglich er das alles mit ähnlichen Fällen, die er erlebt hatte, und war sich ziemlich sicher zu wissen, was Linnet mit den Mädchen gemacht hatte: Er hatte sie hierhergebracht, laufen lassen und dann in der Wildnis die Jagd auf sie eröffnet. Aber wo waren die Trophäen? Er sah sich noch einmal im Zimmer um – und bemerkte etwas Seltsames: Obwohl der Keller sich genau unter der Küche befand …
» Wir haben etwas gefunden! Hier ist etwas!« Die müde Stimme, die von draußen hereindrang, klang wütend, aber triumphierend. Fox eilte nach oben. Durch das offene Fenster sah er weitere Polizisten in Overalls und mit weißem Mundschutz auf der Holzterrasse im Garten stehen. Man hatte die mittleren Planken aufgebogen wie den Brustkorb eines Wals und darunter einen Graben entdeckt. Fox legte nachdenklich die Stirn in Falten und ging an Linnet vorbei nach draußen. In der warmen Luft konnte er die verwesenden Früchte ihrer Arbeit bereits riechen.
Detective Karl Jordache stand bei seinem Team und schaute in den Graben hinab. Er klopfte einem seiner Kollegen auf die rechte Schulter, und Fox spürte es auf seiner linken, so deutlich, als hätte Jordache ihm selbst auf die Schulter geklopft. Der Detective winkte Fox zu sich heran und nahm den Mundschutz ab. Er hatte eine auffällige Römernase, dichtes dunkles, graugesträhntes Haar und flinke braune Augen, denen nichts entging. » Hey Nathan, sieh mal, was wir hier haben.« Er zeigte auf die drei Leichen, die dort im Schmutz lagen, und Fox spürte ein plötzliches Stechen in der Magengegend, nicht wegen des Verwesungsgeruchs, sondern weil sie so verloren und verlassen aussahen. Er empfand es als seltsam tröstlich, dass sie zu dritt und nicht allein dort lagen, und erinnerte sich an zwei Verse, die seine Mutter gerne zitiert hatte:
Das Grab ist heimlich und verschwiegen,
Doch niemand wird dort bei dir liegen.
Jordache sah zu Linnet hinüber. » Jetzt haben wir dich, du Bastard. Wenigstens können wir die Opfer jetzt identifizieren und ihre Familien informieren.«
Als Fox zur Hütte sah, war ihm, als läge das Gespenst eines Lächelns über Linnets Lippen. » Ihr habt nur drei gefunden, oder?«
» Nur?« Der Detective sah ihn stirnrunzelnd an. » Du glaubst, es gibt noch mehr?« Während er Linnet fest in die Augen sah, schritt Fox in Gedanken noch einmal durch das Haus: die blitzsaubere Küche, die Bücher, die Filme, die Waffen und die ausgestopften Tiere. Als die Erkenntnis ihn traf, stöhnte er auf.
» Was?«, fragte Jordache.
Fox wandte den Blick nicht von Linnet. » Sie müssen Ihr Umfeld immer unter Kontrolle haben, nicht wahr, George? Alles muss ›genau so‹ sein. Sie umgeben sich gern mit den Dingen, die Ihnen etwas bedeuten. Es gibt nur einen Grund, warum Sie Ihre Jagdtrophäen hier draußen vergraben würden.« Linnet wurde blass, sagte jedoch nichts.
» Welchen Grund könnte er dafür haben?«, fragte Jordache.
» Im Haus ist kein Platz mehr.«
» Was soll das heißen?«
» Schaut
Weitere Kostenlose Bücher