Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
verstand er auch Kaidan. Und wenn er Kaidan verstand, konnte er ihn beeinflussen. Während er weiter gegen den Schlaf ankämpfte, wanderten Fox’ Gedanken zurück zu den Tatorten in Portland. Das Letzte, was er sah, bevor der Schlaf ihn endgültig übermannte, war das Bild eines abgetrennten Kopfes in einem blutverschmierten Schrank. Aber es waren nicht der Kopf oder der Schrank, die ihn beschäftigten, sondern das Foto von Sorcha auf der Stirn des Toten und die kryptische Nachricht, die in Großbuchstaben über ihr Gesicht geschrieben war:
DIENE DEM DÄMON
RETTE DEN ENGEL
54
Einige Stunden zuvor. Portland
Wie an den meisten Abenden, wenn sie von der Universität nach Hause kam, kochte Samantha Quail sich eine Kanne vom Lieblingstee ihres verstorbenen Mannes: Twining’s Assam. Sie hatte erst vor Kurzem aufgehört, automatisch eine zweite Tasse für ihn aus dem Schrank zu holen. Auch als sie in den Kühlschrank sah und überlegte, was sie zum Abendessen machen sollte, ertappte sie sich dabei, dass sie noch immer überlegte, was Howard und Nathan wohl gerne essen würden, und nicht, was sie selbst mochte. Egal, was sie Nathan erzählte, sie vermisste Howard immer noch sehr viel mehr als sie zugab, besonders abends, wenn das große Haus so still und leer wirkte. Auch Nathan fehlte ihr, obwohl er erst seit ein paar Tagen weg war.
Das Läuten der Türklingel ließ sie den Kühlschrank wieder schließen und nach vorn in die Diele eilen. Sie hoffte, es wäre Nathan, der von seiner Suche nach Sorcha in der Wildnis zurückgekehrt war, aber er war es nicht. » Hallo, Samantha. Haben Sie einen Augenblick Zeit?« Sie kannte den Detective seit vielen Jahren, seit dem Tag, als er ihren Neffen aus der Tankstelle herausgeführt hatte, in der ihre Schwester, ihr Schwager und ihre Nichte brutal ermordet worden waren. An diesem Abend fühlte Jordache sich sichtlich unbehaglich, beinahe so sehr wie in der Nacht, als Sorcha bei ihr gewesen war und es Jordaches Männern nicht gelungen war, den Mörder daran zu hindern, in ihr Haus einzudringen. Neben einem Notizblock hielt er ihr Paper über Transkommunikation in der Hand.
» Kommen Sie rein.« Sie ging in die Küche, goss sich ihren Tee ein und machte Jordache einen Espresso, schwarz, wie er ihn gerne trank.
» Es geht um Nathan.« Er nahm den Kaffee und dankte ihr. » Hat er Ihnen von den drei Morden erzählt, bei denen er uns geholfen hat?«
Sie nickte. » Er hat gesagt, Sie würden vielleicht vorbeikommen und ein paar Fragen stellen, sobald Sie Zeit hätten, die ganze Sache zu überdenken. Er hat auch gesagt, dass sie ihm seine Theorie über Sorcha und den Mörder nicht abgenommen haben.«
Jordache setzte sich neben sie an den Küchentisch, legte die Papiere vor sich und trank noch einen Schluck Kaffee. » Was Nathan da erzählt hat, war ziemlich schwer zu glauben.« Er zuckte die Achseln. » Aber wir haben unseren Hauptverdächtigen verloren: Ein Verrückter, der den Ruhm für die Morde einstreichen wollte, bis wir rausgefunden haben, dass er am Abend des ersten Mordes bei seiner Schwester in Seattle war. Also stehen wir wieder ganz am Anfang.« Er machte eine Pause. » Und …«
» Und was?«
Jordache griff nach seinem Notizblock. » Nathan hat ziemlich detailliert dokumentiert, was Sorcha an den drei Tatorten ›gespürt‹ hat: sowohl die ursprünglichen Morde als auch die aktuellen. Die alten Morde können wir erklären, weil die meisten Details in den Ermittlungsakten stehen.«
Sie lachte trocken. » Kommen Sie, Karl. Woher soll Sorcha gewusst haben, was in den Ermittlungsakten steht? Sie hat keine Ahnung, wie ihr Leben vor ein paar Wochen aussah, und dann war sie die ganze Zeit in Tranquil Waters.«
Jordache zog eine Grimasse und hob die Hand. » Ich weiß. Ich weiß. Die Sache ist: Diese Morde sind vor vielen Jahren passiert, und es gibt Akten, also wäre es zumindest möglich, dass sie die Details kannte. Aber die aktuellen Morde lassen sich nicht so leicht erklären. Sorcha hat Nathan Dinge erzählt – zum Beispiel wie eines der Opfer erstochen wurde –, die sie unmöglich wissen konnte.«
» Und wie erklären Sie sich das, Karl?«
» Ich kann es nicht erklären.« Er tippte auf Samanthas Paper. » Ist das Ihre Erklärung dafür? Geister?«
» Es sind keine Geister. Es sind Aufnahmen, die in die Materie eines Gebäudes eingeprägt wurden. Transkommunikation konnte bisher noch nicht nachgewiesen werden, aber es gibt immer mehr Beweise dafür, dass sie
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