Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
Wissenschaft waren viele Eltern, besonders bei schwierigen Kindern, nur zu gern bereit, ihre kleinen Lieblinge als Indigo-Kinder klassifizieren zu lassen, denn es bedeutete, dass sie etwas Besonderes waren. Später stellte sich dann natürlich heraus, dass die meisten Kinder bloß unter Aufmerksamkeitsstörungen litten oder ganz einfach schrecklich verwöhnt waren.
Ich will damit sagen, Nathan, dass es Sorcha da, wo sie jetzt ist, sicher gutgeht, egal wie besessen dieser Kult auch von Indigo-Auren, dem sechsten Chakra oder dem dritten Auge sein mag.« Als sie vom dritten Auge sprach, tippte sie sich an die Stirn und hinterließ einen weißen Fleck, genau wie Connor Delaney in Sacramento. Diese Geste brachte Fox plötzlich auf einen Gedanken. Er griff nach dem Stapel Tatortfotos auf dem Tisch und begann sie durchzublättern wie Spielkarten, bis er die Nahaufnahme von dem abgetrennten Kopf am dritten Tatort in der Hand hielt. Seine Tante wurde blass, als sie das Bild sah.
» Entschuldige«, sagte er und drehte es so, dass sie es nicht mehr sehen konnte. Doch seine Vermutung hatte sich bereits bestätigt. Wie konnte er nur so blind gewesen sein? Er blätterte durch die Fotos und konzentrierte sich dabei auf die Bilder der anderen Opfer. » Aber der Mörder konnte unmöglich wissen …«, begann er, bevor ihn die nächste Erkenntnis traf.
» Was?«, fragte Samantha.
» Ich bin mir sicher, dass es eine Verbindung zwischen dem Täter und Sorcha gibt. Und zwar eine deutlich engere, als ich befürchtet habe.«
» Wie kommst du darauf?«
Er erklärte es ihr und wartete darauf, dass Samantha seine Theorie auseinanderpflückte. Doch das tat sie nicht. » Du könntest recht haben. Und es würde auch etwas erklären, das letztens in der Nacht des Einbruchs passiert ist.«
» Was meinst du?«
» Komm.« Sie führte ihn in Howards Büro. » Der Einbrecher hat sich hier drin versteckt, als ich vorbeigelaufen bin. Aber er hat sich verraten, weil er nämlich etwas runtergeworfen und dabei einen ziemlichen Krach gemacht hat. Eigentlich hätte ich diejenige sein müssen, die sich erschreckt, aber als ich ihm gegenübertrat, war er vor Schreck wie gelähmt. Als er weg war, habe ich das hier auf dem Fußboden gefunden.« Sie nahm den Mayastein von Howards Schreibtisch. Er war in zwei Teile zerbrochen. » Er hat keine Fingerabdrücke darauf hinterlassen, aber das heißt nicht, dass er ihn nicht berührt hat.«
Fox verstand sofort. Es bestätigte seine Theorie. Er griff nach dem Telefon und wählte Jordaches Nummer.
» Was hast du vor?«
» Ich werde versuchen, die Polizei davon zu überzeugen, dass es Gespenster gibt.«
36
Fox wusste, dass es nicht einfach sein würde, Jordache zu überzeugen. Wie alle guten Detectives glaubte auch er nur an eine einzige Sache: handfeste Beweise. Doch als sie sich am nächsten Morgen im Besprechungsraum der Mordkommission tief im Gewirr der Gänge des Polizeipräsidiums trafen, wurde Fox klar, dass es noch schwieriger werden würde, als er gedacht hatte. Der erschöpfte Detective schien so genervt, von seiner Arbeit abgehalten zu werden, dass er sich kaum dafür interessierte, was Fox zu sagen hatte.
» Du hast eine neue Theorie?«, seufzte Jordache und wies auf die Wand voller Notizzettel und Tatortfotos. » Wir haben uns die ganze Nacht um die Ohren geschlagen, um deine letzte Theorie zu bestätigen.«
» Ich denke, ich habe eine Verbindung zwischen dem Mörder und meiner Patientin gefunden. Und auch zu dem Kult, zu dem sie zurückgekehrt ist.«
Jordache seufzte. » Nathan, das passt gar nicht zu dir, sich so für eine ehemalige Patientin zu engagieren. Wir haben darüber gesprochen. Du bist nicht länger für sie verantwortlich. Sie gehört jetzt der Vergangenheit an. Lass sie gehen.«
» Willst du meine Theorie denn gar nicht hören?«
Jordache rieb sich die Augen. » Wir haben schon …« Er hielt inne und sammelte sich kurz. » Entschuldige, Nathan, war ’ne lange Nacht. Schieß los. Es lohnt sich immer, sich deine Vermutungen anzuhören.«
» Es ist keine Vermutung.« Fox ging zu den Tatortfotos an der Wand und berichtete von seinem Besuch bei Connor Delaney, von dem Kult und den Farben der Buchstaben in den Botschaften.
» Übertreibst du diese Sache mit der Synästhesie nicht ein bisschen?«, fragte Jordache.
» Sie zeigt eine Verbindung auf. Sie beweist, dass der Mörder Synästhet ist, wie Sorcha, und wahrscheinlich war er …«
» Das sind bloß bunte Buchstaben, Nathan.
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