Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
gewesen, und sie hatte sich nicht mehr so verrückt, so teuflisch gefühlt, weil sie die Einzige war, die sie sehen konnte. Dankbarkeit durchströmte sie. Sie hatte sich bei der Farbe von Nathan Fox nicht geirrt. Keiner der Ärzte in dem anderen Krankenhaus hatte sich mit ihren Ängsten auseinandergesetzt oder ihre Halluzinationen auch nur annähernd verstanden. Obwohl sich im Grunde nichts geändert hatte, war es Fox gelungen, ihr etwas zu geben, von dem sie schon glaubte, sie hätte es gemeinsam mit ihrer Identität verloren: Hoffnung.
» Wie fühlen Sie sich?«, fragte er, während Fullelove und die anderen um sie herumstanden.
Sie nickte langsam und hielt dabei das Medaillon fest umklammert. » Okay.« Sie schaute noch einmal in das Zimmer. » Aber ich geh da nicht wieder rein.«
» Im Neubau sind ein paar Zimmer frei«, sagte Fullelove. » Dr. Feinberg wird sie Ihnen zeigen, und Sie suchen sich das aus, in dem Sie sich am wohlsten fühlen. Wie klingt das?«
Jane nickte. Dann blickte sie zu Fox. » Wird er mich behandeln?«
Fullelove lächelte. » Wir werden sehen. Das muss ich mit meinen Kollegen besprechen.«
Fox blickte Jane Doe nach, die mit Dr. Feinberg den Korridor hinunterging, und hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. Er dachte an Jordaches Warnung: Sie geht einem unter die Haut, selbst unter deine Teflonbeschichtung, mein Lieber.
Fullelove sah ihn an. » Sie haben sie gehört, Nathan. Was denken Sie?«
» Sind Sie sicher, dass ich der Richtige bin? Ihre irrationale Abhängigkeit von meiner angeblichen Farbe könnte ein guter Grund sein, nicht ihr behandelnder Arzt zu sein.« Er wandte sich an Miller und Kolb, die plötzlich gar nicht mehr so heiß darauf waren, den Fall zu übernehmen. » Vielleicht wären Frank oder Walter die bessere Wahl?«
» Der Meinung bin ich nicht. Wenn Jane Doe glaubt, dass Sie die richtige Farbe haben – was auch immer das zu bedeuten hat –, dann gibt Ihnen das schon mal einen Bezugspunkt. Außerdem hatten Sie ja gerade schon eine erste Sitzung mit ihr, die außerordentlich gut verlaufen ist. Gibt es noch andere Einwände?«
Ihm wären da noch ein paar eingefallen, aber keiner davon hätte einer Argumentation standgehalten. » Nein, Professor.«
Fullelove klopfte ihm auf die Schulter. » Gut. Sie können gleich morgen die nächste Sitzung mit ihr abhalten. Ich werde besser nachsehen, ob sie gut untergebracht ist.«
Fox wollte sich gerade allein auf den Weg zurück machen, als er ein Husten aus dem Zimmer hörte. Er schaute hinein und sah einen der Pfleger im Türrahmen lehnen. Obwohl er ein großer, kräftiger Mann war, wirkte er klein und gebrochen. Seine blasse Haut glänzte verschwitzt und sein schütteres Haar klebte ihm auf der Stirn.
» Alles in Ordnung?«
Der Mann kam näher und flüsterte eindringlich: » Es gibt da etwas, das Sie wissen sollten, Dr. Fox.« Nervös schaute er auf den Gang hinaus und hinter Jane Doe her, als wollte er sichergehen, dass sie außer Hörweite war. » Wegen dem Zimmer. Wegen dem, was sie gesehen hat.«
» Was ist es?«
» Ich weiß ja nichts über den Kerl, der sich erhängt hat, aber der andere – der mit dem orangefarbenen Bart-Simpson-T-Shirt, der sich die Adern aufgeschlitzt und nach Marty gerufen hat –, das ist wirklich passiert. Hieß Frank Bartlett und war Patient in der alten Pine Hills Klinik, das ist jetzt sieben oder acht Jahre her. Hat sich die Pulsadern an den Händen und am Hals aufgeschnitten und ist in dem Zimmer hier genau so gestorben, wie sie es gesagt hat.«
» Das ist nicht möglich. Es war eine Halluzination.«
Der Pfleger schüttelte den Kopf. » Ich hab in Pine Hills gearbeitet, bevor sie die neue Klinik eröffnet haben«, erklärte er. » Ich war’s, der Frank gefunden hat. Martin Zabriskie. Ich bin derjenige, nach dem er gerufen hat, als er gestorben ist. Marty.« Ein eisiger Klumpen dehnte sich in Fox’ Magen aus. » Die Sache ist die«, flüsterte der Wärter und schaute wieder über den Korridor in Jane Does Richtung, » wie konnte sie, die ja nicht mal weiß, wie sie heißt, wissen, was damals hier drin passiert ist?«
9
Später an diesem Abend fand man das erste Opfer.
Als der Anruf kam, saß Detective Karl Jordache gerade mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern beim Abendessen. Seine Frau war eine exzellente Köchin, aber die gegrillte Hähnchenbrust auf Jordaches Teller war ganz und gar nicht nach seinem Geschmack: keine Soße auf dem Fleisch, kein Dressing auf dem Salat
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