Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
violetten Edelsteine schritt, konnte sie die konservierten Todeserinnerungen all derer, die in diesem Turm gestorben waren, im violetten Nebel um ihn herum sehen, hören, spüren und riechen. Wie er da durch das Meer verdammter Seelen schritt, schien er ihr mehr zu sein als ein einfacher Dämon. Er war der Teufel persönlich, der sie hinab in die Hölle rief.
Vor dem Bett blieb er stehen und betrachtete sie. Im Licht der Kerzen wirkte sein Gesicht hart und kantig, und sie bemerkte, dass er schwer atmete, als wäre er gerannt. Ganz offensichtlich erregten ihn die Todesechos. Er stieg auf das Bett und kniete sich zwischen ihre Beine. Als er sich auf sie hinabsenkte, kribbelte ihre Haut, als würden Hunderte von Insekten über ihren Körper krabbeln. Sie zog so fest an den Fesseln, dass die Seide in ihre Haut schnitt. Als sie an die Kante der Plinthe griff, um sich möglichst weit von ihm wegzudrehen, spürte sie weitere Todesechos – ganze Heerscharen von ihnen. Wie viele Menschen waren in diesem Turm getötet worden, um die Galerie der verlorenen Seelen für ihren Vater zu füllen? Während sie sich geistig darauf vorbereitete, vergewaltigt zu werden, wünschte sie, sie wäre eine von ihnen. Der Tod schien ihr unendlich viel besser als das, was sie erwartete.
Plötzlich hörte sie auf, sich zu wehren und lag ganz still. Unter all den Echos erkannte sie eines, das deutlicher war – frischer – als die anderen. Im violetten Dämmerlicht konnte sie ihn nicht sehen, aber sie wusste, dass es Fox war. Im Todeskampf zerrte er an der Garotte um seinen Hals. Sobald sie ihn erkannte, wünschte sie sich erneut zu sterben und ihm zu folgen. Während sie Fox anstarrte, bemerkte sie, dass Delaney sie genau beobachtete. Langsam drehte er sich um und schaute über die Schulter in die Richtung, in die sie starrte.
Dann sah auch er Fox’ Todesecho und lächelte.
Regan Delaney war wegen dieser Nacht ein wenig besorgt gewesen und hatte befürchtet, dass auch er, wie Kaidan, nicht in der Lage sein könnte, den Geschlechtsakt zu vollziehen und Sorcha zu befruchten. Doch jetzt erkannte er, dass es hier nicht um Sex ging, sondern um das ultimative Potenzmittel: Macht. Die Ehefrauen hatten angeboten ihm zu helfen, aber er brauchte sie nicht, um sich zu stimulieren. Der Turm und seine Todesechos waren alles, was er brauchte, um seine Zeugungskraft zu entfachen. Hier in diesem Raum, wenn er das Lotussymbol des Sahasrara, des siebten Chakra, berührte und die Seelen spürte, die durch den Amethyst strömten, fühlte er sich wie ein Gott. Und als er nun auch Fox im violetten Glanz erblickte, steigerte das seine Erregung noch.
» Wir sehen Sie, Dr. Fox«, sagte er. » In wenigen Augenblicken werde ich meinen Körper verlassen und mich zu Ihnen gesellen – wenn auch nur kurz.«
Fox’ Geist schwebte näher zum Bett. Und dann war Delaney sicher, dass er ihn reden hörte. » Bitte, tun Sie es nicht«, sagte er. Delaney blickte verblüfft auf Sorcha und erkannte an ihrem bestürzten Gesicht, dass sie es ebenfalls gehört hatte. Die astrale Verbindung zwischen Fox und Sorcha musste sehr stark sein, wenn er auch nach seinem Tod noch darum bat, sie zu schonen. Eine neue Welle von Machtgefühl und leidenschaftlicher Erregung durchströmte ihn. Wenn Fox’ astrales Ich mit ihm kommuniziert hatte, dann rechtfertigte das nicht nur alles, was Delaney bisher getan hatte, sondern es bewies auch, dass er seinem Ziel näher kam. Er spähte ins violette Dämmerlicht und rief hämisch: » Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie mehr sein werden als nur ein Echo.« Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Sorcha. Alle Befürchtungen, er könnte nicht in der Lage sein, sie zu befruchten, waren verflogen. » Jetzt kann er zusehen, wie ich den nächsten Schritt in die Unsterblichkeit mache.«
Als er zwischen Sorchas Beine stieß, spürte er etwas an seiner Schulter. Er drehte sich um und sah Fox’ Astralkörper hinter sich, überraschend nah.
» Sie haben recht«, sagte der Geist. » Ich bin mehr als nur ein Echo.« Dann schoss eine ziemlich reale Hand nach vorn und traf Delaney so fest, dass dieser sofort das Bewusstsein verlor.
65
Von seinem Sensei hatte Fox gelernt, dass es zwei Möglichkeiten gab, seinen Gegner mit einem einzigen Schlag unschädlich zu machen. Für die erste benötigte man Kraft: Wenn man jemanden mit dem Handballen fest genug gegen das Kinn schlug, konnten seine Nackenmuskeln den Schlag nicht abfangen. Sein Hirn schlug gegen die
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